Wie die Kinder thaten sie, was ihnen gerathen wurde; und saßen eine geraume Weile still, auf die Schlacht draußen horchend, auf diesen Donner, der nur wie ein unterbrochenes leises Murren durch die Felsen¬ spalten zu ihnen in die Tiefe hinabdrang.
Als sie wiederum aufblickten, merkten sie, daß der schwache Schimmer des Tageslichtes, welcher durch die¬ selben Steinritzen in ihren Zufluchtsort eindrang, ge¬ nügte, sie "lebendig im Grabe" bei Besinnung zu er¬ halten.
Fünf weitere Minuten später seufzte Thedel wahr¬ haft kläglich vor sich hin:
"Und das hat Er herausgefunden?!.. Er! Und Wir haben gemeint, der Wald und der Berg vier Stunden um Amelungsborn sei nur für uns in die Welt hingestellt worden! Jetzt steckt er uns Alle in die Tasche, und der Bauerochse Schelze kann ihm nur verstohlen auf der Fährte folgen. Es ist eine Blamage für die ganze Schule, und es war die allerhöchste Zeit, daß sie aus der lichtgrünen Waldgloria nach Holzminden zu den Schustern und Schneidern verlegt wurde."
Laut rief er, -- im rand- und bandlos hervor¬ brechenden Enthusiasmo schrie er:
"Vivat der Herr Magister Buchius! Der Herzog Ferdinand und die Canaillen, der Poyanne und der Chabot müssen sich am Ith treffen, daß das Letzte vom richtigen Amelungsborner Cötus nun, da es zu spät
Raabe, Das Odfeld. 14
Wie die Kinder thaten ſie, was ihnen gerathen wurde; und ſaßen eine geraume Weile ſtill, auf die Schlacht draußen horchend, auf dieſen Donner, der nur wie ein unterbrochenes leiſes Murren durch die Felſen¬ ſpalten zu ihnen in die Tiefe hinabdrang.
Als ſie wiederum aufblickten, merkten ſie, daß der ſchwache Schimmer des Tageslichtes, welcher durch die¬ ſelben Steinritzen in ihren Zufluchtsort eindrang, ge¬ nügte, ſie „lebendig im Grabe“ bei Beſinnung zu er¬ halten.
Fünf weitere Minuten ſpäter ſeufzte Thedel wahr¬ haft kläglich vor ſich hin:
„Und das hat Er herausgefunden?!.. Er! Und Wir haben gemeint, der Wald und der Berg vier Stunden um Amelungsborn ſei nur für uns in die Welt hingeſtellt worden! Jetzt ſteckt er uns Alle in die Taſche, und der Bauerochſe Schelze kann ihm nur verſtohlen auf der Fährte folgen. Es iſt eine Blamage für die ganze Schule, und es war die allerhöchſte Zeit, daß ſie aus der lichtgrünen Waldgloria nach Holzminden zu den Schuſtern und Schneidern verlegt wurde.“
Laut rief er, — im rand- und bandlos hervor¬ brechenden Enthuſiasmo ſchrie er:
„Vivat der Herr Magiſter Buchius! Der Herzog Ferdinand und die Canaillen, der Poyanne und der Chabot müſſen ſich am Ith treffen, daß das Letzte vom richtigen Amelungsborner Cötus nun, da es zu ſpät
Raabe, Das Odfeld. 14
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Wie die Kinder thaten ſie, was ihnen gerathen
wurde; und ſaßen eine geraume Weile ſtill, auf die
Schlacht draußen horchend, auf dieſen Donner, der nur
wie ein unterbrochenes leiſes Murren durch die Felſen¬
ſpalten zu ihnen in die Tiefe hinabdrang.
Als ſie wiederum aufblickten, merkten ſie, daß der
ſchwache Schimmer des Tageslichtes, welcher durch die¬
ſelben Steinritzen in ihren Zufluchtsort eindrang, ge¬
nügte, ſie „lebendig im Grabe“ bei Beſinnung zu er¬
halten.
Fünf weitere Minuten ſpäter ſeufzte Thedel wahr¬
haft kläglich vor ſich hin:
„Und das hat Er herausgefunden?!.. Er! Und
Wir haben gemeint, der Wald und der Berg vier
Stunden um Amelungsborn ſei nur für uns in die
Welt hingeſtellt worden! Jetzt ſteckt er uns Alle in
die Taſche, und der Bauerochſe Schelze kann ihm nur
verſtohlen auf der Fährte folgen. Es iſt eine Blamage
für die ganze Schule, und es war die allerhöchſte Zeit,
daß ſie aus der lichtgrünen Waldgloria nach Holzminden
zu den Schuſtern und Schneidern verlegt wurde.“
Laut rief er, — im rand- und bandlos hervor¬
brechenden Enthuſiasmo ſchrie er:
„Vivat der Herr Magiſter Buchius! Der Herzog
Ferdinand und die Canaillen, der Poyanne und der
Chabot müſſen ſich am Ith treffen, daß das Letzte vom
richtigen Amelungsborner Cötus nun, da es zu ſpät
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/217>, abgerufen am 26.07.2024.
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