Eine Fläche l der 2ten Säule wird zur Medianebene, sie spiegelt in beiden ein. Die erste Säule herrscht gewöhnlich, doch so daß die Oktaeder s und P noch einspringende Winkel (Visir) machen können, daher heißt sie der sächsische Bergmann Visirgraupen, die Visirkante s/s' springt 136° einwärts. Das Visir kann jedoch auch ganz verschwinden, namentlich wenn sich die zweite Säule stark ausdehnt, höchstens daß eine kurze Streifung die Stelle der einspringenden Winkel noch andeutet. Es ent- stehen dann wie beim Rutil knieförmige Krystalle, das Knie macht mit seinen Kanten immer 112° 1'. Bei den Visirgraupen wächst gewöhnlich ein Individuum durch, man kann das leicht für Drillinge halten, allein das Einspiegeln sämmtlicher Flächen läßt das wahre Sachverhältniß bald erkennen. Es kommen freilich auch Drillinge, Vierlinge etc. vor, es ist aber in dieser Mehrzahl nichts Gesetzliches.
Unvollkommener Metallglanz in den Fettglanz sich neigend. Im reflektirten Licht sind die Sächsischen schwarz, auf Sprüngen scheinen sie aber gelblichroth, wie Colofonium, durch. Die Englischen zeigen häufig ganz die Colofoniumfarbe, welche sich sogar bis zum fast farblosen steigern kann. Daher geben selbst die dunkelsten fein gestoßen ein lichtaschgraues Pulver. Kleinmuscheliger Bruch. Härte 6--7, noch etwas härter als Hartmangan, daher unter den oxydischen Erzen das härteste. Gew. 6,97, aber gewöhnlich etwas leichter. Zinnoxyd Sn mit 78,6 Zinn und 21,4 Sauerstoff, schon Klaproth Beitr. II.245 kam zu diesem Resultate sehr annähernd. Eisenoxyd, Manganoxyd und etwas Kieselerde sind die gewöhnlichen Ver- unreinigungsmittel, zu Finbo auch Tantalsäure. Vor dem Löthrohr ist er für sich unveränderlich, auf Kohle in gutem Reductionsfeuer gibt er ein Zinnkorn, besonders auf Zusatz von Soda. Berzelius lehrte zwei isomere Zustände des Zinnoxydes kennen (Pogg. Ann. 75. 1): eines ist selbst in kalter Salpetersäure löslich, das andere aber unlöslich. Zur unlöslichen gehört der Zinnstein, der hartnäckig allen Säuren widersteht, Klaproth mußte ihn daher mit Aetzkali im Silbertiegel aufschließen. Dau- bree will durch Zersetzung des Zinnchlorids mittelst Wasserdampf 2gliedrige Krystalle erhalten haben. G. Rose setzt dieselben zur Form des Brookits.
Das Vorkommen des Zinnsteins gehört zu den ältesten, denn wenn mit ihm andere Erzgänge, wie z. B. in Cornwallis die Kupfererzgänge, zusammen vorkommen, so durchsetzen und verwerfen sie die Zinnsteingänge. Der Zinnstein selbst bricht meist nur auf schmalen Gängen, die kein be- stimmtes Streichen einhalten, sondern das Gebirge in kleinen Trümmern netzförmig durchschwärmen. Man muß daher das ganze Gestein abbauen, was zuweilen nicht mehr als 1/3 p. C. Erz enthält. Solche Baue, etagen- förmig übereinander geführt, heißen Stockwerke, daher Zinnstockwerke. Da man jedoch, um den Einsturz zu hindern, große Mittel stehen lassen muß, so gewinnt man z. B. auf der Carclaze-Grube bei St. Austle das Zinnerz gerade- zu in großen offenen Tagebauen (Pingen). Diese Art der Vertheilung hat der Zinnstein mit dem Golde gemein, wo die Natur daher die Zertrüm- merung und Auswaschung übernommen hat, da erzeugten sich die soge- nannten Zinnseifen, die ohne Zweifel zuerst auf die Entdeckung des Erzes geführt haben. Schon Plinius 34. 47 sagt ausdrücklich gigni in Gallaecia summa tellure arenosa, lavant eas arenas metallici, et quod
IV. Cl. Oxydiſche Erze: Zinnſtein.
Eine Fläche l der 2ten Säule wird zur Medianebene, ſie ſpiegelt in beiden ein. Die erſte Säule herrſcht gewöhnlich, doch ſo daß die Oktaeder s und P noch einſpringende Winkel (Viſir) machen können, daher heißt ſie der ſächſiſche Bergmann Viſirgraupen, die Viſirkante s/s′ ſpringt 136° einwärts. Das Viſir kann jedoch auch ganz verſchwinden, namentlich wenn ſich die zweite Säule ſtark ausdehnt, höchſtens daß eine kurze Streifung die Stelle der einſpringenden Winkel noch andeutet. Es ent- ſtehen dann wie beim Rutil knieförmige Kryſtalle, das Knie macht mit ſeinen Kanten immer 112° 1′. Bei den Viſirgraupen wächſt gewöhnlich ein Individuum durch, man kann das leicht für Drillinge halten, allein das Einſpiegeln ſämmtlicher Flächen läßt das wahre Sachverhältniß bald erkennen. Es kommen freilich auch Drillinge, Vierlinge ꝛc. vor, es iſt aber in dieſer Mehrzahl nichts Geſetzliches.
Unvollkommener Metallglanz in den Fettglanz ſich neigend. Im reflektirten Licht ſind die Sächſiſchen ſchwarz, auf Sprüngen ſcheinen ſie aber gelblichroth, wie Colofonium, durch. Die Engliſchen zeigen häufig ganz die Colofoniumfarbe, welche ſich ſogar bis zum faſt farbloſen ſteigern kann. Daher geben ſelbſt die dunkelſten fein geſtoßen ein lichtaſchgraues Pulver. Kleinmuſcheliger Bruch. Härte 6—7, noch etwas härter als Hartmangan, daher unter den oxydiſchen Erzen das härteſte. Gew. 6,97, aber gewöhnlich etwas leichter. Zinnoxyd S̈n mit 78,6 Zinn und 21,4 Sauerſtoff, ſchon Klaproth Beitr. II.245 kam zu dieſem Reſultate ſehr annähernd. Eiſenoxyd, Manganoxyd und etwas Kieſelerde ſind die gewöhnlichen Ver- unreinigungsmittel, zu Finbo auch Tantalſäure. Vor dem Löthrohr iſt er für ſich unveränderlich, auf Kohle in gutem Reductionsfeuer gibt er ein Zinnkorn, beſonders auf Zuſatz von Soda. Berzelius lehrte zwei iſomere Zuſtände des Zinnoxydes kennen (Pogg. Ann. 75. 1): eines iſt ſelbſt in kalter Salpeterſäure löslich, das andere aber unlöslich. Zur unlöslichen gehört der Zinnſtein, der hartnäckig allen Säuren widerſteht, Klaproth mußte ihn daher mit Aetzkali im Silbertiegel aufſchließen. Dau- brée will durch Zerſetzung des Zinnchlorids mittelſt Waſſerdampf 2gliedrige Kryſtalle erhalten haben. G. Roſe ſetzt dieſelben zur Form des Brookits.
Das Vorkommen des Zinnſteins gehört zu den älteſten, denn wenn mit ihm andere Erzgänge, wie z. B. in Cornwallis die Kupfererzgänge, zuſammen vorkommen, ſo durchſetzen und verwerfen ſie die Zinnſteingänge. Der Zinnſtein ſelbſt bricht meiſt nur auf ſchmalen Gängen, die kein be- ſtimmtes Streichen einhalten, ſondern das Gebirge in kleinen Trümmern netzförmig durchſchwärmen. Man muß daher das ganze Geſtein abbauen, was zuweilen nicht mehr als ⅓ p. C. Erz enthält. Solche Baue, etagen- förmig übereinander geführt, heißen Stockwerke, daher Zinnſtockwerke. Da man jedoch, um den Einſturz zu hindern, große Mittel ſtehen laſſen muß, ſo gewinnt man z. B. auf der Carclaze-Grube bei St. Auſtle das Zinnerz gerade- zu in großen offenen Tagebauen (Pingen). Dieſe Art der Vertheilung hat der Zinnſtein mit dem Golde gemein, wo die Natur daher die Zertrüm- merung und Auswaſchung übernommen hat, da erzeugten ſich die ſoge- nannten Zinnſeifen, die ohne Zweifel zuerſt auf die Entdeckung des Erzes geführt haben. Schon Plinius 34. 47 ſagt ausdrücklich gigni in Gallaecia summa tellure arenosa, lavant eas arenas metallici, et quod
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[538/0550]
IV. Cl. Oxydiſche Erze: Zinnſtein.
Eine Fläche l der 2ten Säule wird zur Medianebene, ſie ſpiegelt in beiden
ein. Die erſte Säule herrſcht gewöhnlich, doch ſo daß die Oktaeder s
und P noch einſpringende Winkel (Viſir) machen können, daher heißt ſie
der ſächſiſche Bergmann Viſirgraupen, die Viſirkante s/s′ ſpringt 136°
einwärts. Das Viſir kann jedoch auch ganz verſchwinden, namentlich
wenn ſich die zweite Säule ſtark ausdehnt, höchſtens daß eine kurze
Streifung die Stelle der einſpringenden Winkel noch andeutet. Es ent-
ſtehen dann wie beim Rutil knieförmige Kryſtalle, das Knie macht mit
ſeinen Kanten immer 112° 1′. Bei den Viſirgraupen wächſt gewöhnlich
ein Individuum durch, man kann das leicht für Drillinge halten, allein
das Einſpiegeln ſämmtlicher Flächen läßt das wahre Sachverhältniß bald
erkennen. Es kommen freilich auch Drillinge, Vierlinge ꝛc. vor, es iſt
aber in dieſer Mehrzahl nichts Geſetzliches.
Unvollkommener Metallglanz in den Fettglanz ſich neigend. Im
reflektirten Licht ſind die Sächſiſchen ſchwarz, auf Sprüngen ſcheinen ſie
aber gelblichroth, wie Colofonium, durch. Die Engliſchen zeigen häufig
ganz die Colofoniumfarbe, welche ſich ſogar bis zum faſt farbloſen ſteigern
kann. Daher geben ſelbſt die dunkelſten fein geſtoßen ein lichtaſchgraues
Pulver. Kleinmuſcheliger Bruch. Härte 6—7, noch etwas härter als
Hartmangan, daher unter den oxydiſchen Erzen das härteſte. Gew. 6,97,
aber gewöhnlich etwas leichter.
Zinnoxyd S̈n mit 78,6 Zinn und 21,4 Sauerſtoff,
ſchon Klaproth Beitr. II. 245 kam zu dieſem Reſultate ſehr annähernd.
Eiſenoxyd, Manganoxyd und etwas Kieſelerde ſind die gewöhnlichen Ver-
unreinigungsmittel, zu Finbo auch Tantalſäure. Vor dem Löthrohr iſt
er für ſich unveränderlich, auf Kohle in gutem Reductionsfeuer gibt er
ein Zinnkorn, beſonders auf Zuſatz von Soda. Berzelius lehrte zwei
iſomere Zuſtände des Zinnoxydes kennen (Pogg. Ann. 75. 1): eines iſt
ſelbſt in kalter Salpeterſäure löslich, das andere aber unlöslich. Zur
unlöslichen gehört der Zinnſtein, der hartnäckig allen Säuren widerſteht,
Klaproth mußte ihn daher mit Aetzkali im Silbertiegel aufſchließen. Dau-
brée will durch Zerſetzung des Zinnchlorids mittelſt Waſſerdampf 2gliedrige
Kryſtalle erhalten haben. G. Roſe ſetzt dieſelben zur Form des Brookits.
Das Vorkommen des Zinnſteins gehört zu den älteſten, denn wenn
mit ihm andere Erzgänge, wie z. B. in Cornwallis die Kupfererzgänge,
zuſammen vorkommen, ſo durchſetzen und verwerfen ſie die Zinnſteingänge.
Der Zinnſtein ſelbſt bricht meiſt nur auf ſchmalen Gängen, die kein be-
ſtimmtes Streichen einhalten, ſondern das Gebirge in kleinen Trümmern
netzförmig durchſchwärmen. Man muß daher das ganze Geſtein abbauen,
was zuweilen nicht mehr als ⅓ p. C. Erz enthält. Solche Baue, etagen-
förmig übereinander geführt, heißen Stockwerke, daher Zinnſtockwerke. Da
man jedoch, um den Einſturz zu hindern, große Mittel ſtehen laſſen muß, ſo
gewinnt man z. B. auf der Carclaze-Grube bei St. Auſtle das Zinnerz gerade-
zu in großen offenen Tagebauen (Pingen). Dieſe Art der Vertheilung hat
der Zinnſtein mit dem Golde gemein, wo die Natur daher die Zertrüm-
merung und Auswaſchung übernommen hat, da erzeugten ſich die ſoge-
nannten Zinnſeifen, die ohne Zweifel zuerſt auf die Entdeckung des
Erzes geführt haben. Schon Plinius 34. 47 ſagt ausdrücklich gigni in
Gallaecia summa tellure arenosa, lavant eas arenas metallici, et quod
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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/550>, abgerufen am 22.11.2024.
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