noch Aufklärung und Rath, und nicht bloß in meinen Geschäften, sondern im Leben überhaupt. --
Meine Mutter war eine Frau, deren höchste Lebenswünsche und Ansprüche durch den Titel Räthin ganz und gar erfüllt wurden. Sie war eine gute Mutter und beste der Gattinnen, wenn das Letztere vom vollständigen Aufgehen in den Ansichten, Mei¬ nungen, Worten und Werken des Gatten abhängig ist. Sie fühlte sich wohl in der Zucht, in welcher er sie und sein Haus hielt, und ich glaube nicht, daß sie je einen anderen Willen haben konnte, als den seinigen.
Geschwister habe ich nicht gehabt, wenigstens nicht solche, die so lange geathmet hätten, um von Einfluß auf mein Leben zu werden. Den Ersatz hier¬ für lieferte die Nachbarschaft und zwar in ergiebigster Weise, und davon handelt denn auch, um es hier schon kurz zu sagen, die Akte, die ich jetzt anlege. Wem zum Besten, wer mag das sagen? Jedenfalls mir zu eigenster Seelenerleichterung und aus tief¬ gefühltem Bedürfniß nach Einem, nach Etwas, das einen ruhig anhört, aussprechen läßt und nicht eher dazu redet, bis das Ganze vorliegt. Daß es nicht eine Personalakte in der wirklichsten Bedeutung dieses Wortes ist, nimmt in meinen Augen den Aufzeich¬ nungen nichts von ihrem Werth. --
noch Aufklärung und Rath, und nicht bloß in meinen Geſchäften, ſondern im Leben überhaupt. —
Meine Mutter war eine Frau, deren höchſte Lebenswünſche und Anſprüche durch den Titel Räthin ganz und gar erfüllt wurden. Sie war eine gute Mutter und beſte der Gattinnen, wenn das Letztere vom vollſtändigen Aufgehen in den Anſichten, Mei¬ nungen, Worten und Werken des Gatten abhängig iſt. Sie fühlte ſich wohl in der Zucht, in welcher er ſie und ſein Haus hielt, und ich glaube nicht, daß ſie je einen anderen Willen haben konnte, als den ſeinigen.
Geſchwiſter habe ich nicht gehabt, wenigſtens nicht ſolche, die ſo lange geathmet hätten, um von Einfluß auf mein Leben zu werden. Den Erſatz hier¬ für lieferte die Nachbarſchaft und zwar in ergiebigſter Weiſe, und davon handelt denn auch, um es hier ſchon kurz zu ſagen, die Akte, die ich jetzt anlege. Wem zum Beſten, wer mag das ſagen? Jedenfalls mir zu eigenſter Seelenerleichterung und aus tief¬ gefühltem Bedürfniß nach Einem, nach Etwas, das einen ruhig anhört, ausſprechen läßt und nicht eher dazu redet, bis das Ganze vorliegt. Daß es nicht eine Perſonalakte in der wirklichſten Bedeutung dieſes Wortes iſt, nimmt in meinen Augen den Aufzeich¬ nungen nichts von ihrem Werth. —
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Geſchäften, ſondern im Leben überhaupt. —
Meine Mutter war eine Frau, deren höchſte
Lebenswünſche und Anſprüche durch den Titel Räthin
ganz und gar erfüllt wurden. Sie war eine gute
Mutter und beſte der Gattinnen, wenn das Letztere
vom vollſtändigen Aufgehen in den Anſichten, Mei¬
nungen, Worten und Werken des Gatten abhängig
iſt. Sie fühlte ſich wohl in der Zucht, in welcher er
ſie und ſein Haus hielt, und ich glaube nicht, daß ſie
je einen anderen Willen haben konnte, als den ſeinigen.
Geſchwiſter habe ich nicht gehabt, wenigſtens
nicht ſolche, die ſo lange geathmet hätten, um von
Einfluß auf mein Leben zu werden. Den Erſatz hier¬
für lieferte die Nachbarſchaft und zwar in ergiebigſter
Weiſe, und davon handelt denn auch, um es hier
ſchon kurz zu ſagen, die Akte, die ich jetzt anlege.
Wem zum Beſten, wer mag das ſagen? Jedenfalls
mir zu eigenſter Seelenerleichterung und aus tief¬
gefühltem Bedürfniß nach Einem, nach Etwas, das
einen ruhig anhört, ausſprechen läßt und nicht eher
dazu redet, bis das Ganze vorliegt. Daß es nicht
eine Perſonalakte in der wirklichſten Bedeutung dieſes
Wortes iſt, nimmt in meinen Augen den Aufzeich¬
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/19>, abgerufen am 23.11.2024.
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