stellen, ich erwarte nur noch das erste Ofenfeuer dazu."
"Das erste Ofenfeuer?"
"Mir ist niemals ein Winter zu meinem Fort¬ kommen im Leben mehr zu paß gekommen, als wie der diesjährige. Jawohl, demnächst heizen wir, Krumhardt." --
Ja, und er ist so gut wie sein Wort gewesen. Als das Wetterglas seines Vaters nach Reaumur unter zwölf Grad in der Wohnstube seiner Eltern sank, fing er an zu heizen, und zwar mit seinem Erbtheil aus und vom Vogelsang. Er heizte mit seinem Hausrath.
Es war Riekchen Schellenbaum, die am Tage nach dem ersten Ofenfeuer nicht zu mir, sondern zu meiner Frau mit der Nachricht kam:
"Mit der seligen Frau Doktern ihrem Nähtisch hat er angefangen. Ich bin fast des Todes ge¬ worden als er ihn im Hofe entzweischlug und mich mit den Beinen Feuer anmachen ließ. Mit den Schubladen und Allem, was drinnen war, hat er selbst weiter geheizt! Der arme Herr! O, wenn doch der Herr Assessor mal kommen würde und nach ihm sehen! Heute Morgen hat er des seligen Herrn Vaters Schreibtisch von der Wand abgerückt, und ich
ſtellen, ich erwarte nur noch das erſte Ofenfeuer dazu.“
„Das erſte Ofenfeuer?“
„Mir iſt niemals ein Winter zu meinem Fort¬ kommen im Leben mehr zu paß gekommen, als wie der diesjährige. Jawohl, demnächſt heizen wir, Krumhardt.“ —
Ja, und er iſt ſo gut wie ſein Wort geweſen. Als das Wetterglas ſeines Vaters nach Reaumur unter zwölf Grad in der Wohnſtube ſeiner Eltern ſank, fing er an zu heizen, und zwar mit ſeinem Erbtheil aus und vom Vogelſang. Er heizte mit ſeinem Hausrath.
Es war Riekchen Schellenbaum, die am Tage nach dem erſten Ofenfeuer nicht zu mir, ſondern zu meiner Frau mit der Nachricht kam:
„Mit der ſeligen Frau Doktern ihrem Nähtiſch hat er angefangen. Ich bin faſt des Todes ge¬ worden als er ihn im Hofe entzweiſchlug und mich mit den Beinen Feuer anmachen ließ. Mit den Schubladen und Allem, was drinnen war, hat er ſelbſt weiter geheizt! Der arme Herr! O, wenn doch der Herr Aſſeſſor mal kommen würde und nach ihm ſehen! Heute Morgen hat er des ſeligen Herrn Vaters Schreibtiſch von der Wand abgerückt, und ich
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ſtellen, ich erwarte nur noch das erſte Ofenfeuer
dazu.“
„Das erſte Ofenfeuer?“
„Mir iſt niemals ein Winter zu meinem Fort¬
kommen im Leben mehr zu paß gekommen, als wie
der diesjährige. Jawohl, demnächſt heizen wir,
Krumhardt.“ —
Ja, und er iſt ſo gut wie ſein Wort geweſen.
Als das Wetterglas ſeines Vaters nach Reaumur
unter zwölf Grad in der Wohnſtube ſeiner Eltern
ſank, fing er an zu heizen, und zwar mit ſeinem
Erbtheil aus und vom Vogelſang. Er heizte mit ſeinem
Hausrath.
Es war Riekchen Schellenbaum, die am Tage
nach dem erſten Ofenfeuer nicht zu mir, ſondern zu
meiner Frau mit der Nachricht kam:
„Mit der ſeligen Frau Doktern ihrem Nähtiſch
hat er angefangen. Ich bin faſt des Todes ge¬
worden als er ihn im Hofe entzweiſchlug und mich
mit den Beinen Feuer anmachen ließ. Mit den
Schubladen und Allem, was drinnen war, hat er
ſelbſt weiter geheizt! Der arme Herr! O, wenn doch
der Herr Aſſeſſor mal kommen würde und nach ihm
ſehen! Heute Morgen hat er des ſeligen Herrn
Vaters Schreibtiſch von der Wand abgerückt, und ich
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/265>, abgerufen am 16.02.2025.
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