Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Dingen, von denen Ihr Feldhasen nicht die geringste Ich hätte hier wirklich etwas sagen können; aber "Also die Kugel an meines Vaters Hause hatte Dingen, von denen Ihr Feldhaſen nicht die geringſte Ich hätte hier wirklich etwas ſagen können; aber „Alſo die Kugel an meines Vaters Hauſe hatte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="90"/> Dingen, von denen Ihr Feldhaſen nicht die geringſte<lb/> Ahnung haben konntet. Sitze nur ruhig, Eduard;<lb/> ich führe Dich nicht zu weit ab: wir bleiben einfach<lb/> bei der rothen Schanze und kommen meinem Tinchen<lb/> immer näher. Uebrigens wird ſie hoffentlich nun<lb/> auch bald uns zu Tiſche rufen.“</p><lb/> <p>Ich hätte hier wirklich etwas ſagen können; aber<lb/> ich bezwang mich und that es nicht. Stopfkuchen<lb/> fuhr, ſeine Pfeife beſſer in Brand ziehend fort:</p><lb/> <p>„Alſo die Kugel an meines Vaters Hauſe hatte<lb/> zuerſt auf meine kindliche Phantaſie gewirkt; der alte<lb/> Schwartner wirkte zuerſt auf meinen hiſtoriſchen Sinn.<lb/> Und den hiſtoriſchen Sinn im Menſchen erklären heut<lb/> zu Tage ja viele Gelehrte für das Vorzüglichſte was<lb/> es überhaupt im Menſchen gibt. Ich bin nicht dieſer<lb/> Anſicht. Ja wenn man ſich immer nur an was An-<lb/> genehmes erinnerte! . . . Aber, einerlei, der alte<lb/> Schwartner hatte hiſtoriſchen Sinn und erweckte den-<lb/> ſelben auch ſoweit es möglich war, in mir. Daß ich<lb/> mich mit ihm, immer dem hiſtoriſchen Sinn! einzig<lb/> und allein auf die rothe Schanze zu beſchränken wußte,<lb/> ſpricht, meines Erachtens zuletzt denn doch dafür, daß<lb/> noch Etwas in mir lag, was ſelbſt über den hiſtoriſchen<lb/> Sinn hinausging. Wie ich eigentlich zuerſt in ſein<lb/> Haus gekommen bin, weiß ich nicht recht. Er hat<lb/> mich wahrſcheinlich die Kanonenkugel an unſerm Haus-<lb/> giebel oder die rothe Schanze angaffend gefunden, eine<lb/> verwandte Seele in mir gewittert und mich mal mit<lb/> ſich genommen. Wir kamen jedenfalls bald auf den<lb/> kameradſchaftlichſten Fuß. Wer mich brauchte und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0100]
Dingen, von denen Ihr Feldhaſen nicht die geringſte
Ahnung haben konntet. Sitze nur ruhig, Eduard;
ich führe Dich nicht zu weit ab: wir bleiben einfach
bei der rothen Schanze und kommen meinem Tinchen
immer näher. Uebrigens wird ſie hoffentlich nun
auch bald uns zu Tiſche rufen.“
Ich hätte hier wirklich etwas ſagen können; aber
ich bezwang mich und that es nicht. Stopfkuchen
fuhr, ſeine Pfeife beſſer in Brand ziehend fort:
„Alſo die Kugel an meines Vaters Hauſe hatte
zuerſt auf meine kindliche Phantaſie gewirkt; der alte
Schwartner wirkte zuerſt auf meinen hiſtoriſchen Sinn.
Und den hiſtoriſchen Sinn im Menſchen erklären heut
zu Tage ja viele Gelehrte für das Vorzüglichſte was
es überhaupt im Menſchen gibt. Ich bin nicht dieſer
Anſicht. Ja wenn man ſich immer nur an was An-
genehmes erinnerte! . . . Aber, einerlei, der alte
Schwartner hatte hiſtoriſchen Sinn und erweckte den-
ſelben auch ſoweit es möglich war, in mir. Daß ich
mich mit ihm, immer dem hiſtoriſchen Sinn! einzig
und allein auf die rothe Schanze zu beſchränken wußte,
ſpricht, meines Erachtens zuletzt denn doch dafür, daß
noch Etwas in mir lag, was ſelbſt über den hiſtoriſchen
Sinn hinausging. Wie ich eigentlich zuerſt in ſein
Haus gekommen bin, weiß ich nicht recht. Er hat
mich wahrſcheinlich die Kanonenkugel an unſerm Haus-
giebel oder die rothe Schanze angaffend gefunden, eine
verwandte Seele in mir gewittert und mich mal mit
ſich genommen. Wir kamen jedenfalls bald auf den
kameradſchaftlichſten Fuß. Wer mich brauchte und
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