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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Deinem entsetzlichen Freunde sein Hausrath und sein
Haus in eurem unheimlichen, schrecklichen Vogel¬
sang!"

Nachher wurde es mir in dieser Nacht doch wieder
etwas zweifelhaft, ob ein leichtbewegtes Herz ein elend
Gut auf der wankenden Erde sei und der Freund im
Rechte, sich davon frei zu machen.


Daß er sich wie Herostrat für das Pantheon
der Weltgeschichte vorbereite, behaupteten gegen das
Ende des damaligen Winters nur die alten guten geist¬
reichen Bekannten vom Schlage Schwager Schlappe
und Genossen, und hatten ihren souveränen Spaß
daran. Die Mehrzahl des Theiles der Stadtbevölkerung,
der von ihm wußte, blieb dabei, er sei einfach für
das Landesirrenhaus reif; und doch schlug die
Stimmung mehr und mehr für ihn um. Und daran
war dann wie gewöhnlich eine Minderzahl schuld,
die meistens ihre Meinung nur so beiläufig über ihn
aussprach, der er aber doch sehr im Kopfe herumge¬
gangen sein mußte und auf deren Worte Manche,
ja Viele etwas gaben. Als mir ein hoher Chef sagte:
"Ein drolliger Patron; aber unter Umständen eigentlich

Deinem entſetzlichen Freunde ſein Hausrath und ſein
Haus in eurem unheimlichen, ſchrecklichen Vogel¬
ſang!“

Nachher wurde es mir in dieſer Nacht doch wieder
etwas zweifelhaft, ob ein leichtbewegtes Herz ein elend
Gut auf der wankenden Erde ſei und der Freund im
Rechte, ſich davon frei zu machen.


Daß er ſich wie Heroſtrat für das Pantheon
der Weltgeſchichte vorbereite, behaupteten gegen das
Ende des damaligen Winters nur die alten guten geiſt¬
reichen Bekannten vom Schlage Schwager Schlappe
und Genoſſen, und hatten ihren ſouveränen Spaß
daran. Die Mehrzahl des Theiles der Stadtbevölkerung,
der von ihm wußte, blieb dabei, er ſei einfach für
das Landesirrenhaus reif; und doch ſchlug die
Stimmung mehr und mehr für ihn um. Und daran
war dann wie gewöhnlich eine Minderzahl ſchuld,
die meiſtens ihre Meinung nur ſo beiläufig über ihn
ausſprach, der er aber doch ſehr im Kopfe herumge¬
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[264/0274] Deinem entſetzlichen Freunde ſein Hausrath und ſein Haus in eurem unheimlichen, ſchrecklichen Vogel¬ ſang!“ Nachher wurde es mir in dieſer Nacht doch wieder etwas zweifelhaft, ob ein leichtbewegtes Herz ein elend Gut auf der wankenden Erde ſei und der Freund im Rechte, ſich davon frei zu machen. Daß er ſich wie Heroſtrat für das Pantheon der Weltgeſchichte vorbereite, behaupteten gegen das Ende des damaligen Winters nur die alten guten geiſt¬ reichen Bekannten vom Schlage Schwager Schlappe und Genoſſen, und hatten ihren ſouveränen Spaß daran. Die Mehrzahl des Theiles der Stadtbevölkerung, der von ihm wußte, blieb dabei, er ſei einfach für das Landesirrenhaus reif; und doch ſchlug die Stimmung mehr und mehr für ihn um. Und daran war dann wie gewöhnlich eine Minderzahl ſchuld, die meiſtens ihre Meinung nur ſo beiläufig über ihn ausſprach, der er aber doch ſehr im Kopfe herumge¬ gangen ſein mußte und auf deren Worte Manche, ja Viele etwas gaben. Als mir ein hoher Chef ſagte: „Ein drolliger Patron; aber unter Umſtänden eigentlich

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/274>, abgerufen am 22.11.2024.