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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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die tiefen Thäler, die weiten Meere der Erde haben
es nicht verhindert, daß Velten Andres und Helene
Trotzendorff wieder zusammenkamen; sie sind auch
nicht Schuld daran gewesen, daß sie sich nicht wieder¬
fanden für das Erdenleben.

Der Jugendfreund aus dem Vogelsang hat sein
Wort gehalten, daß er von dem Mädchen nicht lassen
werde, daß er ihr nachsteigen werde, wohin sie sich
auch verklettert haben möge, daß er aber freilich jetzt
nicht mehr den Freund aus dem Nachbarhause zu
Thal laufen lassen werde, um den Vogelsang zur
Hilfe heraufzurufen auf den Schluderkopf.

Er war vor dem Beginn seiner Weltfahrten
nur noch einmal zu Hause, um Abschied von seiner
Mutter und uns zu nehmen. Ich ging damals auch
schon auf Freiersfüßen, und da weiß man ja, wie
das dann geht mit dem verliebten jungen Menschen
und seinen Gefühlen für seine liebsten und treuesten
Schulbankgenossen. Ihre Sorgen und Hoffnungen,
Leiden und Freuden sind wahrlich um solche Lebens¬
stunde nicht mehr die unsrigen. Mit einem: "Na,
dann mach's gut, Alter!" ist der Abschied, auch unter
den besten Freunden, an einer Straßenecke, am
Bahnhof oder auf einem Hafenkai rasch abgethan.
Es ist eine Seltenheit -- (immer unter besagten Um¬
ständen!), daß einem von beiden, dem Orest oder

W. Raabe. Die Akten des Vogelsangs. 11

die tiefen Thäler, die weiten Meere der Erde haben
es nicht verhindert, daß Velten Andres und Helene
Trotzendorff wieder zuſammenkamen; ſie ſind auch
nicht Schuld daran geweſen, daß ſie ſich nicht wieder¬
fanden für das Erdenleben.

Der Jugendfreund aus dem Vogelſang hat ſein
Wort gehalten, daß er von dem Mädchen nicht laſſen
werde, daß er ihr nachſteigen werde, wohin ſie ſich
auch verklettert haben möge, daß er aber freilich jetzt
nicht mehr den Freund aus dem Nachbarhauſe zu
Thal laufen laſſen werde, um den Vogelſang zur
Hilfe heraufzurufen auf den Schluderkopf.

Er war vor dem Beginn ſeiner Weltfahrten
nur noch einmal zu Hauſe, um Abſchied von ſeiner
Mutter und uns zu nehmen. Ich ging damals auch
ſchon auf Freiersfüßen, und da weiß man ja, wie
das dann geht mit dem verliebten jungen Menſchen
und ſeinen Gefühlen für ſeine liebſten und treueſten
Schulbankgenoſſen. Ihre Sorgen und Hoffnungen,
Leiden und Freuden ſind wahrlich um ſolche Lebens¬
ſtunde nicht mehr die unſrigen. Mit einem: „Na,
dann mach's gut, Alter!“ iſt der Abſchied, auch unter
den beſten Freunden, an einer Straßenecke, am
Bahnhof oder auf einem Hafenkai raſch abgethan.
Es iſt eine Seltenheit — (immer unter beſagten Um¬
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W. Raabe. Die Akten des Vogelſangs. 11
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[161/0171] die tiefen Thäler, die weiten Meere der Erde haben es nicht verhindert, daß Velten Andres und Helene Trotzendorff wieder zuſammenkamen; ſie ſind auch nicht Schuld daran geweſen, daß ſie ſich nicht wieder¬ fanden für das Erdenleben. Der Jugendfreund aus dem Vogelſang hat ſein Wort gehalten, daß er von dem Mädchen nicht laſſen werde, daß er ihr nachſteigen werde, wohin ſie ſich auch verklettert haben möge, daß er aber freilich jetzt nicht mehr den Freund aus dem Nachbarhauſe zu Thal laufen laſſen werde, um den Vogelſang zur Hilfe heraufzurufen auf den Schluderkopf. Er war vor dem Beginn ſeiner Weltfahrten nur noch einmal zu Hauſe, um Abſchied von ſeiner Mutter und uns zu nehmen. Ich ging damals auch ſchon auf Freiersfüßen, und da weiß man ja, wie das dann geht mit dem verliebten jungen Menſchen und ſeinen Gefühlen für ſeine liebſten und treueſten Schulbankgenoſſen. Ihre Sorgen und Hoffnungen, Leiden und Freuden ſind wahrlich um ſolche Lebens¬ ſtunde nicht mehr die unſrigen. Mit einem: „Na, dann mach's gut, Alter!“ iſt der Abſchied, auch unter den beſten Freunden, an einer Straßenecke, am Bahnhof oder auf einem Hafenkai raſch abgethan. Es iſt eine Seltenheit — (immer unter beſagten Um¬ ſtänden!), daß einem von beiden, dem Oreſt oder W. Raabe. Die Akten des Vogelſangs. 11

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/171>, abgerufen am 27.11.2024.