Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.tastische Ausstellung eines Ladens, jetzt die staunenden, An der Ecke des Weihnachtsmarktes blieben wir ste- Der Zeichner war auf einmal sehr ernst geworden. 5
taſtiſche Ausſtellung eines Ladens, jetzt die ſtaunenden, An der Ecke des Weihnachtsmarktes blieben wir ſte- Der Zeichner war auf einmal ſehr ernſt geworden. 5
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taſtiſche Ausſtellung eines Ladens, jetzt die ſtaunenden,
verlangenden Geſichter davor; jetzt entdeckte Strobel eine
neue Idee in der Anfertigung eines Spielzeugs, jetzt
ich; es war wundervoll! —
An der Ecke des Weihnachtsmarktes blieben wir ſte-
hen, in das fröhliche Getümmel, welches ſich dort um-
hertrieb, hinein ſchauend. Im ununterbrochenen Zuge
ſtrömte das Volk an uns vorbei: Väter, auf jedem
Arme und an jedem Rockſchoß ein Kind; Handwerksge-
ſellen mit dem Schatz, den ſie aus der Küche ſeiner
„Gnädigen“ weggeſtohlen hatten; ehrliche unbeſchreiblich
gutmüthig und dumm lächelnde Infanteriſten, feine
ſchmucke Garde-Schützen, ſchwere Dragoner und „klobige“
Artillerie. — Hier und da wanden ſich junge Mädchen
zierlich durch das Getümmel; jedes Alter, jeder Stand
war vertreten, ja ſogar die vornehmſte Welt überſchritt
einmal ihre Grenzen und zeigte ihren Kindern die —
Freude des Volks! —
Der Zeichner war auf einmal ſehr ernſt geworden.
„Sehen Sie,“ ſagte er, „da ſtrömt die Quelle, aus wel-
cher die Kinderwelt ihr erſtes Chriſtenthum ſchöpft!
Nicht dadurch, daß man ihnen von Gott und ſo weiter
Unverſtändliches vorräſonnirt, ſie Bibel- oder Geſang-
buchverſe auswendig lernen läßt; nicht dadurch, daß man
ſie — wo möglich in den Windeln — in die Kirchen
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