drunter wollte, weil ihn der Herr Amtmann in der Zornwuth mit dem spanischen Rohr über die Faust geschlagen hatte!..."
Mit zerfetzten Kleidern die Weiber; die Männer auch; aber dazu mit blutigen Köpfen, mit Beulen von Kolbenstößen und mit blauen, blutrünstigen Striemen von der flachen Klinge! Alle zerzaust, halb verhungert, triefend vom Regen, zitternd im Novemberwind, im Schlamm der Heerstraße versinkend --
"Westphalen, Westphalen, sehen Sie, was zu thun -- sehen Sie, wie den Leuten zu helfen ist! Kinder, reißt mich vom Gaul, zertheilt mich unter euch; aber kommt mir jetzt nicht in den Weg. Ja, Du Kind, armes Kind, Dir bin ich schon einmal begegnet auf eben solchem schlimmen Wege. Das ist mein Wahrzeichen, mein Rockknopf. In Braunschweig solltest Du damit zu mir kommen. Bist Du auch aus Bevern?"
"Nein, Herr Durchlaucht Ferdinand. Nur aus dem Halberstädt'schen; aber mein Heinrich ist aus Lenne und der Herr Klosteramtmann --"
"Das geht da vorn gar nicht voran! Lord Fre¬ deric Cavendish, ich bitte Sie!... the welsh Fusiliers schärfer nach in die Berge! Nicht vor die Füße sehen! Vorwärts und durch! Kann Bibow mit den braun¬ schweigischen Karabiniers nicht um den Lagerbrand herum dem Herrn Marquis von Poyanne plus energiquement auf den Hacken bleiben?... Ja, Kinder, Kinder, es wird noch Alles gut werden! Ihr seid da aus dem Dorfe, Leute?
drunter wollte, weil ihn der Herr Amtmann in der Zornwuth mit dem ſpaniſchen Rohr über die Fauſt geſchlagen hatte!...“
Mit zerfetzten Kleidern die Weiber; die Männer auch; aber dazu mit blutigen Köpfen, mit Beulen von Kolbenſtößen und mit blauen, blutrünſtigen Striemen von der flachen Klinge! Alle zerzauſt, halb verhungert, triefend vom Regen, zitternd im Novemberwind, im Schlamm der Heerſtraße verſinkend —
„Weſtphalen, Weſtphalen, ſehen Sie, was zu thun — ſehen Sie, wie den Leuten zu helfen iſt! Kinder, reißt mich vom Gaul, zertheilt mich unter euch; aber kommt mir jetzt nicht in den Weg. Ja, Du Kind, armes Kind, Dir bin ich ſchon einmal begegnet auf eben ſolchem ſchlimmen Wege. Das iſt mein Wahrzeichen, mein Rockknopf. In Braunſchweig ſollteſt Du damit zu mir kommen. Biſt Du auch aus Bevern?“
„Nein, Herr Durchlaucht Ferdinand. Nur aus dem Halberſtädt'ſchen; aber mein Heinrich iſt aus Lenne und der Herr Kloſteramtmann —“
„Das geht da vorn gar nicht voran! Lord Fre¬ deric Cavendiſh, ich bitte Sie!... the welsh Fusiliers ſchärfer nach in die Berge! Nicht vor die Füße ſehen! Vorwärts und durch! Kann Bibow mit den braun¬ ſchweigiſchen Karabiniers nicht um den Lagerbrand herum dem Herrn Marquis von Poyanne plus energiquement auf den Hacken bleiben?... Ja, Kinder, Kinder, es wird noch Alles gut werden! Ihr ſeid da aus dem Dorfe, Leute?
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drunter wollte, weil ihn der Herr Amtmann in der
Zornwuth mit dem ſpaniſchen Rohr über die Fauſt
geſchlagen hatte!...“
Mit zerfetzten Kleidern die Weiber; die Männer
auch; aber dazu mit blutigen Köpfen, mit Beulen von
Kolbenſtößen und mit blauen, blutrünſtigen Striemen
von der flachen Klinge! Alle zerzauſt, halb verhungert,
triefend vom Regen, zitternd im Novemberwind, im
Schlamm der Heerſtraße verſinkend —
„Weſtphalen, Weſtphalen, ſehen Sie, was zu thun
— ſehen Sie, wie den Leuten zu helfen iſt! Kinder,
reißt mich vom Gaul, zertheilt mich unter euch; aber
kommt mir jetzt nicht in den Weg. Ja, Du Kind, armes
Kind, Dir bin ich ſchon einmal begegnet auf eben
ſolchem ſchlimmen Wege. Das iſt mein Wahrzeichen,
mein Rockknopf. In Braunſchweig ſollteſt Du damit
zu mir kommen. Biſt Du auch aus Bevern?“
„Nein, Herr Durchlaucht Ferdinand. Nur aus dem
Halberſtädt'ſchen; aber mein Heinrich iſt aus Lenne
und der Herr Kloſteramtmann —“
„Das geht da vorn gar nicht voran! Lord Fre¬
deric Cavendiſh, ich bitte Sie!... the welsh Fusiliers
ſchärfer nach in die Berge! Nicht vor die Füße ſehen!
Vorwärts und durch! Kann Bibow mit den braun¬
ſchweigiſchen Karabiniers nicht um den Lagerbrand herum
dem Herrn Marquis von Poyanne plus energiquement
auf den Hacken bleiben?... Ja, Kinder, Kinder, es wird
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/255>, abgerufen am 26.07.2024.
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