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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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trinken niedersinkt und lispelt: "Puh! hab' ich mich
abgequält, aber Gottlob, nun ist's auch mal wieder
rein!" --

Ja, rein ist's! -- Verschwunden ist der Schnee, der
zuletzt doch gar zu grau und unansehnlich geworden war;
viel mißmuthige, verdrossene Gesichter haben sich auf-
gehellt und -- die kleine Leiche von Oben ist fort.
Die alte Großmutter Karsten hat auch ihr nachgeschaut;
sie hat die arme Mutter auf die Stirn geküßt, als man
den Sarg hinabtrug und hat, gleichsam als wundere
sie sich über etwas, lange das Haupt geschüttelt. Wer
weiß, wie viel jüngere Leben sie noch dahin schwinden
sieht! --

Ich habe diese Blätter, glaub' ich, einmal ein
Traumbuch genannt; -- wahrlich, sie sind es auch.

Wie Schatten ziehen die Bilder bald hell und sonnig,
bald finster und traurig vorüber. Jetzt ist der dunkle
Grund, aus dem sie sich ablösen, ganz bedeckt von Leben
und Jubel; -- jetzt taucht wieder die unheimliche finstere
Folie auf. Die Freude verstummt, der Jubel verhallt,
es ist todte Nacht allenthalben, die nur dann und wann
ein Klagelaut unterbricht. Sei die Nacht aber auch
noch so dunkel, ein Stern funkelt stets hinein: Elise!
-- Ich brauche nur in meine alten Mappen und Er-
innerungsbücher mich zu versenken und die Gespenster

trinken niederſinkt und lispelt: „Puh! hab’ ich mich
abgequält, aber Gottlob, nun iſt’s auch mal wieder
rein!“ —

Ja, rein iſt’s! — Verſchwunden iſt der Schnee, der
zuletzt doch gar zu grau und unanſehnlich geworden war;
viel mißmuthige, verdroſſene Geſichter haben ſich auf-
gehellt und — die kleine Leiche von Oben iſt fort.
Die alte Großmutter Karſten hat auch ihr nachgeſchaut;
ſie hat die arme Mutter auf die Stirn geküßt, als man
den Sarg hinabtrug und hat, gleichſam als wundere
ſie ſich über etwas, lange das Haupt geſchüttelt. Wer
weiß, wie viel jüngere Leben ſie noch dahin ſchwinden
ſieht! —

Ich habe dieſe Blätter, glaub’ ich, einmal ein
Traumbuch genannt; — wahrlich, ſie ſind es auch.

Wie Schatten ziehen die Bilder bald hell und ſonnig,
bald finſter und traurig vorüber. Jetzt iſt der dunkle
Grund, aus dem ſie ſich ablöſen, ganz bedeckt von Leben
und Jubel; — jetzt taucht wieder die unheimliche finſtere
Folie auf. Die Freude verſtummt, der Jubel verhallt,
es iſt todte Nacht allenthalben, die nur dann und wann
ein Klagelaut unterbricht. Sei die Nacht aber auch
noch ſo dunkel, ein Stern funkelt ſtets hinein: Eliſe!
— Ich brauche nur in meine alten Mappen und Er-
innerungsbücher mich zu verſenken und die Geſpenſter

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[190/0200] trinken niederſinkt und lispelt: „Puh! hab’ ich mich abgequält, aber Gottlob, nun iſt’s auch mal wieder rein!“ — Ja, rein iſt’s! — Verſchwunden iſt der Schnee, der zuletzt doch gar zu grau und unanſehnlich geworden war; viel mißmuthige, verdroſſene Geſichter haben ſich auf- gehellt und — die kleine Leiche von Oben iſt fort. Die alte Großmutter Karſten hat auch ihr nachgeſchaut; ſie hat die arme Mutter auf die Stirn geküßt, als man den Sarg hinabtrug und hat, gleichſam als wundere ſie ſich über etwas, lange das Haupt geſchüttelt. Wer weiß, wie viel jüngere Leben ſie noch dahin ſchwinden ſieht! — Ich habe dieſe Blätter, glaub’ ich, einmal ein Traumbuch genannt; — wahrlich, ſie ſind es auch. Wie Schatten ziehen die Bilder bald hell und ſonnig, bald finſter und traurig vorüber. Jetzt iſt der dunkle Grund, aus dem ſie ſich ablöſen, ganz bedeckt von Leben und Jubel; — jetzt taucht wieder die unheimliche finſtere Folie auf. Die Freude verſtummt, der Jubel verhallt, es iſt todte Nacht allenthalben, die nur dann und wann ein Klagelaut unterbricht. Sei die Nacht aber auch noch ſo dunkel, ein Stern funkelt ſtets hinein: Eliſe! — Ich brauche nur in meine alten Mappen und Er- innerungsbücher mich zu verſenken und die Geſpenſter

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/200>, abgerufen am 24.11.2024.