auf diese Genugthuung habe ich hier in der Kühle ge- wartet, während Du mit Deinem Le Vaillant im heißen Afrika auf die Elephanten-, Nashorn- und Giraffenjagd gingest oder Dich auf andere unnöthige Weise ab- und ausschwitztest. Also bleiben wir noch ein wenig in der Idylle, ehe wir von Kienbaum und wie er zu Tode kam, weiter reden. Nachher magst Du ja selber beurtheilen, ob Du Deine, seine oder meine Geschichte für die wichtigere hältst. Sei nur ruhig, Tinchen, und verlaß Dich auch heute noch einmal auf Deinen Mann! Du bist Partei, aber Du weißt es ja: Dein Mann nimmt immer Deine Partei!"
Wir ließen also, da wir mußten, Kienbaum fürs Erste noch ungerächt weiter modern und blieben in der Idylle.
"Ich glaube, ich habe Dich schon einige Male aufgefordert, Eduard, meine Frau Dir anzusehen; aber jetzt bitte ich Dich von Neuem: Guck sie Dir noch einmal an. Wie sie da so niedlich sitzt! Kannst Du es heute noch für möglich halten, daß sie einmal wie eine in eine Wildkatze verzauberte Jungfer, die auf ihren Erlösungsritter wartet, dagesessen hat? Mich brauchst Du wohl ja nicht weiter darauf an- zusehen: mein Ritterthum fiel euch, und also auch Dir, von früher Jugend an, umfänglich imponirend
auf dieſe Genugthuung habe ich hier in der Kühle ge- wartet, während Du mit Deinem Le Vaillant im heißen Afrika auf die Elephanten-, Nashorn- und Giraffenjagd gingeſt oder Dich auf andere unnöthige Weiſe ab- und ausſchwitzteſt. Alſo bleiben wir noch ein wenig in der Idylle, ehe wir von Kienbaum und wie er zu Tode kam, weiter reden. Nachher magſt Du ja ſelber beurtheilen, ob Du Deine, ſeine oder meine Geſchichte für die wichtigere hältſt. Sei nur ruhig, Tinchen, und verlaß Dich auch heute noch einmal auf Deinen Mann! Du biſt Partei, aber Du weißt es ja: Dein Mann nimmt immer Deine Partei!“
Wir ließen alſo, da wir mußten, Kienbaum fürs Erſte noch ungerächt weiter modern und blieben in der Idylle.
„Ich glaube, ich habe Dich ſchon einige Male aufgefordert, Eduard, meine Frau Dir anzuſehen; aber jetzt bitte ich Dich von Neuem: Guck ſie Dir noch einmal an. Wie ſie da ſo niedlich ſitzt! Kannſt Du es heute noch für möglich halten, daß ſie einmal wie eine in eine Wildkatze verzauberte Jungfer, die auf ihren Erlöſungsritter wartet, dageſeſſen hat? Mich brauchſt Du wohl ja nicht weiter darauf an- zuſehen: mein Ritterthum fiel euch, und alſo auch Dir, von früher Jugend an, umfänglich imponirend
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auf dieſe Genugthuung habe ich hier in der Kühle ge-
wartet, während Du mit Deinem Le Vaillant im
heißen Afrika auf die Elephanten-, Nashorn- und
Giraffenjagd gingeſt oder Dich auf andere unnöthige
Weiſe ab- und ausſchwitzteſt. Alſo bleiben wir noch
ein wenig in der Idylle, ehe wir von Kienbaum
und wie er zu Tode kam, weiter reden. Nachher
magſt Du ja ſelber beurtheilen, ob Du Deine, ſeine
oder meine Geſchichte für die wichtigere hältſt. Sei
nur ruhig, Tinchen, und verlaß Dich auch heute noch
einmal auf Deinen Mann! Du biſt Partei, aber Du
weißt es ja: Dein Mann nimmt immer Deine Partei!“
Wir ließen alſo, da wir mußten, Kienbaum
fürs Erſte noch ungerächt weiter modern und blieben
in der Idylle.
„Ich glaube, ich habe Dich ſchon einige Male
aufgefordert, Eduard, meine Frau Dir anzuſehen;
aber jetzt bitte ich Dich von Neuem: Guck ſie Dir
noch einmal an. Wie ſie da ſo niedlich ſitzt! Kannſt
Du es heute noch für möglich halten, daß ſie einmal
wie eine in eine Wildkatze verzauberte Jungfer, die
auf ihren Erlöſungsritter wartet, dageſeſſen hat?
Mich brauchſt Du wohl ja nicht weiter darauf an-
zuſehen: mein Ritterthum fiel euch, und alſo auch
Dir, von früher Jugend an, umfänglich imponirend
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/137>, abgerufen am 16.02.2025.
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