Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.mitten durch die Stadt hüpft, einen kleinen Teich bildet, Das ist Ulfelden, die Stadt meiner Kindheit, -- Und schau, dort oben in dem Garten, der sich von mitten durch die Stadt hüpft, einen kleinen Teich bildet, Das iſt Ulfelden, die Stadt meiner Kindheit, — Und ſchau, dort oben in dem Garten, der ſich von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="15"/> mitten durch die Stadt hüpft, einen kleinen Teich bildet,<lb/> bedeckt am Rande mit Binſen und gelben Waſſerlilien,<lb/> und in einem andern Thal verſchwindet. Ich kenne das<lb/> Alles; ich kann die Bewohner der meiſten Häuſer mit<lb/> Namen nennen; ich weiß, wie es klingen wird, wenn<lb/> man in dem ſpitzen ſchiefergedeckten Thurm jener hüb-<lb/> ſchen alten Kirche anfangen wird zu läuten. Habe ich<lb/> nicht oft genug mich von den Glockenſeilen hin und her<lb/> ſchwingen laſſen?</p><lb/> <p>Das iſt Ulfelden, die Stadt meiner Kindheit, —<lb/> das iſt meine Vaterſtadt! —</p><lb/> <p>Und ſchau, dort oben in dem Garten, der ſich von<lb/> jenem zerbröckelnden, noch ſtehenden Theil der Stadt-<lb/> mauer aus, den Berg hinanzieht, gelagert unter einem<lb/> blühenden Holunderſtrauch die drei Kinder. Da ſitzt<lb/> ein kleines Mädchen mit großen glänzenden Augen, dem<lb/> wilden Franz aus dem Walde zuhörend. Franz Ralff,<lb/> aufgewachſen im Wald und jetzt in der Zucht bei dem<lb/> Vater der kleinen Marie, dem ſtrengen lateiniſchen Stadt-<lb/> rector Volkmann, erzählt, ein gewaltiges angebiſſenes<lb/> Butterbrod in der Hand, kauend und zugleich durch ſei-<lb/> nen eigenen Vortrag gerührt, eine ſeiner wunderbaren<lb/> Geſchichten, die er aus der Waldeinſamkeit mitgebracht<lb/> hat und mit denen er uns kleines Volk ſtets zum „Gru-<lb/> ſeln“ brachte oder zu bringen verſuchte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [15/0025]
mitten durch die Stadt hüpft, einen kleinen Teich bildet,
bedeckt am Rande mit Binſen und gelben Waſſerlilien,
und in einem andern Thal verſchwindet. Ich kenne das
Alles; ich kann die Bewohner der meiſten Häuſer mit
Namen nennen; ich weiß, wie es klingen wird, wenn
man in dem ſpitzen ſchiefergedeckten Thurm jener hüb-
ſchen alten Kirche anfangen wird zu läuten. Habe ich
nicht oft genug mich von den Glockenſeilen hin und her
ſchwingen laſſen?
Das iſt Ulfelden, die Stadt meiner Kindheit, —
das iſt meine Vaterſtadt! —
Und ſchau, dort oben in dem Garten, der ſich von
jenem zerbröckelnden, noch ſtehenden Theil der Stadt-
mauer aus, den Berg hinanzieht, gelagert unter einem
blühenden Holunderſtrauch die drei Kinder. Da ſitzt
ein kleines Mädchen mit großen glänzenden Augen, dem
wilden Franz aus dem Walde zuhörend. Franz Ralff,
aufgewachſen im Wald und jetzt in der Zucht bei dem
Vater der kleinen Marie, dem ſtrengen lateiniſchen Stadt-
rector Volkmann, erzählt, ein gewaltiges angebiſſenes
Butterbrod in der Hand, kauend und zugleich durch ſei-
nen eigenen Vortrag gerührt, eine ſeiner wunderbaren
Geſchichten, die er aus der Waldeinſamkeit mitgebracht
hat und mit denen er uns kleines Volk ſtets zum „Gru-
ſeln“ brachte oder zu bringen verſuchte.
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