Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.Vom Südwesten her über den Solling stieg es "Ich bitte Ihn, Herr," rief der Amtmann. "Sie "Wahrlich nicht! O sehe der Herr doch, es ist als "Bei uns! Herr, bei uns! Dort über dem Od¬ "Ueber dem bösen Gehäge -- dem Campus Odini, Vom Südweſten her über den Solling ſtieg es „Ich bitte Ihn, Herr,“ rief der Amtmann. „Sie „Wahrlich nicht! O ſehe der Herr doch, es iſt als „Bei uns! Herr, bei uns! Dort über dem Od¬ „Ueber dem böſen Gehäge — dem Campus Odini, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0037" n="29"/> <p>Vom Südweſten her über den Solling ſtieg es<lb/> ſchwarz herauf in den düſtern Abendhimmel. Nicht<lb/> ein finſteres Sturmgewölk, ſondern ein Krähenſchwarm,<lb/> kreiſchend, flügelſchlagend: ein unzählbares Heer des<lb/> Gevögels, ein Zug, der nimmer ein Ende zu nehmen<lb/> ſchien. Und vom Norden, über den Vogler und den<lb/> Ith zog es in gleicher Weiſe heran in den Lüften, wie<lb/> in Geſchwader geordnet, ein Zug hinter dem andern,<lb/> denen vom Süden entgegen.</p><lb/> <p>„Ich bitte Ihn, Herr,“ rief der Amtmann. „Sie<lb/> fliegen wohl ihrer Natur nach zu Haufen; aber hat<lb/> Er je dergleichen Vergadderung des Gezüchts wahrge¬<lb/> nommen?“</p><lb/> <p>„Wahrlich nicht! O ſehe der Herr doch, es iſt als<lb/> würden ſie von kriegserfahrenen Feldherren geführt.<lb/> Sie halten an. Sie ſchwenken wie zur Schlachtordnung<lb/> ein. Sie rüſten ſich wie zur Bataille.“</p><lb/> <p>„Bei uns! Herr, bei uns! Dort über dem Od¬<lb/> felde, über dem Quadhagen! So ſehe Er doch, ſehe Er<lb/> doch, Magiſter! Soll man denn hier ſeinen leiblichen<lb/> Augen trauen dürfen? Sie fahren wahrhaftig auf ſich<lb/> los, ſie brechen aufeinander ein, dort dem Quadhagen<lb/> zu und über dem Odfelde!“</p><lb/> <p>„Ueber dem böſen Gehäge — dem <hi rendition="#aq">Campus Odini</hi>,<lb/> dem Wodansfelde! Man ſollte es faſt als ein <hi rendition="#aq">Prae¬<lb/> sagium</hi> nehmen, daß ſie ſich gerade dieſe Stätte zur<lb/> Ausfechtung ihrer Streitigkeiten auserwählt haben. O<lb/> ſiehe, ſiehe, ſiehe, und immer mehr, immer neuer Zu¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0037]
Vom Südweſten her über den Solling ſtieg es
ſchwarz herauf in den düſtern Abendhimmel. Nicht
ein finſteres Sturmgewölk, ſondern ein Krähenſchwarm,
kreiſchend, flügelſchlagend: ein unzählbares Heer des
Gevögels, ein Zug, der nimmer ein Ende zu nehmen
ſchien. Und vom Norden, über den Vogler und den
Ith zog es in gleicher Weiſe heran in den Lüften, wie
in Geſchwader geordnet, ein Zug hinter dem andern,
denen vom Süden entgegen.
„Ich bitte Ihn, Herr,“ rief der Amtmann. „Sie
fliegen wohl ihrer Natur nach zu Haufen; aber hat
Er je dergleichen Vergadderung des Gezüchts wahrge¬
nommen?“
„Wahrlich nicht! O ſehe der Herr doch, es iſt als
würden ſie von kriegserfahrenen Feldherren geführt.
Sie halten an. Sie ſchwenken wie zur Schlachtordnung
ein. Sie rüſten ſich wie zur Bataille.“
„Bei uns! Herr, bei uns! Dort über dem Od¬
felde, über dem Quadhagen! So ſehe Er doch, ſehe Er
doch, Magiſter! Soll man denn hier ſeinen leiblichen
Augen trauen dürfen? Sie fahren wahrhaftig auf ſich
los, ſie brechen aufeinander ein, dort dem Quadhagen
zu und über dem Odfelde!“
„Ueber dem böſen Gehäge — dem Campus Odini,
dem Wodansfelde! Man ſollte es faſt als ein Prae¬
sagium nehmen, daß ſie ſich gerade dieſe Stätte zur
Ausfechtung ihrer Streitigkeiten auserwählt haben. O
ſiehe, ſiehe, ſiehe, und immer mehr, immer neuer Zu¬
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