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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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schleppt, legt man den Keim der wunderbaren Religion
in ihre Herzen! An das Gewühl vor den Buden, an
den grünen funkelnden Tannenbaum knüpft das junge
Gemüth seine ersten, wahren -- und was mehr sagen
will, wahrhaft kindlichen Begriffe davon!" --

Ich wollte eben darauf etwas erwiedern, als plötzlich
eine Gestalt in einen dunkeln Mantel gehüllt, ein Kind
auf dem Arme tragend, an uns vorbeischlüpfen wollte.
Ein Strahl der nächsten Gaslaterne fiel auf ihr Gesicht,
es war die kleine Tänzerin aus der Sperlingsgasse. Ich
freute mich über die Begegnung und rief sie an:

"Das ist prächtig, Fräulein Rosalie, daß wir Sie
treffen. Vielleicht werden Sie uns erlauben, daß wir Sie
begleiten, denn um die Mysterien eines Weihnachtsmark-
tes zu durchdringen, ist es jedenfalls nöthig, ein Kind
bei sich zu haben."

Die Tänzerin knixte und sagte: "O, Sie sind zu gü-
tig, meine Herren; Alfred hat mir den ganzen Tag keine
Ruhe gelassen und da kein Theater ist, so mußte ich ihm
doch die Herrlichkeit zeigen."

"Ja Mann," -- sagte Alfred unter einer dicken
Pudelmütze gar verwegen hervorschauend -- "mitgehen!" --

Ich stellte der Tänzerin den Nachbar Zeichner vor
und das vierblättrige Kleeblatt war bald in der Stim-
mung, die ein Weihnachtsmarkt erfordert. Was für ein

ſchleppt, legt man den Keim der wunderbaren Religion
in ihre Herzen! An das Gewühl vor den Buden, an
den grünen funkelnden Tannenbaum knüpft das junge
Gemüth ſeine erſten, wahren — und was mehr ſagen
will, wahrhaft kindlichen Begriffe davon!“ —

Ich wollte eben darauf etwas erwiedern, als plötzlich
eine Geſtalt in einen dunkeln Mantel gehüllt, ein Kind
auf dem Arme tragend, an uns vorbeiſchlüpfen wollte.
Ein Strahl der nächſten Gaslaterne fiel auf ihr Geſicht,
es war die kleine Tänzerin aus der Sperlingsgaſſe. Ich
freute mich über die Begegnung und rief ſie an:

„Das iſt prächtig, Fräulein Roſalie, daß wir Sie
treffen. Vielleicht werden Sie uns erlauben, daß wir Sie
begleiten, denn um die Myſterien eines Weihnachtsmark-
tes zu durchdringen, iſt es jedenfalls nöthig, ein Kind
bei ſich zu haben.“

Die Tänzerin knixte und ſagte: „O, Sie ſind zu gü-
tig, meine Herren; Alfred hat mir den ganzen Tag keine
Ruhe gelaſſen und da kein Theater iſt, ſo mußte ich ihm
doch die Herrlichkeit zeigen.“

„Ja Mann,“ — ſagte Alfred unter einer dicken
Pudelmütze gar verwegen hervorſchauend — „mitgehen!“ —

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und das vierblättrige Kleeblatt war bald in der Stim-
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[66/0076] ſchleppt, legt man den Keim der wunderbaren Religion in ihre Herzen! An das Gewühl vor den Buden, an den grünen funkelnden Tannenbaum knüpft das junge Gemüth ſeine erſten, wahren — und was mehr ſagen will, wahrhaft kindlichen Begriffe davon!“ — Ich wollte eben darauf etwas erwiedern, als plötzlich eine Geſtalt in einen dunkeln Mantel gehüllt, ein Kind auf dem Arme tragend, an uns vorbeiſchlüpfen wollte. Ein Strahl der nächſten Gaslaterne fiel auf ihr Geſicht, es war die kleine Tänzerin aus der Sperlingsgaſſe. Ich freute mich über die Begegnung und rief ſie an: „Das iſt prächtig, Fräulein Roſalie, daß wir Sie treffen. Vielleicht werden Sie uns erlauben, daß wir Sie begleiten, denn um die Myſterien eines Weihnachtsmark- tes zu durchdringen, iſt es jedenfalls nöthig, ein Kind bei ſich zu haben.“ Die Tänzerin knixte und ſagte: „O, Sie ſind zu gü- tig, meine Herren; Alfred hat mir den ganzen Tag keine Ruhe gelaſſen und da kein Theater iſt, ſo mußte ich ihm doch die Herrlichkeit zeigen.“ „Ja Mann,“ — ſagte Alfred unter einer dicken Pudelmütze gar verwegen hervorſchauend — „mitgehen!“ — Ich ſtellte der Tänzerin den Nachbar Zeichner vor und das vierblättrige Kleeblatt war bald in der Stim- mung, die ein Weihnachtsmarkt erfordert. Was für ein

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/76>, abgerufen am 23.11.2024.