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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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Es war ein glückliches Leben, dieses Leben im Walde,
und ist von großem Einfluß auf meine spätere künst-
lerische Entwickelung gewesen. Noch gar gut erinnere
ich mich des Tages, an welchem ich mein erstes Kunst-
werk an der Stallthür zu Stande brachte. Es war ein
Portrait unseres alten Burchhards und seines getreuen
Begleiters, des kleinen Dachshundes, der die Eigen-
thümlichkeit hatte, gar keinen Namen zu besitzen, son-
dern nur auf einen besonderen Pfiff seines Herrn
hörte. --

Der folgende Zeitraum meiner Geschichte, Johannes,
ist Dir fast so gut als mir bekannt, und ich könnte
kürzer darüber weggehen, wenn es mich nicht überall,
wo ihr Bild auftaucht, so gewaltig festhielte.

Wieviel heimliche Thränen -- der Oheim liebte das
Weinen nicht -- wischte ich mir aus den Augen, als
der Tag kam, an welchem ich meiner grünen Waldes-
nacht Ade sagen mußte. Gern hätte ich mich an jeden
Baum, an jeden Strauch, an welchem der Weg aus
dem Walde heraus vorbeiführte, festgeklammert. Wie un-
ermeßlich weit und groß kam mir die Welt vor. Wie eine
Eule, die man aus ihrer dunkeln Höhle in den Son-
nenschein gezerrt hat, schien ich mir anfangs in Ulfel-
den. Ich war unglücklich, wie ein Kind von zwölf Jah-

Es war ein glückliches Leben, dieſes Leben im Walde,
und iſt von großem Einfluß auf meine ſpätere künſt-
leriſche Entwickelung geweſen. Noch gar gut erinnere
ich mich des Tages, an welchem ich mein erſtes Kunſt-
werk an der Stallthür zu Stande brachte. Es war ein
Portrait unſeres alten Burchhards und ſeines getreuen
Begleiters, des kleinen Dachshundes, der die Eigen-
thümlichkeit hatte, gar keinen Namen zu beſitzen, ſon-
dern nur auf einen beſonderen Pfiff ſeines Herrn
hörte. —

Der folgende Zeitraum meiner Geſchichte, Johannes,
iſt Dir faſt ſo gut als mir bekannt, und ich könnte
kürzer darüber weggehen, wenn es mich nicht überall,
wo ihr Bild auftaucht, ſo gewaltig feſthielte.

Wieviel heimliche Thränen — der Oheim liebte das
Weinen nicht — wiſchte ich mir aus den Augen, als
der Tag kam, an welchem ich meiner grünen Waldes-
nacht Ade ſagen mußte. Gern hätte ich mich an jeden
Baum, an jeden Strauch, an welchem der Weg aus
dem Walde heraus vorbeiführte, feſtgeklammert. Wie un-
ermeßlich weit und groß kam mir die Welt vor. Wie eine
Eule, die man aus ihrer dunkeln Höhle in den Son-
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den. Ich war unglücklich, wie ein Kind von zwölf Jah-

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[47/0057] Es war ein glückliches Leben, dieſes Leben im Walde, und iſt von großem Einfluß auf meine ſpätere künſt- leriſche Entwickelung geweſen. Noch gar gut erinnere ich mich des Tages, an welchem ich mein erſtes Kunſt- werk an der Stallthür zu Stande brachte. Es war ein Portrait unſeres alten Burchhards und ſeines getreuen Begleiters, des kleinen Dachshundes, der die Eigen- thümlichkeit hatte, gar keinen Namen zu beſitzen, ſon- dern nur auf einen beſonderen Pfiff ſeines Herrn hörte. — Der folgende Zeitraum meiner Geſchichte, Johannes, iſt Dir faſt ſo gut als mir bekannt, und ich könnte kürzer darüber weggehen, wenn es mich nicht überall, wo ihr Bild auftaucht, ſo gewaltig feſthielte. Wieviel heimliche Thränen — der Oheim liebte das Weinen nicht — wiſchte ich mir aus den Augen, als der Tag kam, an welchem ich meiner grünen Waldes- nacht Ade ſagen mußte. Gern hätte ich mich an jeden Baum, an jeden Strauch, an welchem der Weg aus dem Walde heraus vorbeiführte, feſtgeklammert. Wie un- ermeßlich weit und groß kam mir die Welt vor. Wie eine Eule, die man aus ihrer dunkeln Höhle in den Son- nenſchein gezerrt hat, ſchien ich mir anfangs in Ulfel- den. Ich war unglücklich, wie ein Kind von zwölf Jah-

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/57>, abgerufen am 22.11.2024.