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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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führen. Er that es; und da er von allen Menschen,
die ich im Privat- wie im Geschäftsleben kennen
gelernt habe, der Einzige gewesen ist, dem nie etwas
drauf ankam, wann, wo, wie und vor wem er sich
lächerlich machte, so hätte er wohl einen bessern
Schreiber seiner Geschichte, als ich bin, verdient.
Wenn ich in dem einen Augenblick den vernünftigen
Leuten zu Hause Recht geben und sagen mußte, er ist
wirklich ein unzurechnungsfähiger Narr und Phantast!
so wurde mir doch schon im nächsten Moment so heiß
bei seinen Worten, Blicken und Gesten, daß ich ihm
um den Hals hätte fallen mögen: "Du bist und
bleibst doch der famoseste, beste Kerl in der Welt,
Velten! Geben Dir die Götter nur ein bißchen
Glück auf Deinem Wege, so stirbst Du nicht auf
Salas y Gomez, wohl aber, nachdem Du vielleicht
leider auch Dein Persepolis in Brand gesteckt hast,
zu Babylon. Alter Junge, was ist das aber für
ein Glück, daß wir uns von Kindesbeinen an kennen:
daß viele Andere Dich ernst nehmen, verlangst Du
wohl selber nicht!"

Er lag auf dem Sofa, mit den Beinen über der
Lehne, er saß auf dem Stuhl, er saß auf dem Tische,
er lief auf und ab, während er jetzt mir erzählte von
dem Vogelsang und Helenen Trotzendorff. Von Zeit

führen. Er that es; und da er von allen Menſchen,
die ich im Privat- wie im Geſchäftsleben kennen
gelernt habe, der Einzige geweſen iſt, dem nie etwas
drauf ankam, wann, wo, wie und vor wem er ſich
lächerlich machte, ſo hätte er wohl einen beſſern
Schreiber ſeiner Geſchichte, als ich bin, verdient.
Wenn ich in dem einen Augenblick den vernünftigen
Leuten zu Hauſe Recht geben und ſagen mußte, er iſt
wirklich ein unzurechnungsfähiger Narr und Phantaſt!
ſo wurde mir doch ſchon im nächſten Moment ſo heiß
bei ſeinen Worten, Blicken und Geſten, daß ich ihm
um den Hals hätte fallen mögen: „Du biſt und
bleibſt doch der famoſeſte, beſte Kerl in der Welt,
Velten! Geben Dir die Götter nur ein bißchen
Glück auf Deinem Wege, ſo ſtirbſt Du nicht auf
Salas y Gomez, wohl aber, nachdem Du vielleicht
leider auch Dein Perſepolis in Brand geſteckt haſt,
zu Babylon. Alter Junge, was iſt das aber für
ein Glück, daß wir uns von Kindesbeinen an kennen:
daß viele Andere Dich ernſt nehmen, verlangſt Du
wohl ſelber nicht!“

Er lag auf dem Sofa, mit den Beinen über der
Lehne, er ſaß auf dem Stuhl, er ſaß auf dem Tiſche,
er lief auf und ab, während er jetzt mir erzählte von
dem Vogelſang und Helenen Trotzendorff. Von Zeit

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[101/0111] führen. Er that es; und da er von allen Menſchen, die ich im Privat- wie im Geſchäftsleben kennen gelernt habe, der Einzige geweſen iſt, dem nie etwas drauf ankam, wann, wo, wie und vor wem er ſich lächerlich machte, ſo hätte er wohl einen beſſern Schreiber ſeiner Geſchichte, als ich bin, verdient. Wenn ich in dem einen Augenblick den vernünftigen Leuten zu Hauſe Recht geben und ſagen mußte, er iſt wirklich ein unzurechnungsfähiger Narr und Phantaſt! ſo wurde mir doch ſchon im nächſten Moment ſo heiß bei ſeinen Worten, Blicken und Geſten, daß ich ihm um den Hals hätte fallen mögen: „Du biſt und bleibſt doch der famoſeſte, beſte Kerl in der Welt, Velten! Geben Dir die Götter nur ein bißchen Glück auf Deinem Wege, ſo ſtirbſt Du nicht auf Salas y Gomez, wohl aber, nachdem Du vielleicht leider auch Dein Perſepolis in Brand geſteckt haſt, zu Babylon. Alter Junge, was iſt das aber für ein Glück, daß wir uns von Kindesbeinen an kennen: daß viele Andere Dich ernſt nehmen, verlangſt Du wohl ſelber nicht!“ Er lag auf dem Sofa, mit den Beinen über der Lehne, er ſaß auf dem Stuhl, er ſaß auf dem Tiſche, er lief auf und ab, während er jetzt mir erzählte von dem Vogelſang und Helenen Trotzendorff. Von Zeit

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/111>, abgerufen am 26.11.2024.