Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.geht heute Keiner mehr Kienbaums Mörder an den "Heinrich, meines armen Vaters Tag- und "Laß es noch einen Augenblick, Kind. Sieh in Die Frau schüttelte noch einmal über das bessere geht heute Keiner mehr Kienbaums Mörder an den „Heinrich, meines armen Vaters Tag- und „Laß es noch einen Augenblick, Kind. Sieh in Die Frau ſchüttelte noch einmal über das beſſere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0146" n="136"/> geht heute Keiner mehr Kienbaums Mörder an den<lb/> Kragen als der Todtenrichter; und freilich, wer weiß,<lb/> ob nicht gerade der uns Drei heute hierher beſtellt hat<lb/> zu ſeinen Schöffen und Beiſitzern?“</p><lb/> <p>„Heinrich, meines armen Vaters Tag- und<lb/> Nachtgeſpenſt —“</p><lb/> <p>„Laß es noch einen Augenblick, Kind. Sieh in<lb/> das wonnige Blau über uns, blicke in Eduards<lb/> dürres, aber wohlwollendes, wenngleich auch etwas<lb/> verlegen geſpanntes Kafferngeſicht, und bleib noch ein<lb/> klein bischen in unſerm Idyll. Erzähle ihm meinet-<lb/> wegen auf Deine Weiſe unſere Liebesgeſchichte. Ich<lb/> gebe Dir mein Wort darauf: was das andere an-<lb/> betrifft, ſo kommt es wahrhaftig nicht darauf an, ob<lb/> Du das Genauere ein paar Minuten früher oder<lb/> ſpäter erfährſt. Dein Vater, unſer Vater iſt mit<lb/> unſerer Hülfe in Frieden beruhigt hinübergegangen,<lb/> und Kienbaums Mörder wird die Mitwelt und die<lb/> Nachwelt auch nichts mehr anhaben können, als mit<lb/> dem ungewaſchenen Maul. Und letzteres auch dann<lb/> vielleicht nur, wenn ihr — Du und Eduard —<lb/> morgen den Mund darüber nicht würdet halten können.“</p><lb/> <p>Die Frau ſchüttelte noch einmal über das beſſere<lb/> Wiſſen und Verſtehen ihres Mannes den Kopf,<lb/> dann legte ſie die gefalteten Hände auf den Tiſch<lb/> und blieb ebenfalls noch bei ihrem und ſeinem Lebens-<lb/> idyll, und es kam freilich, trotz aller Melancholie und<lb/> der Aufregung und Spannung der Stunde, herzig<lb/> und lieblich heraus, wie ſie — erzählte, ehe Stopf-<lb/> kuchen das Geheimniß der rothen Schanze offenbarte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [136/0146]
geht heute Keiner mehr Kienbaums Mörder an den
Kragen als der Todtenrichter; und freilich, wer weiß,
ob nicht gerade der uns Drei heute hierher beſtellt hat
zu ſeinen Schöffen und Beiſitzern?“
„Heinrich, meines armen Vaters Tag- und
Nachtgeſpenſt —“
„Laß es noch einen Augenblick, Kind. Sieh in
das wonnige Blau über uns, blicke in Eduards
dürres, aber wohlwollendes, wenngleich auch etwas
verlegen geſpanntes Kafferngeſicht, und bleib noch ein
klein bischen in unſerm Idyll. Erzähle ihm meinet-
wegen auf Deine Weiſe unſere Liebesgeſchichte. Ich
gebe Dir mein Wort darauf: was das andere an-
betrifft, ſo kommt es wahrhaftig nicht darauf an, ob
Du das Genauere ein paar Minuten früher oder
ſpäter erfährſt. Dein Vater, unſer Vater iſt mit
unſerer Hülfe in Frieden beruhigt hinübergegangen,
und Kienbaums Mörder wird die Mitwelt und die
Nachwelt auch nichts mehr anhaben können, als mit
dem ungewaſchenen Maul. Und letzteres auch dann
vielleicht nur, wenn ihr — Du und Eduard —
morgen den Mund darüber nicht würdet halten können.“
Die Frau ſchüttelte noch einmal über das beſſere
Wiſſen und Verſtehen ihres Mannes den Kopf,
dann legte ſie die gefalteten Hände auf den Tiſch
und blieb ebenfalls noch bei ihrem und ſeinem Lebens-
idyll, und es kam freilich, trotz aller Melancholie und
der Aufregung und Spannung der Stunde, herzig
und lieblich heraus, wie ſie — erzählte, ehe Stopf-
kuchen das Geheimniß der rothen Schanze offenbarte.
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