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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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der einstige Taugenichts der Gasse, jetzt ein "denkender"
Künstler und, wie man munkelt, oft genug der "Tauge-
nichts des Ateliers" beim Meister Frey in der Rosen-
straße. --

"Cousine, Cousine Elise! Onkel Wachholder!" ruft
er. "Die Mama ist außer sich! Flämmchen hat ein
Leinölglas umgestoßen, und -- Unordnung über Un-
ordnung -- nicht nur eine sehr angenehme Verschöne-
rung auf dem Fußboden, sondern auch eine sehr unan-
genehme Verbesserung auf meiner Zeichnung angebracht.
Es ist keine Möglichkeit, weiter zu arbeiten! -- Wie
wär's mit einem Spaziergang?" --

Ich denke lächelnd an den Doctor Wimmer, der auch
einst oft genug Aehnliches von drüben herüber rief; die
Chronik der Sperlingsgasse hat ihre Wiederholungen,
wie Alles in der Welt. -- Elise setzt ihren Strohhut
auf und wir gehen hinüber. Auf der Treppe schon
empfängt uns Gustav, noch im leichten farbebeschmutzten
Malrock, den Canarienvogel auf dem Finger.

"Da ist der Verbrecher," lacht er. "Sieh, Lis-
chen, wie unschuldig er aussieht, grade wie Du, die
doch auch um kein Haar breit besser ist, als er."

"Was? -- Was hab' ich denn verbrochen?" fragt Elise.

"Höre nicht auf den bösen Menschen," sagt die Tante
Helene, die jetzt in der Thür erscheint.

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der einſtige Taugenichts der Gaſſe, jetzt ein „denkender“
Künſtler und, wie man munkelt, oft genug der „Tauge-
nichts des Ateliers“ beim Meiſter Frey in der Roſen-
ſtraße. —

„Couſine, Couſine Eliſe! Onkel Wachholder!“ ruft
er. „Die Mama iſt außer ſich! Flämmchen hat ein
Leinölglas umgeſtoßen, und — Unordnung über Un-
ordnung — nicht nur eine ſehr angenehme Verſchöne-
rung auf dem Fußboden, ſondern auch eine ſehr unan-
genehme Verbeſſerung auf meiner Zeichnung angebracht.
Es iſt keine Möglichkeit, weiter zu arbeiten! — Wie
wär’s mit einem Spaziergang?“ —

Ich denke lächelnd an den Doctor Wimmer, der auch
einſt oft genug Aehnliches von drüben herüber rief; die
Chronik der Sperlingsgaſſe hat ihre Wiederholungen,
wie Alles in der Welt. — Eliſe ſetzt ihren Strohhut
auf und wir gehen hinüber. Auf der Treppe ſchon
empfängt uns Guſtav, noch im leichten farbebeſchmutzten
Malrock, den Canarienvogel auf dem Finger.

„Da iſt der Verbrecher,“ lacht er. „Sieh, Lis-
chen, wie unſchuldig er ausſieht, grade wie Du, die
doch auch um kein Haar breit beſſer iſt, als er.“

„Was? — Was hab’ ich denn verbrochen?“ fragt Eliſe.

„Höre nicht auf den böſen Menſchen,“ ſagt die Tante
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[193/0203] der einſtige Taugenichts der Gaſſe, jetzt ein „denkender“ Künſtler und, wie man munkelt, oft genug der „Tauge- nichts des Ateliers“ beim Meiſter Frey in der Roſen- ſtraße. — „Couſine, Couſine Eliſe! Onkel Wachholder!“ ruft er. „Die Mama iſt außer ſich! Flämmchen hat ein Leinölglas umgeſtoßen, und — Unordnung über Un- ordnung — nicht nur eine ſehr angenehme Verſchöne- rung auf dem Fußboden, ſondern auch eine ſehr unan- genehme Verbeſſerung auf meiner Zeichnung angebracht. Es iſt keine Möglichkeit, weiter zu arbeiten! — Wie wär’s mit einem Spaziergang?“ — Ich denke lächelnd an den Doctor Wimmer, der auch einſt oft genug Aehnliches von drüben herüber rief; die Chronik der Sperlingsgaſſe hat ihre Wiederholungen, wie Alles in der Welt. — Eliſe ſetzt ihren Strohhut auf und wir gehen hinüber. Auf der Treppe ſchon empfängt uns Guſtav, noch im leichten farbebeſchmutzten Malrock, den Canarienvogel auf dem Finger. „Da iſt der Verbrecher,“ lacht er. „Sieh, Lis- chen, wie unſchuldig er ausſieht, grade wie Du, die doch auch um kein Haar breit beſſer iſt, als er.“ „Was? — Was hab’ ich denn verbrochen?“ fragt Eliſe. „Höre nicht auf den böſen Menſchen,“ ſagt die Tante Helene, die jetzt in der Thür erſcheint. 13

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/203>, abgerufen am 24.11.2024.