Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.Doktern, aber Schmerzen und Ängsten hat sie gottlob "Jawohl, das sind nun alle ihre Sorgen, Krum¬ "Velten, Velten, Du versäumst wahrhaftig den Leise strich der Sohn über die Stirn der Mutter "Das letzte war ein neues Wort. Die anderen "Das wird ein schöner aber heißer Tag," mur¬ "Einer der Schlimmsten, die ich gesehen habe, Doktern, aber Schmerzen und Ängſten hat ſie gottlob „Jawohl, das ſind nun alle ihre Sorgen, Krum¬ „Velten, Velten, Du verſäumſt wahrhaftig den Leiſe ſtrich der Sohn über die Stirn der Mutter „Das letzte war ein neues Wort. Die anderen „Das wird ein ſchöner aber heißer Tag,“ mur¬ „Einer der Schlimmſten, die ich geſehen habe, <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0258" n="248"/> Doktern, aber Schmerzen und Ängſten hat ſie gottlob<lb/> weiter nicht mehr, Herr Velten.“</p><lb/> <p>„Jawohl, das ſind nun alle ihre Sorgen, Krum¬<lb/> hardt, daß ſie mich zur rechten Zeit aus dem Bett<lb/> kriegt, daß ich meine Reiſetaſche, meinen Koffer packe,<lb/> nichts vergeſſe und den Zug zum Glück nicht ver¬<lb/> ſäume,“ ſagte der Sohn, ſich über die Mutter beugend<lb/> und leiſe und zärtlich ihre Hand nehmend.</p><lb/> <p>„Velten, Velten, Du verſäumſt wahrhaftig den<lb/> Zug, wenn Du nicht aufſtehſt und Deinen Koffer<lb/> packſt! Sieh, da kommt die Sonne ſchon!“</p><lb/> <p>Leiſe ſtrich der Sohn über die Stirn der Mutter<lb/> und wendete ſich zu mir:</p><lb/> <p>„Das letzte war ein neues Wort. Die anderen<lb/> wiederholt ſie, wie geſagt, ſeit anderthalb Tagen.“<lb/></p> <p>„Das wird ein ſchöner aber heißer Tag,“ mur¬<lb/> melte die Sterbende mit einem leiſen Seufzer und<lb/> dann blieb ſie ſtill und ſchien in einen ganz vor¬<lb/> ſtellungsloſen, traumfreien Schlaf zu ſinken, nur daß<lb/> ihre Athemzüge ſchwerer und ſchwerer wurden.</p><lb/> <p>„Einer der Schlimmſten, die ich geſehen habe,<lb/> war der alte Hartleben, Herr Velten,“ ſagte, wie um<lb/> ein tröſtendes Wort dazu zu geben, Riekchen Schellen¬<lb/> baum. „Dem kam der ganze Schluderkopf, ich meine<lb/> ſein Waldbeſitzthum dran, in ſeinen letzten Tagen und<lb/> Nächten über den Leib. Lauter gefällte Stämme!<lb/></p> </body> </text> </TEI> [248/0258]
Doktern, aber Schmerzen und Ängſten hat ſie gottlob
weiter nicht mehr, Herr Velten.“
„Jawohl, das ſind nun alle ihre Sorgen, Krum¬
hardt, daß ſie mich zur rechten Zeit aus dem Bett
kriegt, daß ich meine Reiſetaſche, meinen Koffer packe,
nichts vergeſſe und den Zug zum Glück nicht ver¬
ſäume,“ ſagte der Sohn, ſich über die Mutter beugend
und leiſe und zärtlich ihre Hand nehmend.
„Velten, Velten, Du verſäumſt wahrhaftig den
Zug, wenn Du nicht aufſtehſt und Deinen Koffer
packſt! Sieh, da kommt die Sonne ſchon!“
Leiſe ſtrich der Sohn über die Stirn der Mutter
und wendete ſich zu mir:
„Das letzte war ein neues Wort. Die anderen
wiederholt ſie, wie geſagt, ſeit anderthalb Tagen.“
„Das wird ein ſchöner aber heißer Tag,“ mur¬
melte die Sterbende mit einem leiſen Seufzer und
dann blieb ſie ſtill und ſchien in einen ganz vor¬
ſtellungsloſen, traumfreien Schlaf zu ſinken, nur daß
ihre Athemzüge ſchwerer und ſchwerer wurden.
„Einer der Schlimmſten, die ich geſehen habe,
war der alte Hartleben, Herr Velten,“ ſagte, wie um
ein tröſtendes Wort dazu zu geben, Riekchen Schellen¬
baum. „Dem kam der ganze Schluderkopf, ich meine
ſein Waldbeſitzthum dran, in ſeinen letzten Tagen und
Nächten über den Leib. Lauter gefällte Stämme!
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