Weiß Er nicht, daß des Königs Fritzen linker Arm im Absterben ist, daß Seine Durchlaucht der Prinz Ferdi¬ nand bei Wellinghausen dem Feinde seinen letzten Sieg abgewonnen hat? Weiß Er nicht, Magister Buchius --"
Der Magister hatte nicht den kleinsten Augenblick Zeit für seinen hochgewaltigen Haus- und Brodherrn übrig. Seine Aufmerksamkeit war ganz allein auf diese mirakulöse Schlacht der Raben, der Vögel Wodans über Wodans Felde, über dem Odfelde gerichtet. Mit erhobenen Armen und Stock focht er die Schlacht mit. In seinem gelehrten Gehirn drehte es sich im Tummel wie dort in den Lüften dem Mons Fugleri zu. Armin und Germanicus, Sachse und Franke, die Liga und der Schwed' sie lagen sich, in Einen Knäuel verbissen, wiederum im Haar im Gau Tilithi, dem Ithgau, und der Magister Noah Buchius war von seiner Schule hinter sich gelassen worden, hatte so lange das Leben gehabt, um dieses Portentums mit eigenen Augen und bei vollen klaren übrigen Sinnen theilhaftig zu werden, und die Anwendung daraus zu ziehen für den eben vorhandenen Tag und die gegenwärtigen schreckens- und sorgenvollen Zeitläufte.
Es wäre sicherlich aber auch für den nüchterneren und in den exakten, den empirischen Wissenschaften besser beschlagenen Menschen des neunzehnten Jahrhunderts dieser Luftkampf nicht ohne Interesse gewesen, und es hatte sich für ihn, wenn er den schreibenden Ständen
Weiß Er nicht, daß des Königs Fritzen linker Arm im Abſterben iſt, daß Seine Durchlaucht der Prinz Ferdi¬ nand bei Wellinghauſen dem Feinde ſeinen letzten Sieg abgewonnen hat? Weiß Er nicht, Magiſter Buchius —“
Der Magiſter hatte nicht den kleinſten Augenblick Zeit für ſeinen hochgewaltigen Haus- und Brodherrn übrig. Seine Aufmerkſamkeit war ganz allein auf dieſe mirakulöſe Schlacht der Raben, der Vögel Wodans über Wodans Felde, über dem Odfelde gerichtet. Mit erhobenen Armen und Stock focht er die Schlacht mit. In ſeinem gelehrten Gehirn drehte es ſich im Tummel wie dort in den Lüften dem Mons Fugleri zu. Armin und Germanicus, Sachſe und Franke, die Liga und der Schwed' ſie lagen ſich, in Einen Knäuel verbiſſen, wiederum im Haar im Gau Tilithi, dem Ithgau, und der Magiſter Noah Buchius war von ſeiner Schule hinter ſich gelaſſen worden, hatte ſo lange das Leben gehabt, um dieſes Portentums mit eigenen Augen und bei vollen klaren übrigen Sinnen theilhaftig zu werden, und die Anwendung daraus zu ziehen für den eben vorhandenen Tag und die gegenwärtigen ſchreckens- und ſorgenvollen Zeitläufte.
Es wäre ſicherlich aber auch für den nüchterneren und in den exakten, den empiriſchen Wiſſenſchaften beſſer beſchlagenen Menſchen des neunzehnten Jahrhunderts dieſer Luftkampf nicht ohne Intereſſe geweſen, und es hatte ſich für ihn, wenn er den ſchreibenden Ständen
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Weiß Er nicht, daß des Königs Fritzen linker Arm im
Abſterben iſt, daß Seine Durchlaucht der Prinz Ferdi¬
nand bei Wellinghauſen dem Feinde ſeinen letzten
Sieg abgewonnen hat? Weiß Er nicht, Magiſter
Buchius —“
Der Magiſter hatte nicht den kleinſten Augenblick
Zeit für ſeinen hochgewaltigen Haus- und Brodherrn
übrig. Seine Aufmerkſamkeit war ganz allein auf dieſe
mirakulöſe Schlacht der Raben, der Vögel Wodans
über Wodans Felde, über dem Odfelde gerichtet. Mit
erhobenen Armen und Stock focht er die Schlacht mit.
In ſeinem gelehrten Gehirn drehte es ſich im Tummel
wie dort in den Lüften dem Mons Fugleri zu. Armin
und Germanicus, Sachſe und Franke, die Liga und
der Schwed' ſie lagen ſich, in Einen Knäuel verbiſſen,
wiederum im Haar im Gau Tilithi, dem Ithgau, und
der Magiſter Noah Buchius war von ſeiner Schule
hinter ſich gelaſſen worden, hatte ſo lange das Leben
gehabt, um dieſes Portentums mit eigenen Augen und
bei vollen klaren übrigen Sinnen theilhaftig zu werden,
und die Anwendung daraus zu ziehen für den eben
vorhandenen Tag und die gegenwärtigen ſchreckens- und
ſorgenvollen Zeitläufte.
Es wäre ſicherlich aber auch für den nüchterneren
und in den exakten, den empiriſchen Wiſſenſchaften beſſer
beſchlagenen Menſchen des neunzehnten Jahrhunderts
dieſer Luftkampf nicht ohne Intereſſe geweſen, und es
hatte ſich für ihn, wenn er den ſchreibenden Ständen
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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