Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.Kein Fleckchen, kein Geräth ohne seine traurig süße Aber jetzt galt es zu handeln, nicht zu träumen. Da meine Wohnung drüben in No. 11 zu beschränkt Kein Fleckchen, kein Geräth ohne ſeine traurig ſüße Aber jetzt galt es zu handeln, nicht zu träumen. Da meine Wohnung drüben in No. 11 zu beſchränkt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0083" n="73"/> <p>Kein Fleckchen, kein Geräth ohne ſeine traurig ſüße<lb/> Erinnerung. Zerbrochenes Kinderſpielzeug auf dem Bo-<lb/> den ....... und ich allein mit dem Kinde in dieſer<lb/> kleinen Welt eines verlornen Glücks, — Erbe von ſo<lb/> viel Schmerz und Thränen und Verlaſſenheit!</p><lb/> <p>Aber jetzt galt es zu handeln, nicht zu träumen.<lb/> Ich mußte mich aufraffen. Ich nahm der Wärterin das<lb/> kleine Lischen aus den Armen, küßte es und verſprach<lb/> mir leiſe dabei, dem Kinde meiner Freunde ein treuer<lb/> Helfer zu ſein im Glück und Unglück, bei Nacht und bei<lb/> Tage und — ich glaube den Schwur gehalten zu haben.<lb/> Das Kind ſchaute mich mit ſeinen großen, blauen —<lb/> denen der Mutter ſo ähnlichen — Augen lächelnd an,<lb/> griff mit beiden Händchen mir in die Haare und begann<lb/> luſtig zu zauſen, wobei die alte Martha mit gefalteten<lb/> Händen zuſah. Martha war ſchon Mariens Wärterin<lb/> im Rectorhauſe zu Ulfelden geweſen, war mit ihr zur<lb/> Stadt gekommen und hatte ſie nicht verlaſſen, bis an<lb/> ihren Tod.</p><lb/> <p>Da meine Wohnung drüben in No. 11 zu beſchränkt<lb/> war, um die ganze kleine Welt dahin überzuſiedeln, ſo<lb/> hielt ich zuerſt mit der Martha einen Rath, deſſen Re-<lb/> ſultat war, daß ich meine Bücher, Herbarien, Pfeifen<lb/> und unleſerlichen Manuſcripte nach No. 7. herüber holte,<lb/> worauf Martha Alles auf’s Beſte einrichtete. Indem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0083]
Kein Fleckchen, kein Geräth ohne ſeine traurig ſüße
Erinnerung. Zerbrochenes Kinderſpielzeug auf dem Bo-
den ....... und ich allein mit dem Kinde in dieſer
kleinen Welt eines verlornen Glücks, — Erbe von ſo
viel Schmerz und Thränen und Verlaſſenheit!
Aber jetzt galt es zu handeln, nicht zu träumen.
Ich mußte mich aufraffen. Ich nahm der Wärterin das
kleine Lischen aus den Armen, küßte es und verſprach
mir leiſe dabei, dem Kinde meiner Freunde ein treuer
Helfer zu ſein im Glück und Unglück, bei Nacht und bei
Tage und — ich glaube den Schwur gehalten zu haben.
Das Kind ſchaute mich mit ſeinen großen, blauen —
denen der Mutter ſo ähnlichen — Augen lächelnd an,
griff mit beiden Händchen mir in die Haare und begann
luſtig zu zauſen, wobei die alte Martha mit gefalteten
Händen zuſah. Martha war ſchon Mariens Wärterin
im Rectorhauſe zu Ulfelden geweſen, war mit ihr zur
Stadt gekommen und hatte ſie nicht verlaſſen, bis an
ihren Tod.
Da meine Wohnung drüben in No. 11 zu beſchränkt
war, um die ganze kleine Welt dahin überzuſiedeln, ſo
hielt ich zuerſt mit der Martha einen Rath, deſſen Re-
ſultat war, daß ich meine Bücher, Herbarien, Pfeifen
und unleſerlichen Manuſcripte nach No. 7. herüber holte,
worauf Martha Alles auf’s Beſte einrichtete. Indem
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