"Ach Gott, so wahr mir Gott in meiner Noth helfe, Herr Magister; ich habe keinem, keinem Menschen davon gesagt, so wahr ich ehrlich bin, liebster, liebster Herr Magister! Wenn sie's nicht in diesem Tumult ge¬ funden haben, kennt den Ort kein Anderer, als wir zwei Beide!"
"Es giebt keine Stätte für Dich auf Erden, wo Du kannst sagen, Du bist allein zu Hause," seufzte Magister Buchius nach einer Weile: und wieder nach einer Weile fügte er hinzu: "Es ist so, und es wird also wohl das Beste sein."
"Heinrich, ich seh's dem Herrn Magister an, daß Du ihm einen Verdruß gemacht hast!" rief aber jetzt Wieschen. "Sag's gleich, -- ich will's, sag's gleich, was es gewesen ist." Und nun noch darzu gar heute!"
"Sei nur ruhig, Wieschen. Nichts ist's!" lächelte der alte Herr zu der erschreckten, thränenvollen Magd empor. "Und grade heute, Wieschen, kommt's weniger als vorher mir drauf an, daß Dein Schatz auch dort Bescheid zu wissen scheint, wo der alte Magister Buchius die thebaische Wüste ganz für sich allein zu haben ver¬ meinte. Heute -- jetzt seid ihr Alle -- auch Er, lieber von Münchhausen, hier willkommen, wo ich mir bei den Thieren der Wildniß als Einsiedler ein Unter¬ kommen ausgemachet hatte, wann -- mir eure Lustigkeit im Kloster ein wenig zu arg wurde, lieber Monsieur Thedel."
"Du bist auch dabei gewesen, Heinrich!" rief
„Ach Gott, ſo wahr mir Gott in meiner Noth helfe, Herr Magiſter; ich habe keinem, keinem Menſchen davon geſagt, ſo wahr ich ehrlich bin, liebſter, liebſter Herr Magiſter! Wenn ſie's nicht in dieſem Tumult ge¬ funden haben, kennt den Ort kein Anderer, als wir zwei Beide!“
„Es giebt keine Stätte für Dich auf Erden, wo Du kannſt ſagen, Du biſt allein zu Hauſe,“ ſeufzte Magiſter Buchius nach einer Weile: und wieder nach einer Weile fügte er hinzu: „Es iſt ſo, und es wird alſo wohl das Beſte ſein.“
„Heinrich, ich ſeh's dem Herrn Magiſter an, daß Du ihm einen Verdruß gemacht haſt!“ rief aber jetzt Wieſchen. „Sag's gleich, — ich will's, ſag's gleich, was es geweſen iſt.“ Und nun noch darzu gar heute!“
„Sei nur ruhig, Wieſchen. Nichts iſt's!“ lächelte der alte Herr zu der erſchreckten, thränenvollen Magd empor. „Und grade heute, Wieſchen, kommt's weniger als vorher mir drauf an, daß Dein Schatz auch dort Beſcheid zu wiſſen ſcheint, wo der alte Magiſter Buchius die thebaiſche Wüſte ganz für ſich allein zu haben ver¬ meinte. Heute — jetzt ſeid ihr Alle — auch Er, lieber von Münchhauſen, hier willkommen, wo ich mir bei den Thieren der Wildniß als Einſiedler ein Unter¬ kommen ausgemachet hatte, wann — mir eure Luſtigkeit im Kloſter ein wenig zu arg wurde, lieber Monſieur Thedel.“
„Du biſt auch dabei geweſen, Heinrich!“ rief
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„Ach Gott, ſo wahr mir Gott in meiner Noth helfe,
Herr Magiſter; ich habe keinem, keinem Menſchen davon
geſagt, ſo wahr ich ehrlich bin, liebſter, liebſter Herr
Magiſter! Wenn ſie's nicht in dieſem Tumult ge¬
funden haben, kennt den Ort kein Anderer, als wir
zwei Beide!“
„Es giebt keine Stätte für Dich auf Erden, wo
Du kannſt ſagen, Du biſt allein zu Hauſe,“ ſeufzte
Magiſter Buchius nach einer Weile: und wieder nach
einer Weile fügte er hinzu: „Es iſt ſo, und es wird
alſo wohl das Beſte ſein.“
„Heinrich, ich ſeh's dem Herrn Magiſter an, daß
Du ihm einen Verdruß gemacht haſt!“ rief aber jetzt
Wieſchen. „Sag's gleich, — ich will's, ſag's gleich,
was es geweſen iſt.“ Und nun noch darzu gar heute!“
„Sei nur ruhig, Wieſchen. Nichts iſt's!“ lächelte
der alte Herr zu der erſchreckten, thränenvollen Magd
empor. „Und grade heute, Wieſchen, kommt's weniger
als vorher mir drauf an, daß Dein Schatz auch dort
Beſcheid zu wiſſen ſcheint, wo der alte Magiſter Buchius
die thebaiſche Wüſte ganz für ſich allein zu haben ver¬
meinte. Heute — jetzt ſeid ihr Alle — auch Er, lieber
von Münchhauſen, hier willkommen, wo ich mir bei
den Thieren der Wildniß als Einſiedler ein Unter¬
kommen ausgemachet hatte, wann — mir eure Luſtigkeit
im Kloſter ein wenig zu arg wurde, lieber Monſieur
Thedel.“
„Du biſt auch dabei geweſen, Heinrich!“ rief
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/190>, abgerufen am 16.02.2025.
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