hat mein Heinrich auch nicht gelogen, Herr! und an dem Verhältniß ist der französische Herzog und Diebskönig und Räuberhauptmann, der schlechte Kerl der Rischelljöh Schuld. Der hat uns zusammen gebracht, mich und den guten Herzog Ferdinand."
"Dann erzähle Sie mir wenigstens das Genauere über diese Sache, welche ich wahrlich für's Erste immer noch für eine Fabula, für ein geträumtes Märlein erachte."
"Von meinen silbernen Schuhschnallen ist's hergekom¬ men. Hat Er hier in Amelungsborn denn gar nichts davon vernommen, wie der Rischelljöh bei mir zu Hause ge¬ wirthschaftet hat, und wie auch ich arme Junge-Magd ihm meine Halsspange, von meiner seligen Mutter her, und meine Schuhschnallen habe abliefern müssen? Zu uns in's Halberstädtische schickte er seinen zweiten Spitz¬ buben-General, seinen argen Sohn*), und es ist nachher an den guten Herzog Ferdinand geschrieben worden, wie er in Person Haussuchung gehalten hat und keinen Silberlöffel im Schrank und keinen Pathengulden in der Sparbüchse und keinen Kelch in der Kirche gelassen hat, und ich habe ihm mit allen anderen Mädchen in unserm Dorfe und in der Stadt Halberstadt meine Halsspange und Schuhschnallen hergeben müssen in seinen Raubsack. Das ist im Jahr Achtundfünfzig ge¬ wesen und dann ist der große Brand in unserm Dorfe
*)Mr. le marquis de Voyer d'Argenson.
hat mein Heinrich auch nicht gelogen, Herr! und an dem Verhältniß iſt der franzöſiſche Herzog und Diebskönig und Räuberhauptmann, der ſchlechte Kerl der Riſchelljöh Schuld. Der hat uns zuſammen gebracht, mich und den guten Herzog Ferdinand.“
„Dann erzähle Sie mir wenigſtens das Genauere über dieſe Sache, welche ich wahrlich für's Erſte immer noch für eine Fabula, für ein geträumtes Märlein erachte.“
„Von meinen ſilbernen Schuhſchnallen iſt's hergekom¬ men. Hat Er hier in Amelungsborn denn gar nichts davon vernommen, wie der Riſchelljöh bei mir zu Hauſe ge¬ wirthſchaftet hat, und wie auch ich arme Junge-Magd ihm meine Halsſpange, von meiner ſeligen Mutter her, und meine Schuhſchnallen habe abliefern müſſen? Zu uns in's Halberſtädtiſche ſchickte er ſeinen zweiten Spitz¬ buben-General, ſeinen argen Sohn*), und es iſt nachher an den guten Herzog Ferdinand geſchrieben worden, wie er in Perſon Hausſuchung gehalten hat und keinen Silberlöffel im Schrank und keinen Pathengulden in der Sparbüchſe und keinen Kelch in der Kirche gelaſſen hat, und ich habe ihm mit allen anderen Mädchen in unſerm Dorfe und in der Stadt Halberſtadt meine Halsſpange und Schuhſchnallen hergeben müſſen in ſeinen Raubſack. Das iſt im Jahr Achtundfünfzig ge¬ weſen und dann iſt der große Brand in unſerm Dorfe
*)Mr. le marquis de Voyer d'Argenson.
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hat mein Heinrich auch nicht gelogen, Herr! und an dem
Verhältniß iſt der franzöſiſche Herzog und Diebskönig
und Räuberhauptmann, der ſchlechte Kerl der Riſchelljöh
Schuld. Der hat uns zuſammen gebracht, mich und den
guten Herzog Ferdinand.“
„Dann erzähle Sie mir wenigſtens das Genauere
über dieſe Sache, welche ich wahrlich für's Erſte immer
noch für eine Fabula, für ein geträumtes Märlein
erachte.“
„Von meinen ſilbernen Schuhſchnallen iſt's hergekom¬
men. Hat Er hier in Amelungsborn denn gar nichts davon
vernommen, wie der Riſchelljöh bei mir zu Hauſe ge¬
wirthſchaftet hat, und wie auch ich arme Junge-Magd
ihm meine Halsſpange, von meiner ſeligen Mutter her,
und meine Schuhſchnallen habe abliefern müſſen? Zu
uns in's Halberſtädtiſche ſchickte er ſeinen zweiten Spitz¬
buben-General, ſeinen argen Sohn *), und es iſt nachher
an den guten Herzog Ferdinand geſchrieben worden, wie
er in Perſon Hausſuchung gehalten hat und keinen
Silberlöffel im Schrank und keinen Pathengulden in
der Sparbüchſe und keinen Kelch in der Kirche gelaſſen
hat, und ich habe ihm mit allen anderen Mädchen in
unſerm Dorfe und in der Stadt Halberſtadt meine
Halsſpange und Schuhſchnallen hergeben müſſen in
ſeinen Raubſack. Das iſt im Jahr Achtundfünfzig ge¬
weſen und dann iſt der große Brand in unſerm Dorfe
*)
Mr. le marquis de Voyer d'Argenson.
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/76>, abgerufen am 16.02.2025.
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