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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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"Die Franzosen! Ei, ei. Aber -- nae ego --
Er, Monsieur Thedel? Ja aber ist Er -- wie kommt
Er?... Ja so!"

Mit den letzten zwei Worten war Magister Buchius
wieder vollkommen bei sich und mit allen vom Himmel
gespendeten Seelenkräften beim laufenden Tage:

"So hat Er Recht gehabt, Musjeh Thedel; und
uns möge Gott noch einmal gnädig sein, wie er uns
schon so oft geholfen hat."

"Er wird's ja wohl, -- sich Einer, das schwarze
Vieh da auf dem Bettpfosten vertraut ganz auf ihn
und läßt sich's in seinem gesunden Schlaf nicht küm¬
mern."

"Der Bote hat seinen Auftrag ausgerichtet und
braucht sich freilich das Uebrige nicht kümmern zu lassen,"
seufzte bänglich der Magister, den linken Fuß zuerst
auf den Gipsboden vor seinem Bett stellend, was
gleichfalls sein gutes Vorzeichen sein soll:

"Quo, quo scelesti -- welch' ein Lärm, welch' ein
Tumult der Hölle! Sie wollen diesmal jedes Gemäuer
dem Grunde gleich machen --"

"Da nehme Er die Lampe!" rief der Schüler, und
vergeblich rief ihm der Magister Buchius nach:

"Herr von Münchhausen! Aber Musjeh -- Mon¬
sieur Thedel!"

Der gute Junge hatte schon sein Möglichstes ge¬
than, daß er sich zuerst und so lange dem Vater
Anchises gewidmet hatte; jetzo hörte er Creusen schreien,

„Die Franzoſen! Ei, ei. Aber — nae ego
Er, Monſieur Thedel? Ja aber iſt Er — wie kommt
Er?... Ja ſo!“

Mit den letzten zwei Worten war Magiſter Buchius
wieder vollkommen bei ſich und mit allen vom Himmel
geſpendeten Seelenkräften beim laufenden Tage:

„So hat Er Recht gehabt, Musjeh Thedel; und
uns möge Gott noch einmal gnädig ſein, wie er uns
ſchon ſo oft geholfen hat.“

„Er wird's ja wohl, — ſich Einer, das ſchwarze
Vieh da auf dem Bettpfoſten vertraut ganz auf ihn
und läßt ſich's in ſeinem geſunden Schlaf nicht küm¬
mern.“

„Der Bote hat ſeinen Auftrag ausgerichtet und
braucht ſich freilich das Uebrige nicht kümmern zu laſſen,“
ſeufzte bänglich der Magiſter, den linken Fuß zuerſt
auf den Gipsboden vor ſeinem Bett ſtellend, was
gleichfalls ſein gutes Vorzeichen ſein ſoll:

„Quo, quo scelesti — welch' ein Lärm, welch' ein
Tumult der Hölle! Sie wollen diesmal jedes Gemäuer
dem Grunde gleich machen —“

„Da nehme Er die Lampe!“ rief der Schüler, und
vergeblich rief ihm der Magiſter Buchius nach:

„Herr von Münchhauſen! Aber Musjeh — Mon¬
ſieur Thedel!“

Der gute Junge hatte ſchon ſein Möglichſtes ge¬
than, daß er ſich zuerſt und ſo lange dem Vater
Anchiſes gewidmet hatte; jetzo hörte er Crëuſen ſchreien,

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[127/0135] „Die Franzoſen! Ei, ei. Aber — nae ego — Er, Monſieur Thedel? Ja aber iſt Er — wie kommt Er?... Ja ſo!“ Mit den letzten zwei Worten war Magiſter Buchius wieder vollkommen bei ſich und mit allen vom Himmel geſpendeten Seelenkräften beim laufenden Tage: „So hat Er Recht gehabt, Musjeh Thedel; und uns möge Gott noch einmal gnädig ſein, wie er uns ſchon ſo oft geholfen hat.“ „Er wird's ja wohl, — ſich Einer, das ſchwarze Vieh da auf dem Bettpfoſten vertraut ganz auf ihn und läßt ſich's in ſeinem geſunden Schlaf nicht küm¬ mern.“ „Der Bote hat ſeinen Auftrag ausgerichtet und braucht ſich freilich das Uebrige nicht kümmern zu laſſen,“ ſeufzte bänglich der Magiſter, den linken Fuß zuerſt auf den Gipsboden vor ſeinem Bett ſtellend, was gleichfalls ſein gutes Vorzeichen ſein ſoll: „Quo, quo scelesti — welch' ein Lärm, welch' ein Tumult der Hölle! Sie wollen diesmal jedes Gemäuer dem Grunde gleich machen —“ „Da nehme Er die Lampe!“ rief der Schüler, und vergeblich rief ihm der Magiſter Buchius nach: „Herr von Münchhauſen! Aber Musjeh — Mon¬ ſieur Thedel!“ Der gute Junge hatte ſchon ſein Möglichſtes ge¬ than, daß er ſich zuerſt und ſo lange dem Vater Anchiſes gewidmet hatte; jetzo hörte er Crëuſen ſchreien,

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/135>, abgerufen am 27.11.2024.