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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Stadtthor nach seinen Papieren gefragt wurde,
nimmer dergleichen aufzuweisen hatte und vielleicht
auch erst in irgend einem Bedford goal als alter
Kesselflicker anfangen wird, sich über the Pil¬
grims progress
, über seines Lebens Pilgerfahrt
die letzte Rechnung abzulegen.

Meine liebe, liebe Mutter, Du kannst nichts
dafür, und mein Vater auch nicht. Solches war
mir an der Wiege gesungen, aber nicht von Dir
mit Deinem: "Buko von Halberstadt", oder:
"Schlaf, Kindchen, schlaf, da draußen geht ein
Schaf". Es kauert immer eine andere Sängerin
auf der anderen Seite des ersten Schaukelkahns
menschlichen Schicksals und summt ihren Sang in
ihre Hexenbartstoppeln, und der stammt von den
Müttern viel weiter hinabwärts und ist der allein
maaßgebende.

Also streich Dir die Sorgen- und Unmuths¬
falten wieder einmal aus dem lieben tapferen Ge¬
sichte und halte Dich weiter an der Väter Er¬
fahrung, daß Unkraut so leicht nicht vergeht. Sage
mit dem alten Vertrauen auf unsern eigenthümlichen,
unveräußerlichen eisernen Bestand von Familien¬
adel: "O, dieser dumme Junge!" -- Und halte
fest: wir sind doch die Zwei gewesen, welche die
wenigsten Sorgen im Vogelsang auf unserm Hirn

Stadtthor nach ſeinen Papieren gefragt wurde,
nimmer dergleichen aufzuweiſen hatte und vielleicht
auch erſt in irgend einem Bedford goal als alter
Keſſelflicker anfangen wird, ſich über the Pil¬
grims progress
, über ſeines Lebens Pilgerfahrt
die letzte Rechnung abzulegen.

Meine liebe, liebe Mutter, Du kannſt nichts
dafür, und mein Vater auch nicht. Solches war
mir an der Wiege geſungen, aber nicht von Dir
mit Deinem: „Buko von Halberſtadt“, oder:
„Schlaf, Kindchen, ſchlaf, da draußen geht ein
Schaf“. Es kauert immer eine andere Sängerin
auf der anderen Seite des erſten Schaukelkahns
menſchlichen Schickſals und ſummt ihren Sang in
ihre Hexenbartſtoppeln, und der ſtammt von den
Müttern viel weiter hinabwärts und iſt der allein
maaßgebende.

Alſo ſtreich Dir die Sorgen- und Unmuths¬
falten wieder einmal aus dem lieben tapferen Ge¬
ſichte und halte Dich weiter an der Väter Er¬
fahrung, daß Unkraut ſo leicht nicht vergeht. Sage
mit dem alten Vertrauen auf unſern eigenthümlichen,
unveräußerlichen eiſernen Beſtand von Familien¬
adel: „O, dieſer dumme Junge!“ — Und halte
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[190/0200] Stadtthor nach ſeinen Papieren gefragt wurde, nimmer dergleichen aufzuweiſen hatte und vielleicht auch erſt in irgend einem Bedford goal als alter Keſſelflicker anfangen wird, ſich über the Pil¬ grims progress, über ſeines Lebens Pilgerfahrt die letzte Rechnung abzulegen. Meine liebe, liebe Mutter, Du kannſt nichts dafür, und mein Vater auch nicht. Solches war mir an der Wiege geſungen, aber nicht von Dir mit Deinem: „Buko von Halberſtadt“, oder: „Schlaf, Kindchen, ſchlaf, da draußen geht ein Schaf“. Es kauert immer eine andere Sängerin auf der anderen Seite des erſten Schaukelkahns menſchlichen Schickſals und ſummt ihren Sang in ihre Hexenbartſtoppeln, und der ſtammt von den Müttern viel weiter hinabwärts und iſt der allein maaßgebende. Alſo ſtreich Dir die Sorgen- und Unmuths¬ falten wieder einmal aus dem lieben tapferen Ge¬ ſichte und halte Dich weiter an der Väter Er¬ fahrung, daß Unkraut ſo leicht nicht vergeht. Sage mit dem alten Vertrauen auf unſern eigenthümlichen, unveräußerlichen eiſernen Beſtand von Familien¬ adel: „O, dieſer dumme Junge!“ — Und halte feſt: wir ſind doch die Zwei geweſen, welche die wenigſten Sorgen im Vogelſang auf unſerm Hirn

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/200>, abgerufen am 24.11.2024.