Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857."Vierzehn und ein halb!" "Welchen Platz in der Classe hast Du jetzt?" "Ich bin der Vierundzwanzigste von Oben!" "Und von Unten?" "Der -- der -- der Fünfte!" -- (Pause.) Ich lege nun ein Gesicht an, wie Zeus Kronion, Während der ganzen Dauer dieser "Pauke" hat mein „Vierzehn und ein halb!“ „Welchen Platz in der Claſſe haſt Du jetzt?“ „Ich bin der Vierundzwanzigſte von Oben!“ „Und von Unten?“ „Der — der — der Fünfte!“ — (Pauſe.) Ich lege nun ein Geſicht an, wie Zeus Kronion, Während der ganzen Dauer dieſer „Pauke“ hat mein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0179" n="169"/> <p>„Vierzehn und ein halb!“</p><lb/> <p>„Welchen Platz in der Claſſe haſt Du jetzt?“</p><lb/> <p>„Ich bin der Vierundzwanzigſte von Oben!“</p><lb/> <p>„Und von Unten?“</p><lb/> <p>„Der — der — der Fünfte!“ — (Pauſe.)</p><lb/> <p>Ich lege nun ein Geſicht an, wie Zeus Kronion,<lb/> wenn’s lange heiß geweſen iſt und er donnern will, und<lb/> beginne eine Rede, die anfängt: „Als ich in Deinem<lb/> Alter war;“ (wie <hi rendition="#aq">Nota bene</hi> alle Väter und Erzieher<lb/> beginnen, ſeit Adam ſeinen Erſtgeborenen „rüffelte“)<lb/> ich flechte die Milchgeſchichte ein, gehe dann zu den<lb/> „<hi rendition="#aq">locibus</hi>“ und der letzten Arbeit über, bringe einen<lb/> kleinen Seitenhieb auf Eliſe an und ende, indem ich<lb/> die rührend-pathetiſche Seite — den Kummer der Mut-<lb/> ter, herauskehre! —</p><lb/> <p>Während der ganzen Dauer dieſer „Pauke“ hat mein<lb/> Miſſethäter, bald auf dem einen, bald auf dem andern<lb/> Fuß ſtehend, mit einem dummpfiffigreuigwehmüthigen Ge-<lb/> ſicht angeſtrengt einen Punkt oben an der Decke, der<lb/> ihm ſehr merkwürdig erſcheinen muß, in’s Auge gefaßt.<lb/> Kaum aber habe ich geendet, ſo verliert auch beſagter<lb/> Punkt alles Intereſſe für den Schlingel, „die Erde hat<lb/> ihn wieder,“ er ſchiebt ſich hinter Eliſe, — die fort-<lb/> während mit ihrer Schürze zu thun gehabt hat, — und<lb/> dann zu ſeiner Mutter, die ihm bemerkt:</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [169/0179]
„Vierzehn und ein halb!“
„Welchen Platz in der Claſſe haſt Du jetzt?“
„Ich bin der Vierundzwanzigſte von Oben!“
„Und von Unten?“
„Der — der — der Fünfte!“ — (Pauſe.)
Ich lege nun ein Geſicht an, wie Zeus Kronion,
wenn’s lange heiß geweſen iſt und er donnern will, und
beginne eine Rede, die anfängt: „Als ich in Deinem
Alter war;“ (wie Nota bene alle Väter und Erzieher
beginnen, ſeit Adam ſeinen Erſtgeborenen „rüffelte“)
ich flechte die Milchgeſchichte ein, gehe dann zu den
„locibus“ und der letzten Arbeit über, bringe einen
kleinen Seitenhieb auf Eliſe an und ende, indem ich
die rührend-pathetiſche Seite — den Kummer der Mut-
ter, herauskehre! —
Während der ganzen Dauer dieſer „Pauke“ hat mein
Miſſethäter, bald auf dem einen, bald auf dem andern
Fuß ſtehend, mit einem dummpfiffigreuigwehmüthigen Ge-
ſicht angeſtrengt einen Punkt oben an der Decke, der
ihm ſehr merkwürdig erſcheinen muß, in’s Auge gefaßt.
Kaum aber habe ich geendet, ſo verliert auch beſagter
Punkt alles Intereſſe für den Schlingel, „die Erde hat
ihn wieder,“ er ſchiebt ſich hinter Eliſe, — die fort-
während mit ihrer Schürze zu thun gehabt hat, — und
dann zu ſeiner Mutter, die ihm bemerkt:
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