als das da für den Verschmachteten. O Dieterice, Dieterice, und die Frau Amtmannin wird weder um meinet- noch um Seinetwegen zu so nachtschlafender Stunde den Schlüssel zum Küchenschrank unter dem Kopfkissen vorlangen."
Musjeh Thedel stieß zwischen seinem Kauen, Schlingen und Schlucken einen Laut aus, der seine Gefühle in Betreff der Frau Klosteramtmannin vollkommen deutlich ausdrückte. Als er den ersten freien Athem wieder¬ gewonnen hatte, seufzte er mit der Befriedigung des für's Erste wenigstens noch einmal vom Verhungern Geretteten:
"Sufficit. Es genüget vor's Erste; -- erzähle Er, Wanderer zu Sparta, daß Du mich dankbar erblicket hast für das, was Gott gegeben und Amelungsborn übrig und frei und offen auf'm Tische liegen gelassen hat. Auf dem Wege von Holzminden her hatte kein Bauer mehr was! Sie hatten alles in die Erde ver¬ graben und in hohlen Bäumen versteckt vor dem Marquis von Poyanne."
Magister Buchius drückte beide Hände an die Schläfen: "Es ist ein Wirbel! man überschläget sich im Abysso! Ja, auch der Feind! Man vergisset im selbigen Moment das Eine über das Andere! Ja, auch das, auch das, auch das! Die Franzosen kommen wieder, und Er ist eben auch gekommen, Münchhausen -- und Wieschen und Heinrich Schelze und Mamsell Selinde und die Schlacht auf dem Odfelde -- die Rabenschlacht und
als das da für den Verſchmachteten. O Dieterice, Dieterice, und die Frau Amtmannin wird weder um meinet- noch um Seinetwegen zu ſo nachtſchlafender Stunde den Schlüſſel zum Küchenſchrank unter dem Kopfkiſſen vorlangen.“
Musjeh Thedel ſtieß zwiſchen ſeinem Kauen, Schlingen und Schlucken einen Laut aus, der ſeine Gefühle in Betreff der Frau Kloſteramtmannin vollkommen deutlich ausdrückte. Als er den erſten freien Athem wieder¬ gewonnen hatte, ſeufzte er mit der Befriedigung des für's Erſte wenigſtens noch einmal vom Verhungern Geretteten:
„Sufficit. Es genüget vor's Erſte; — erzähle Er, Wanderer zu Sparta, daß Du mich dankbar erblicket haſt für das, was Gott gegeben und Amelungsborn übrig und frei und offen auf'm Tiſche liegen gelaſſen hat. Auf dem Wege von Holzminden her hatte kein Bauer mehr was! Sie hatten alles in die Erde ver¬ graben und in hohlen Bäumen verſteckt vor dem Marquis von Poyanne.“
Magiſter Buchius drückte beide Hände an die Schläfen: „Es iſt ein Wirbel! man überſchläget ſich im Abyſſo! Ja, auch der Feind! Man vergiſſet im ſelbigen Moment das Eine über das Andere! Ja, auch das, auch das, auch das! Die Franzoſen kommen wieder, und Er iſt eben auch gekommen, Münchhauſen — und Wieſchen und Heinrich Schelze und Mamſell Selinde und die Schlacht auf dem Odfelde — die Rabenſchlacht und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0113"n="105"/>
als das da für den Verſchmachteten. O Dieterice,<lb/>
Dieterice, und die Frau Amtmannin wird weder um<lb/>
meinet- noch um Seinetwegen zu ſo nachtſchlafender<lb/>
Stunde den Schlüſſel zum Küchenſchrank unter dem<lb/>
Kopfkiſſen vorlangen.“</p><lb/><p>Musjeh Thedel ſtieß zwiſchen ſeinem Kauen, Schlingen<lb/>
und Schlucken einen Laut aus, der ſeine Gefühle in<lb/>
Betreff der Frau Kloſteramtmannin vollkommen deutlich<lb/>
ausdrückte. Als er den erſten freien Athem wieder¬<lb/>
gewonnen hatte, ſeufzte er mit der Befriedigung des<lb/>
für's Erſte wenigſtens noch einmal vom Verhungern<lb/>
Geretteten:</p><lb/><p>„<hirendition="#aq">Sufficit</hi>. Es genüget vor's Erſte; — erzähle Er,<lb/>
Wanderer zu Sparta, daß Du mich dankbar erblicket<lb/>
haſt für das, was Gott gegeben und Amelungsborn<lb/>
übrig und frei und offen auf'm Tiſche liegen gelaſſen<lb/>
hat. Auf dem Wege von Holzminden her hatte kein<lb/>
Bauer mehr was! Sie hatten alles in die Erde ver¬<lb/>
graben und in hohlen Bäumen verſteckt vor dem Marquis<lb/>
von Poyanne.“</p><lb/><p>Magiſter Buchius drückte beide Hände an die Schläfen:<lb/>„Es iſt ein Wirbel! man überſchläget ſich im Abyſſo!<lb/>
Ja, auch der Feind! Man vergiſſet im ſelbigen Moment<lb/>
das Eine über das Andere! Ja, auch das, auch das,<lb/>
auch das! Die Franzoſen kommen wieder, und Er iſt<lb/>
eben auch gekommen, Münchhauſen — und Wieſchen<lb/>
und Heinrich Schelze und Mamſell Selinde und die<lb/>
Schlacht auf dem Odfelde — die Rabenſchlacht und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[105/0113]
als das da für den Verſchmachteten. O Dieterice,
Dieterice, und die Frau Amtmannin wird weder um
meinet- noch um Seinetwegen zu ſo nachtſchlafender
Stunde den Schlüſſel zum Küchenſchrank unter dem
Kopfkiſſen vorlangen.“
Musjeh Thedel ſtieß zwiſchen ſeinem Kauen, Schlingen
und Schlucken einen Laut aus, der ſeine Gefühle in
Betreff der Frau Kloſteramtmannin vollkommen deutlich
ausdrückte. Als er den erſten freien Athem wieder¬
gewonnen hatte, ſeufzte er mit der Befriedigung des
für's Erſte wenigſtens noch einmal vom Verhungern
Geretteten:
„Sufficit. Es genüget vor's Erſte; — erzähle Er,
Wanderer zu Sparta, daß Du mich dankbar erblicket
haſt für das, was Gott gegeben und Amelungsborn
übrig und frei und offen auf'm Tiſche liegen gelaſſen
hat. Auf dem Wege von Holzminden her hatte kein
Bauer mehr was! Sie hatten alles in die Erde ver¬
graben und in hohlen Bäumen verſteckt vor dem Marquis
von Poyanne.“
Magiſter Buchius drückte beide Hände an die Schläfen:
„Es iſt ein Wirbel! man überſchläget ſich im Abyſſo!
Ja, auch der Feind! Man vergiſſet im ſelbigen Moment
das Eine über das Andere! Ja, auch das, auch das,
auch das! Die Franzoſen kommen wieder, und Er iſt
eben auch gekommen, Münchhauſen — und Wieſchen
und Heinrich Schelze und Mamſell Selinde und die
Schlacht auf dem Odfelde — die Rabenſchlacht und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/113>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.