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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Asthetik, in das ich auch die Nase steckte, eingeschlichen.
Dummeres gab es gar nicht, ich meine nicht den
lesenden Herrn Professor, sondern meinen Freund
Leon des Beaux; doch das Letztere wurde mir erst
klar, als ich ihn zu Hause besucht hatte. Fürs Erste
war er für mich nur das in dem Dornbusch hängen¬
gebliebene scherzhafte Schafvieh. Philister über ihn!
Der Hauptflegel, ein langer Bierlümmel mit der erb¬
rechtlichen Anwartschaft auf den Landrath, Regierungs¬
präsidenten oder sonst so was Schönes, der, wie sich
nachher mir erklärte, mit dem Papa des Beaux hing,
das heißt nach endlich bereinigtem Pump seine
Rechnung noch mit ihm abzumachen hatte! Wie ich
provinziales Unschuldswurm sofort in die Narrenthei¬
ding hineingerieth und mich sonderbarerweise auch der
Situation gewachsen fühlen konnte, ist mir bis jetzt
noch ein Räthsel. Es muß wohl so in mich gelegt
sein, und im Grunde war's doch auch wieder nur
der reine Vogelsang, wenn es da hieß: der Bengel
muß doch bei jedem Unsinn und Skandal das Maul
und die Faust im Spiel haben. Na kurz, Du kannst
Dir das Ding jetzt schon ausmalen. Erst Hinhorchen,
sodann ulkhaftes Vergnügen an dem Hauptwitz,
Nähergehen, Umschlagen des Spaßes in sein Gegen¬
theil, darauf die gewöhnlichen Redensarten bis zu dem:
Herr, der dumme Junge sind doch nur Sie! . . .

Aſthetik, in das ich auch die Naſe ſteckte, eingeſchlichen.
Dummeres gab es gar nicht, ich meine nicht den
leſenden Herrn Profeſſor, ſondern meinen Freund
Leon des Beaux; doch das Letztere wurde mir erſt
klar, als ich ihn zu Hauſe beſucht hatte. Fürs Erſte
war er für mich nur das in dem Dornbuſch hängen¬
gebliebene ſcherzhafte Schafvieh. Philiſter über ihn!
Der Hauptflegel, ein langer Bierlümmel mit der erb¬
rechtlichen Anwartſchaft auf den Landrath, Regierungs¬
präſidenten oder ſonſt ſo was Schönes, der, wie ſich
nachher mir erklärte, mit dem Papa des Beaux hing,
das heißt nach endlich bereinigtem Pump ſeine
Rechnung noch mit ihm abzumachen hatte! Wie ich
provinziales Unſchuldswurm ſofort in die Narrenthei¬
ding hineingerieth und mich ſonderbarerweiſe auch der
Situation gewachſen fühlen konnte, iſt mir bis jetzt
noch ein Räthſel. Es muß wohl ſo in mich gelegt
ſein, und im Grunde war's doch auch wieder nur
der reine Vogelſang, wenn es da hieß: der Bengel
muß doch bei jedem Unſinn und Skandal das Maul
und die Fauſt im Spiel haben. Na kurz, Du kannſt
Dir das Ding jetzt ſchon ausmalen. Erſt Hinhorchen,
ſodann ulkhaftes Vergnügen an dem Hauptwitz,
Nähergehen, Umſchlagen des Spaßes in ſein Gegen¬
theil, darauf die gewöhnlichen Redensarten bis zu dem:
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[118/0128] Aſthetik, in das ich auch die Naſe ſteckte, eingeſchlichen. Dummeres gab es gar nicht, ich meine nicht den leſenden Herrn Profeſſor, ſondern meinen Freund Leon des Beaux; doch das Letztere wurde mir erſt klar, als ich ihn zu Hauſe beſucht hatte. Fürs Erſte war er für mich nur das in dem Dornbuſch hängen¬ gebliebene ſcherzhafte Schafvieh. Philiſter über ihn! Der Hauptflegel, ein langer Bierlümmel mit der erb¬ rechtlichen Anwartſchaft auf den Landrath, Regierungs¬ präſidenten oder ſonſt ſo was Schönes, der, wie ſich nachher mir erklärte, mit dem Papa des Beaux hing, das heißt nach endlich bereinigtem Pump ſeine Rechnung noch mit ihm abzumachen hatte! Wie ich provinziales Unſchuldswurm ſofort in die Narrenthei¬ ding hineingerieth und mich ſonderbarerweiſe auch der Situation gewachſen fühlen konnte, iſt mir bis jetzt noch ein Räthſel. Es muß wohl ſo in mich gelegt ſein, und im Grunde war's doch auch wieder nur der reine Vogelſang, wenn es da hieß: der Bengel muß doch bei jedem Unſinn und Skandal das Maul und die Fauſt im Spiel haben. Na kurz, Du kannſt Dir das Ding jetzt ſchon ausmalen. Erſt Hinhorchen, ſodann ulkhaftes Vergnügen an dem Hauptwitz, Nähergehen, Umſchlagen des Spaßes in ſein Gegen¬ theil, darauf die gewöhnlichen Redensarten bis zu dem: Herr, der dumme Junge ſind doch nur Sie! . . .

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/128>, abgerufen am 25.11.2024.