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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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IV. Cl. Oxydische Erze: Thoneisenstein.

Raseneisensteine (Sumpfeisensteine). Sie sind entschieden ockerig,
aber in aller Weise verunreinigt. Man schreibt sie Fe H2, was einen
Wassergehalt von 18,7 p. C. voraussetzen würde. Werner unterschied in
der Uebersetzung von Cronstedt's Mineralogie Wiesenerz, Sumpferz
und Morasterz, aber mehr nach ihrer Formation, als nach ihrer Be-
schaffenheit, die unter Umständen bei allen dreien die gleiche sein kann.
"Das Bruchwasser enthält eine Pflanzensäure, welche es aus den nieder-
gefallenen Holzblättern, Wurzeln etc. in sich aufnimmt. Dadurch wird
das Wasser geschickt, die zerstreuten Eisentheile aus den Steinen, über
welche es fließt, über denen es steht, auszulaugen. Es führt dieselben
in die niedrigsten Gegenden, wo das Bruchwasser meist stille steht, das
Eisenerz häuft sich dort an, und fällt nach und nach nieder. Davon
entsteht auf dem Boden der Brüche eine Schicht gelblich braunen Eisen-
ockers (Morasterz), die anfangs sehr schwach ist, aber durch die Länge
der Zeit immer stärker, wie auch fester und fester wird, und das Sumpf-
erz
ausmacht. Trocknen endlich die Brüche zu Wiesen aus, so erhärtet
auch der Eisenstein noch mehr, und wird zu Wiesenerze." Daß
Verunreinigungen aller Art darin vorkommen, namentlich Sand, das kann
bei der Art der Ablagerung nicht anders sein. Klaproth wies darin sogar
8 p. C. Phosphorsäure nach, was das Stabeisen kaltbrüchig macht, in-
dessen gibt es ein sehr leicht flüssiges zur Gießerei besonders geschicktes
Eisen. Linne glaubt daher, daß es wegen seiner leichten Gewinnungs-
weise das erste Eisenerz gewesen sei, woraus der Mensch es versucht
habe darzustellen, und nannte es Tophus Tubalcaini. Die große
Nordeuropäische Niederung: Holland, das Münsterland, Pommern, die
Niederlausitz, Preussen, Polen, Rußland etc. sind reich an diesem Er-
zeugniß. Man gewinnt es nicht blos trocken als Wiesenerz, für dessen
schönstes Vorkommen Werner's Geburtsort Wehrau in der Niederlausiz
angeführt zu werden pflegt, sondern man schöpft es als flüssigen Morast
aus dem Grunde der Brüche, wo es sich dann immer wieder nach 8--10
Jahren in hinlänglicher Menge erzeugt. Nach Ehrenberg nimmt auch die
Gallionella ferruginea einen wesentlichen Antheil an der Bildung.

Es würde zu weit gehen, wollten wir sorgfältig, etwa wie Hausmann
im Handbuche der Mineralogie pag. 354--387, alle die kleinen Abwei-
chungen aufzählen, welche das ockerige Eisenerz eingeht. Nur folgende
wenige können wir nicht mit Stillschweigen übergehen:

Der gelbe Thoneisenstein hat eine ockergelbe Farbe, und ist in
den verschiedensten Verhältnissen durch Thon und Sand verunreinigt. Man
findet ihn besonders schön in verschiedenen Lagern der Flözgebirge. Häufig
zeigt er rundlich ellipsoidische Absonderungen von Nuß- bis Kopfgröße
(Eisennieren), die gewöhnlich in großer Menge sich finden, wo sie vor-
handen sind (Brauner Jura). Der innere Kern ist stets etwas lockerer,
sondert sich auch wohl ganz ab, und dann klappern die Steine. Das sind
die im Alterthum so berühmten

Adlersteine, Aetites Plinius 36. 39, magnam famam habent, re-
periuntur in nidis aquilarum. Ajunt binos inveniri, marem et feminam.

"Im Bauche haben sie einen harten Stein, oder einen zarten Thon, daß
es klappert, wenn man sie schüttelt." Noch heute hat die Bildungsweise

Quenstedt, Mineralogie. 34
IV. Cl. Oxydiſche Erze: Thoneiſenſtein.

Raſeneiſenſteine (Sumpfeiſenſteine). Sie ſind entſchieden ockerig,
aber in aller Weiſe verunreinigt. Man ſchreibt ſie F̶⃛e Ḣ̶2, was einen
Waſſergehalt von 18,7 p. C. vorausſetzen würde. Werner unterſchied in
der Ueberſetzung von Cronſtedt’s Mineralogie Wieſenerz, Sumpferz
und Moraſterz, aber mehr nach ihrer Formation, als nach ihrer Be-
ſchaffenheit, die unter Umſtänden bei allen dreien die gleiche ſein kann.
„Das Bruchwaſſer enthält eine Pflanzenſäure, welche es aus den nieder-
gefallenen Holzblättern, Wurzeln ꝛc. in ſich aufnimmt. Dadurch wird
das Waſſer geſchickt, die zerſtreuten Eiſentheile aus den Steinen, über
welche es fließt, über denen es ſteht, auszulaugen. Es führt dieſelben
in die niedrigſten Gegenden, wo das Bruchwaſſer meiſt ſtille ſteht, das
Eiſenerz häuft ſich dort an, und fällt nach und nach nieder. Davon
entſteht auf dem Boden der Brüche eine Schicht gelblich braunen Eiſen-
ockers (Moraſterz), die anfangs ſehr ſchwach iſt, aber durch die Länge
der Zeit immer ſtärker, wie auch feſter und feſter wird, und das Sumpf-
erz
ausmacht. Trocknen endlich die Brüche zu Wieſen aus, ſo erhärtet
auch der Eiſenſtein noch mehr, und wird zu Wieſenerze.“ Daß
Verunreinigungen aller Art darin vorkommen, namentlich Sand, das kann
bei der Art der Ablagerung nicht anders ſein. Klaproth wies darin ſogar
8 p. C. Phosphorſäure nach, was das Stabeiſen kaltbrüchig macht, in-
deſſen gibt es ein ſehr leicht flüſſiges zur Gießerei beſonders geſchicktes
Eiſen. Linné glaubt daher, daß es wegen ſeiner leichten Gewinnungs-
weiſe das erſte Eiſenerz geweſen ſei, woraus der Menſch es verſucht
habe darzuſtellen, und nannte es Tophus Tubalcaini. Die große
Nordeuropäiſche Niederung: Holland, das Münſterland, Pommern, die
Niederlauſitz, Preuſſen, Polen, Rußland ꝛc. ſind reich an dieſem Er-
zeugniß. Man gewinnt es nicht blos trocken als Wieſenerz, für deſſen
ſchönſtes Vorkommen Werner’s Geburtsort Wehrau in der Niederlauſiz
angeführt zu werden pflegt, ſondern man ſchöpft es als flüſſigen Moraſt
aus dem Grunde der Brüche, wo es ſich dann immer wieder nach 8—10
Jahren in hinlänglicher Menge erzeugt. Nach Ehrenberg nimmt auch die
Gallionella ferruginea einen weſentlichen Antheil an der Bildung.

Es würde zu weit gehen, wollten wir ſorgfältig, etwa wie Hausmann
im Handbuche der Mineralogie pag. 354—387, alle die kleinen Abwei-
chungen aufzählen, welche das ockerige Eiſenerz eingeht. Nur folgende
wenige können wir nicht mit Stillſchweigen übergehen:

Der gelbe Thoneiſenſtein hat eine ockergelbe Farbe, und iſt in
den verſchiedenſten Verhältniſſen durch Thon und Sand verunreinigt. Man
findet ihn beſonders ſchön in verſchiedenen Lagern der Flözgebirge. Häufig
zeigt er rundlich ellipſoidiſche Abſonderungen von Nuß- bis Kopfgröße
(Eiſennieren), die gewöhnlich in großer Menge ſich finden, wo ſie vor-
handen ſind (Brauner Jura). Der innere Kern iſt ſtets etwas lockerer,
ſondert ſich auch wohl ganz ab, und dann klappern die Steine. Das ſind
die im Alterthum ſo berühmten

Adlerſteine, Aetites Plinius 36. 39, magnam famam habent, re-
periuntur in nidis aquilarum. Ajunt binos inveniri, marem et feminam.

„Im Bauche haben ſie einen harten Stein, oder einen zarten Thon, daß
es klappert, wenn man ſie ſchüttelt.“ Noch heute hat die Bildungsweiſe

Quenſtedt, Mineralogie. 34
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[529/0541] IV. Cl. Oxydiſche Erze: Thoneiſenſtein. Raſeneiſenſteine (Sumpfeiſenſteine). Sie ſind entſchieden ockerig, aber in aller Weiſe verunreinigt. Man ſchreibt ſie F̶⃛e Ḣ̶2, was einen Waſſergehalt von 18,7 p. C. vorausſetzen würde. Werner unterſchied in der Ueberſetzung von Cronſtedt’s Mineralogie Wieſenerz, Sumpferz und Moraſterz, aber mehr nach ihrer Formation, als nach ihrer Be- ſchaffenheit, die unter Umſtänden bei allen dreien die gleiche ſein kann. „Das Bruchwaſſer enthält eine Pflanzenſäure, welche es aus den nieder- gefallenen Holzblättern, Wurzeln ꝛc. in ſich aufnimmt. Dadurch wird das Waſſer geſchickt, die zerſtreuten Eiſentheile aus den Steinen, über welche es fließt, über denen es ſteht, auszulaugen. Es führt dieſelben in die niedrigſten Gegenden, wo das Bruchwaſſer meiſt ſtille ſteht, das Eiſenerz häuft ſich dort an, und fällt nach und nach nieder. Davon entſteht auf dem Boden der Brüche eine Schicht gelblich braunen Eiſen- ockers (Moraſterz), die anfangs ſehr ſchwach iſt, aber durch die Länge der Zeit immer ſtärker, wie auch feſter und feſter wird, und das Sumpf- erz ausmacht. Trocknen endlich die Brüche zu Wieſen aus, ſo erhärtet auch der Eiſenſtein noch mehr, und wird zu Wieſenerze.“ Daß Verunreinigungen aller Art darin vorkommen, namentlich Sand, das kann bei der Art der Ablagerung nicht anders ſein. Klaproth wies darin ſogar 8 p. C. Phosphorſäure nach, was das Stabeiſen kaltbrüchig macht, in- deſſen gibt es ein ſehr leicht flüſſiges zur Gießerei beſonders geſchicktes Eiſen. Linné glaubt daher, daß es wegen ſeiner leichten Gewinnungs- weiſe das erſte Eiſenerz geweſen ſei, woraus der Menſch es verſucht habe darzuſtellen, und nannte es Tophus Tubalcaini. Die große Nordeuropäiſche Niederung: Holland, das Münſterland, Pommern, die Niederlauſitz, Preuſſen, Polen, Rußland ꝛc. ſind reich an dieſem Er- zeugniß. Man gewinnt es nicht blos trocken als Wieſenerz, für deſſen ſchönſtes Vorkommen Werner’s Geburtsort Wehrau in der Niederlauſiz angeführt zu werden pflegt, ſondern man ſchöpft es als flüſſigen Moraſt aus dem Grunde der Brüche, wo es ſich dann immer wieder nach 8—10 Jahren in hinlänglicher Menge erzeugt. Nach Ehrenberg nimmt auch die Gallionella ferruginea einen weſentlichen Antheil an der Bildung. Es würde zu weit gehen, wollten wir ſorgfältig, etwa wie Hausmann im Handbuche der Mineralogie pag. 354—387, alle die kleinen Abwei- chungen aufzählen, welche das ockerige Eiſenerz eingeht. Nur folgende wenige können wir nicht mit Stillſchweigen übergehen: Der gelbe Thoneiſenſtein hat eine ockergelbe Farbe, und iſt in den verſchiedenſten Verhältniſſen durch Thon und Sand verunreinigt. Man findet ihn beſonders ſchön in verſchiedenen Lagern der Flözgebirge. Häufig zeigt er rundlich ellipſoidiſche Abſonderungen von Nuß- bis Kopfgröße (Eiſennieren), die gewöhnlich in großer Menge ſich finden, wo ſie vor- handen ſind (Brauner Jura). Der innere Kern iſt ſtets etwas lockerer, ſondert ſich auch wohl ganz ab, und dann klappern die Steine. Das ſind die im Alterthum ſo berühmten Adlerſteine, Aetites Plinius 36. 39, magnam famam habent, re- periuntur in nidis aquilarum. Ajunt binos inveniri, marem et feminam. „Im Bauche haben ſie einen harten Stein, oder einen zarten Thon, daß es klappert, wenn man ſie ſchüttelt.“ Noch heute hat die Bildungsweiſe Quenſtedt, Mineralogie. 34

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/541>, abgerufen am 24.11.2024.