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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Essen ungern aufhalten und nur sehr ungern stören
lasse, weißt Du ja wohl noch aus alter lieber Jugend-
erinnerung?"

Ich warf noch einen Blick auf die an den
Wänden der alten "Bauerndehle" auf Börten und in
offenen Schränken aufgestapelten Versteinerungen aus
der Umgegend der rothen Schanze, und trat noch
einmal in meinem Leben in die Wohnstube des
Bauern Andreas Quakatz zur linken Seite des Haus-
flurs, und an den Tisch, den auch Stopfkuchen zu
einem Eßtisch gemacht hatte, und auf welchem Tinchen
Quakatz vor so vielen Jahren in meiner Gegenwart
in Trotz, Grimm, Angst und Verzweiflung mit den
Armen und mit dem Kopfe lag.


"Wie freue ich mich, Sie wieder hier zu sehen,
Herr Eduard," sagte Frau Valentine Schaumann.

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Ich reichte ihr in Wahrheit bewegt die Hand
über Stopfkuchens in Wahrheit wunderbar gedeckten
Eß- und Lebenstisch. Aber Stopfkuchen drängte: ich
hatte die Serviette zu entfalten und zu Löffel, Messer
und Gabel zu greifen. So konnte er, Heinrich, doch
nicht drängen, daß ich mich nicht auch hier schnell
noch umgesehen hätte. Es hatte sich auch hier Manches
verändert.

Eſſen ungern aufhalten und nur ſehr ungern ſtören
laſſe, weißt Du ja wohl noch aus alter lieber Jugend-
erinnerung?“

Ich warf noch einen Blick auf die an den
Wänden der alten „Bauerndehle“ auf Börten und in
offenen Schränken aufgeſtapelten Verſteinerungen aus
der Umgegend der rothen Schanze, und trat noch
einmal in meinem Leben in die Wohnſtube des
Bauern Andreas Quakatz zur linken Seite des Haus-
flurs, und an den Tiſch, den auch Stopfkuchen zu
einem Eßtiſch gemacht hatte, und auf welchem Tinchen
Quakatz vor ſo vielen Jahren in meiner Gegenwart
in Trotz, Grimm, Angſt und Verzweiflung mit den
Armen und mit dem Kopfe lag.


„Wie freue ich mich, Sie wieder hier zu ſehen,
Herr Eduard,“ ſagte Frau Valentine Schaumann.

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Ich reichte ihr in Wahrheit bewegt die Hand
über Stopfkuchens in Wahrheit wunderbar gedeckten
Eß- und Lebenstiſch. Aber Stopfkuchen drängte: ich
hatte die Serviette zu entfalten und zu Löffel, Meſſer
und Gabel zu greifen. So konnte er, Heinrich, doch
nicht drängen, daß ich mich nicht auch hier ſchnell
noch umgeſehen hätte. Es hatte ſich auch hier Manches
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[100/0110] Eſſen ungern aufhalten und nur ſehr ungern ſtören laſſe, weißt Du ja wohl noch aus alter lieber Jugend- erinnerung?“ Ich warf noch einen Blick auf die an den Wänden der alten „Bauerndehle“ auf Börten und in offenen Schränken aufgeſtapelten Verſteinerungen aus der Umgegend der rothen Schanze, und trat noch einmal in meinem Leben in die Wohnſtube des Bauern Andreas Quakatz zur linken Seite des Haus- flurs, und an den Tiſch, den auch Stopfkuchen zu einem Eßtiſch gemacht hatte, und auf welchem Tinchen Quakatz vor ſo vielen Jahren in meiner Gegenwart in Trotz, Grimm, Angſt und Verzweiflung mit den Armen und mit dem Kopfe lag. „Wie freue ich mich, Sie wieder hier zu ſehen, Herr Eduard,“ ſagte Frau Valentine Schaumann. — — — — — — — — — — — Ich reichte ihr in Wahrheit bewegt die Hand über Stopfkuchens in Wahrheit wunderbar gedeckten Eß- und Lebenstiſch. Aber Stopfkuchen drängte: ich hatte die Serviette zu entfalten und zu Löffel, Meſſer und Gabel zu greifen. So konnte er, Heinrich, doch nicht drängen, daß ich mich nicht auch hier ſchnell noch umgeſehen hätte. Es hatte ſich auch hier Manches verändert.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/110>, abgerufen am 24.11.2024.