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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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sehen kriegte und -- Burchhard, erzähl's dem Jungen
weiter ....."

Dieser, der wieder neben dem Bette seines alten
Freundes saß, nickte finster und fuhr fort in der unter-
brochenen Erzählung, den Blick auf den Boden geheftet.

"Waren wir zusammen aufgewachsen und hatte ich
sie gar lieb die Louise mit ihren schwarzen Haaren und
schwarzen Augen. Hatte aber nicht den Muth, ihr zu
sagen: Herzlieb, wolltest Du mich nicht zum Manne
nehmen? Wollte Dich auch auf'n Händen tragen! Stand
ich immer und schaute ihr nach auf den Kirchwegen und
allenthalben, wenn sie durch das Dorf hüpfte, lachend
und schäckernd, flink wie ein Reh, lustig wie eine Am-
sel! ..."

Der Kranke seufzte tief auf, Burchhard legte ihm
das Kopfkissen zurecht und schwieg dann, von seiner Er-
innerung überwältigt, einige Minuten, während drau-
ßen die Vögel gar lustig zwitscherten und die Sonne
immer glühender dem Untergange zusank.

Plötzlich fuhr der Erzähler fast barsch auf:

"Was ist da weiter zu berichten! War sie ein jung'
Blut und hatte ihr der Pastor mehr Gutes als Böses
von den Menschen erzählt ... Wurde Andreas hierher
in den Wald geschickt auf Antrieb des Grafen; jubelte
er mächtig, denn von je war's sein Wunsch gewesen,

ſehen kriegte und — Burchhard, erzähl’s dem Jungen
weiter .....“

Dieſer, der wieder neben dem Bette ſeines alten
Freundes ſaß, nickte finſter und fuhr fort in der unter-
brochenen Erzählung, den Blick auf den Boden geheftet.

„Waren wir zuſammen aufgewachſen und hatte ich
ſie gar lieb die Louiſe mit ihren ſchwarzen Haaren und
ſchwarzen Augen. Hatte aber nicht den Muth, ihr zu
ſagen: Herzlieb, wollteſt Du mich nicht zum Manne
nehmen? Wollte Dich auch auf’n Händen tragen! Stand
ich immer und ſchaute ihr nach auf den Kirchwegen und
allenthalben, wenn ſie durch das Dorf hüpfte, lachend
und ſchäckernd, flink wie ein Reh, luſtig wie eine Am-
ſel! …“

Der Kranke ſeufzte tief auf, Burchhard legte ihm
das Kopfkiſſen zurecht und ſchwieg dann, von ſeiner Er-
innerung überwältigt, einige Minuten, während drau-
ßen die Vögel gar luſtig zwitſcherten und die Sonne
immer glühender dem Untergange zuſank.

Plötzlich fuhr der Erzähler faſt barſch auf:

„Was iſt da weiter zu berichten! War ſie ein jung’
Blut und hatte ihr der Paſtor mehr Gutes als Böſes
von den Menſchen erzählt … Wurde Andreas hierher
in den Wald geſchickt auf Antrieb des Grafen; jubelte
er mächtig, denn von je war’s ſein Wunſch geweſen,

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[54/0064] ſehen kriegte und — Burchhard, erzähl’s dem Jungen weiter .....“ Dieſer, der wieder neben dem Bette ſeines alten Freundes ſaß, nickte finſter und fuhr fort in der unter- brochenen Erzählung, den Blick auf den Boden geheftet. „Waren wir zuſammen aufgewachſen und hatte ich ſie gar lieb die Louiſe mit ihren ſchwarzen Haaren und ſchwarzen Augen. Hatte aber nicht den Muth, ihr zu ſagen: Herzlieb, wollteſt Du mich nicht zum Manne nehmen? Wollte Dich auch auf’n Händen tragen! Stand ich immer und ſchaute ihr nach auf den Kirchwegen und allenthalben, wenn ſie durch das Dorf hüpfte, lachend und ſchäckernd, flink wie ein Reh, luſtig wie eine Am- ſel! …“ Der Kranke ſeufzte tief auf, Burchhard legte ihm das Kopfkiſſen zurecht und ſchwieg dann, von ſeiner Er- innerung überwältigt, einige Minuten, während drau- ßen die Vögel gar luſtig zwitſcherten und die Sonne immer glühender dem Untergange zuſank. Plötzlich fuhr der Erzähler faſt barſch auf: „Was iſt da weiter zu berichten! War ſie ein jung’ Blut und hatte ihr der Paſtor mehr Gutes als Böſes von den Menſchen erzählt … Wurde Andreas hierher in den Wald geſchickt auf Antrieb des Grafen; jubelte er mächtig, denn von je war’s ſein Wunſch geweſen,

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/64>, abgerufen am 22.11.2024.