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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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unser alter Oberlehrer Doktor Langemann auf unserm
Gymnasium zu Hause. Fragen Sie nur Krumhardt,
Fräulein, der hat sich in seiner Lebensauffassung
auch nach dem Wort gerichtet und geht als Sieger
zu den Todten."

"Rede kein Blech, Velten!"

"Ich bin niemals mehr gediegenes Erz gewesen
als an diesem Abend und unterm Auge des alten
Hugenottenpastors und des jungen Albigenserritters
da an der Wand. Die haben sie vielleicht ihrer Zeit
lebendig gebraten, aber haben die Zwei nicht noch heute
ihre Faust am Kragen hier meines intimen Freundes
Monsieur Leon des Beaux aus Albi? Übrigens
haben wir, Lenchen und ich, schon lange vor Ihrer
Frage, Fräulein Leonie, eine Wette auf dem Oster¬
berge darauf hin gemacht, wer von uns Beiden den
festesten Griff habe und den Anderen zu sich holen
werde. Selbstverständlich und naturgemäß hat sie
gegenwärtig die obere Hand, und ich werde es
meiner Alten zu Hause nicht ersparen können: ich
muß hinüber zu ihr nach Amerika." -- -- -- --

Es ist unaktenmäßig in den Akten: wir haben
damals solche Unterhaltungen gefühlt in Leons und
Leonies romantischem Zauberstübchen in der Stadt
Berlin. Und es sind auch solche Briefe, von denen
Velten Andres redete -- Briefe, die Helene Trotzen¬

W. Raabe. Die Akten des Vogelsangs. 9

unſer alter Oberlehrer Doktor Langemann auf unſerm
Gymnaſium zu Hauſe. Fragen Sie nur Krumhardt,
Fräulein, der hat ſich in ſeiner Lebensauffaſſung
auch nach dem Wort gerichtet und geht als Sieger
zu den Todten.“

„Rede kein Blech, Velten!“

„Ich bin niemals mehr gediegenes Erz geweſen
als an dieſem Abend und unterm Auge des alten
Hugenottenpaſtors und des jungen Albigenſerritters
da an der Wand. Die haben ſie vielleicht ihrer Zeit
lebendig gebraten, aber haben die Zwei nicht noch heute
ihre Fauſt am Kragen hier meines intimen Freundes
Monſieur Leon des Beaux aus Albi? Übrigens
haben wir, Lenchen und ich, ſchon lange vor Ihrer
Frage, Fräulein Leonie, eine Wette auf dem Oſter¬
berge darauf hin gemacht, wer von uns Beiden den
feſteſten Griff habe und den Anderen zu ſich holen
werde. Selbſtverſtändlich und naturgemäß hat ſie
gegenwärtig die obere Hand, und ich werde es
meiner Alten zu Hauſe nicht erſparen können: ich
muß hinüber zu ihr nach Amerika.“ — — — —

Es iſt unaktenmäßig in den Akten: wir haben
damals ſolche Unterhaltungen gefühlt in Leons und
Leonies romantiſchem Zauberſtübchen in der Stadt
Berlin. Und es ſind auch ſolche Briefe, von denen
Velten Andres redete — Briefe, die Helene Trotzen¬

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[129/0139] unſer alter Oberlehrer Doktor Langemann auf unſerm Gymnaſium zu Hauſe. Fragen Sie nur Krumhardt, Fräulein, der hat ſich in ſeiner Lebensauffaſſung auch nach dem Wort gerichtet und geht als Sieger zu den Todten.“ „Rede kein Blech, Velten!“ „Ich bin niemals mehr gediegenes Erz geweſen als an dieſem Abend und unterm Auge des alten Hugenottenpaſtors und des jungen Albigenſerritters da an der Wand. Die haben ſie vielleicht ihrer Zeit lebendig gebraten, aber haben die Zwei nicht noch heute ihre Fauſt am Kragen hier meines intimen Freundes Monſieur Leon des Beaux aus Albi? Übrigens haben wir, Lenchen und ich, ſchon lange vor Ihrer Frage, Fräulein Leonie, eine Wette auf dem Oſter¬ berge darauf hin gemacht, wer von uns Beiden den feſteſten Griff habe und den Anderen zu ſich holen werde. Selbſtverſtändlich und naturgemäß hat ſie gegenwärtig die obere Hand, und ich werde es meiner Alten zu Hauſe nicht erſparen können: ich muß hinüber zu ihr nach Amerika.“ — — — — Es iſt unaktenmäßig in den Akten: wir haben damals ſolche Unterhaltungen gefühlt in Leons und Leonies romantiſchem Zauberſtübchen in der Stadt Berlin. Und es ſind auch ſolche Briefe, von denen Velten Andres redete — Briefe, die Helene Trotzen¬ W. Raabe. Die Akten des Vogelſangs. 9

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/139>, abgerufen am 22.11.2024.