Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Er hatte gewiß nicht nöthig, mich noch besonders "Sieh mal," sagte Stopfkuchen, "auf den Noah- Die brave Frau auf dem Hausflur wendete sich "Heinrich, ich bitte Dich! vor diesem Deinem "Aber immer doch ein bischen darf ich -- was W. Raabe. Stopfkuchen. 7
Er hatte gewiß nicht nöthig, mich noch beſonders „Sieh mal,“ ſagte Stopfkuchen, „auf den Noah- Die brave Frau auf dem Hausflur wendete ſich „Heinrich, ich bitte Dich! vor dieſem Deinem „Aber immer doch ein bischen darf ich — was W. Raabe. Stopfkuchen. 7
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Er hatte gewiß nicht nöthig, mich noch beſonders
aufmerkſam zu machen. Die Verſchönerungen mußten
jedem der die Mördergrube auf der rothen Schanze
ehedem in ihrer ärgſten Verwahrloſung gekannt hatte,
auffallen.
„Sieh mal,“ ſagte Stopfkuchen, „auf den Noah-
kaſten habe ich Dich bereits aufmerkſam gemacht; jetzt
ſchüttele einmal in der Phantaſie eine andere Deiner
Weihnachtsſchachteln aus. Dorf oder Stadt — ſteht
auf dem Deckel derjenigen, die ich meine. Kippe
dreiſt um auf den Tiſch und ſuche mir mein Weih-
nachtsmuſterhaus heraus! Was? Haſt Du's? Schön
himmelblau die Mauern, ſchön zinnoberroth das Dach,
Fenſter und Thür kohlenpechrabenſchwarz, nur der
Schornſtein ſchön weiß. Es gibt auch nette Paläſte,
Häuſer und Hütten in anderen Farben in der
Schachtel, aber ich habe Tinchens wegen ein helles
Himmelblau gewählt. Dem ſieht hoffentlich Niemand
mehr Kienbaums Blut ab, ſondern es ſagt höchſtens
dann und wann Jemand: ‚Dieſer alte Schaumann
auf der rothen Schanze iſt doch ein ganz verrückter
Hahn, und es iſt nur zu hoffen, daß ihn ſeine brave
Frau feſt unter ihrer Kuratel hält‘.“
Die brave Frau auf dem Hausflur wendete ſich
auf dieſes letzte Wort um und ſagte lächelnd:
„Heinrich, ich bitte Dich! vor dieſem Deinem
Freunde brauchſt Du Dich doch nicht ganz ſo närriſch
wie vor den Anderen anzuſtellen.“
„Aber immer doch ein bischen darf ich — was
alter Schatz?“
W. Raabe. Stopfkuchen. 7
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