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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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artigen C, welches mich an dem Hals gepackt hielt, halb
erdrosselt, und zappelte wie eine unglückliche Mücke in
den Krallen der Spinne; da -- erhob sich die Frau
Hofräthin; die weiße Gardine sank herab: wie ein elek-
trischer Schlag durchzuckte es mich und das ganze Heer
des Lichts! Gerettet! -- An der Außenseite des Tuchs
hing der Strahl mit seinen Kindern, bleich und ange-
griffen; drinnen aber tönte es fort:

Ein schöner Herr, ein holder Jüngling,
Mit mildem, liebendem Aug',
Umflattert mich, mit schmeichelnder Zunge! ....

Schnell und schneller sank jetzt der Strahl herab und
eben berührte er die Erde, da -- erwachte ich und
Gustav, dicht vor mir, den Kopf auf beide Fäuste ge-
stützt, grins'te mich an. -- (Au, Nein, Du hast mich
nicht angegrins't?!) Eine dicke, schwarze Wolke stand
vor dem Mond und mein Traum war zu Ende, mein
Märchen ist zu Ende!" --


Das Märchen war zu Ende, aber noch nicht unser
Mondscheinabend damals.

"Und nun, Gustav, Quälgeist .... hier .... da" ....

Mit diesen Worten greift Elise in das Wasserbecken
neben ihr und schleudert eine Hand voll blitzender
Tropfen ihrem nichts ahnenden Gefährten in's Gesicht.

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artigen C, welches mich an dem Hals gepackt hielt, halb
erdroſſelt, und zappelte wie eine unglückliche Mücke in
den Krallen der Spinne; da — erhob ſich die Frau
Hofräthin; die weiße Gardine ſank herab: wie ein elek-
triſcher Schlag durchzuckte es mich und das ganze Heer
des Lichts! Gerettet! — An der Außenſeite des Tuchs
hing der Strahl mit ſeinen Kindern, bleich und ange-
griffen; drinnen aber tönte es fort:

Ein ſchöner Herr, ein holder Jüngling,
Mit mildem, liebendem Aug’,
Umflattert mich, mit ſchmeichelnder Zunge! ....

Schnell und ſchneller ſank jetzt der Strahl herab und
eben berührte er die Erde, da — erwachte ich und
Guſtav, dicht vor mir, den Kopf auf beide Fäuſte ge-
ſtützt, grinſ’te mich an. — (Au, Nein, Du haſt mich
nicht angegrinſ’t?!) Eine dicke, ſchwarze Wolke ſtand
vor dem Mond und mein Traum war zu Ende, mein
Märchen iſt zu Ende!“ —


Das Märchen war zu Ende, aber noch nicht unſer
Mondſcheinabend damals.

„Und nun, Guſtav, Quälgeiſt .... hier .... da“ ....

Mit dieſen Worten greift Eliſe in das Waſſerbecken
neben ihr und ſchleudert eine Hand voll blitzender
Tropfen ihrem nichts ahnenden Gefährten in’s Geſicht.

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[241/0251] artigen C, welches mich an dem Hals gepackt hielt, halb erdroſſelt, und zappelte wie eine unglückliche Mücke in den Krallen der Spinne; da — erhob ſich die Frau Hofräthin; die weiße Gardine ſank herab: wie ein elek- triſcher Schlag durchzuckte es mich und das ganze Heer des Lichts! Gerettet! — An der Außenſeite des Tuchs hing der Strahl mit ſeinen Kindern, bleich und ange- griffen; drinnen aber tönte es fort: Ein ſchöner Herr, ein holder Jüngling, Mit mildem, liebendem Aug’, Umflattert mich, mit ſchmeichelnder Zunge! .... Schnell und ſchneller ſank jetzt der Strahl herab und eben berührte er die Erde, da — erwachte ich und Guſtav, dicht vor mir, den Kopf auf beide Fäuſte ge- ſtützt, grinſ’te mich an. — (Au, Nein, Du haſt mich nicht angegrinſ’t?!) Eine dicke, ſchwarze Wolke ſtand vor dem Mond und mein Traum war zu Ende, mein Märchen iſt zu Ende!“ — Das Märchen war zu Ende, aber noch nicht unſer Mondſcheinabend damals. „Und nun, Guſtav, Quälgeiſt .... hier .... da“ .... Mit dieſen Worten greift Eliſe in das Waſſerbecken neben ihr und ſchleudert eine Hand voll blitzender Tropfen ihrem nichts ahnenden Gefährten in’s Geſicht. 16

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/251>, abgerufen am 24.11.2024.