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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Anhang. Künstliche Krystalle: Magnesium Platin Cyanür.
Pyritoeder p = 2a : a : infinitya mit den Würfelflächen 116° 34' und 153°
26' machen muß, so konnte das keine andere Fläche sein. Zwar kam in
den schief abgestumpften Würfelkanten noch eine zweite Fläche zuweilen
vor, allein diese neigte sich 135° gegen w, mußte also dem Granatoeder
angehören. Rammelsberg fährt nun fort:

"Die Beobachtung des Pentagondodecaeders an einer künstlichen Ver-
"bindung ist zwar an sich nicht neu (pag. 434) aber deswegen besonders in-
"teressant, weil diese Form hier in Combination mit dem Tetraeder vor-
"kommt, während man bisher niemals eine geneigtflächige (tetraedrische)
"und eine parallelflächige (pyritoedrische) Form zusammengefunden hat."

Man muß übrigens bei künstlichen Salzen, wo die physikalischen
Unterschiede und die gleichmäßige Ausbildung der Flächen nicht so regel-
recht als bei natürlichen aufzutreten pflegen, sich vor schnellen Schlüssen
hüten. Es könnte leicht sein, daß die andere Pyritoedrische Hälfte sich
doch noch untergeordnet zeigte. Es kommt in solchen Fällen auch auf die
Ausdehnung der Flächen an: bei einem ächten Pyritoedrischen System soll
auch das selbstständige Pyritoeder nicht fehlen!

Chlorsaures KaliKa C.....l, welches fabrikmäßig dargestellt wird,
weil es zu den allbekannten Zündhölzern dient, sollte isomorph mit chlor-
saurem Natron sein. Allein seine luftbeständigen Tafeln gehören dem
2 + 1gliedrigen Systeme an, haben jedoch mit Rhomboedern so auf-
fallende Aehnlichkeit, daß sie einen vortrefflichen Beweis liefern, wie
nahe überhaupt beide Systeme einander werden können. Nach Miller
(Pogg. Ann. 55. 631) bilden die niedrigen Hendyoeder eine geschobene
Säule T = a : b : infinityc von 104° in der vordern Säulenkante, und die
Schiefendfläche P = a : c : infinityb macht 105° 30' in der vordern Kante
P/T, so daß sie von der Säulenkante nur 1° 30' abweichen, was das
bloße Auge nicht unterscheidet. Dazu kommt noch, daß alle drei Flächen
blättrig sind. Kopp erwähnt auch Zwillinge, welche P gemein haben und
umgekehrt liegen, auch dieses ist dem Rhomboedrischen Zwillingsgesetz
analog. Indeß bemerkt doch schon das bloße Auge Unterschiede: nicht
blos sind die Säulenflächen häufig klein und die P tafelartig ausgedehnt,
sondern P hat auch häufig eine federartige Streifung parallel den Hendy-
oederkanten, welche man auf T vergeblich sucht.

11. Magnesium Platin Cyanür.

Pt5 Mg6 Cy11. Dies ist das prachtvoll grünschillernde rothe Salz,
was zu dichroscopischen Untersuchungen sich vor allem trefflich eignet,
Haidinger Pogg. Ann. 68. 302. Dasselbe ist luftbeständig, und verändert
sich jahrelang in offenen Kapseln aufbewahrt nicht. Die Krystallisation
bildet quadratische Säulen mit Gradendfläche. Die Säulenflächen zeigen
im reflectirten Licht einen grünen metallischen Schimmer, die Gradenfläche
hat dagegen diesen Schiller nicht, sondern ihre rothe Farbe nimmt blos
im reflectirten Lichte einen starken Stich in's Blau an, im durchfallenden
verschwindet der Schiller und das Blau gänzlich, die Farbe ist hochroth.
Im Dichroscop bekommt man bei aufrechter oder horizontaler Axenstellung
von c stets ein schillerndes Bild: das schillernde schwingt parallel der Axe

Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Magneſium Platin Cyanür.
Pyritoeder p = 2a : a : ∞a mit den Würfelflächen 116° 34′ und 153°
26′ machen muß, ſo konnte das keine andere Fläche ſein. Zwar kam in
den ſchief abgeſtumpften Würfelkanten noch eine zweite Fläche zuweilen
vor, allein dieſe neigte ſich 135° gegen w, mußte alſo dem Granatoeder
angehören. Rammelsberg fährt nun fort:

„Die Beobachtung des Pentagondodecaëders an einer künſtlichen Ver-
„bindung iſt zwar an ſich nicht neu (pag. 434) aber deswegen beſonders in-
„tereſſant, weil dieſe Form hier in Combination mit dem Tetraeder vor-
„kommt, während man bisher niemals eine geneigtflächige (tetraedriſche)
„und eine parallelflächige (pyritoedriſche) Form zuſammengefunden hat.“

Man muß übrigens bei künſtlichen Salzen, wo die phyſikaliſchen
Unterſchiede und die gleichmäßige Ausbildung der Flächen nicht ſo regel-
recht als bei natürlichen aufzutreten pflegen, ſich vor ſchnellen Schlüſſen
hüten. Es könnte leicht ſein, daß die andere Pyritoedriſche Hälfte ſich
doch noch untergeordnet zeigte. Es kommt in ſolchen Fällen auch auf die
Ausdehnung der Flächen an: bei einem ächten Pyritoedriſchen Syſtem ſoll
auch das ſelbſtſtändige Pyritoeder nicht fehlen!

Chlorſaures KaliK̇a C̶˙˙˙˙˙l, welches fabrikmäßig dargeſtellt wird,
weil es zu den allbekannten Zündhölzern dient, ſollte iſomorph mit chlor-
ſaurem Natron ſein. Allein ſeine luftbeſtändigen Tafeln gehören dem
2 + 1gliedrigen Syſteme an, haben jedoch mit Rhomboedern ſo auf-
fallende Aehnlichkeit, daß ſie einen vortrefflichen Beweis liefern, wie
nahe überhaupt beide Syſteme einander werden können. Nach Miller
(Pogg. Ann. 55. 631) bilden die niedrigen Hendyoeder eine geſchobene
Säule T = a : b : ∞c von 104° in der vordern Säulenkante, und die
Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht 105° 30′ in der vordern Kante
P/T, ſo daß ſie von der Säulenkante nur 1° 30′ abweichen, was das
bloße Auge nicht unterſcheidet. Dazu kommt noch, daß alle drei Flächen
blättrig ſind. Kopp erwähnt auch Zwillinge, welche P gemein haben und
umgekehrt liegen, auch dieſes iſt dem Rhomboedriſchen Zwillingsgeſetz
analog. Indeß bemerkt doch ſchon das bloße Auge Unterſchiede: nicht
blos ſind die Säulenflächen häufig klein und die P tafelartig ausgedehnt,
ſondern P hat auch häufig eine federartige Streifung parallel den Hendy-
oederkanten, welche man auf T vergeblich ſucht.

11. Magneſium Platin Cyanür.

Pt5 Mg6 C̶y11. Dies iſt das prachtvoll grünſchillernde rothe Salz,
was zu dichroscopiſchen Unterſuchungen ſich vor allem trefflich eignet,
Haidinger Pogg. Ann. 68. 302. Daſſelbe iſt luftbeſtändig, und verändert
ſich jahrelang in offenen Kapſeln aufbewahrt nicht. Die Kryſtalliſation
bildet quadratiſche Säulen mit Gradendfläche. Die Säulenflächen zeigen
im reflectirten Licht einen grünen metalliſchen Schimmer, die Gradenfläche
hat dagegen dieſen Schiller nicht, ſondern ihre rothe Farbe nimmt blos
im reflectirten Lichte einen ſtarken Stich in’s Blau an, im durchfallenden
verſchwindet der Schiller und das Blau gänzlich, die Farbe iſt hochroth.
Im Dichroscop bekommt man bei aufrechter oder horizontaler Axenſtellung
von c ſtets ein ſchillerndes Bild: das ſchillernde ſchwingt parallel der Axe

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[464/0476] Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Magneſium Platin Cyanür. Pyritoeder p = 2a : a : ∞a mit den Würfelflächen 116° 34′ und 153° 26′ machen muß, ſo konnte das keine andere Fläche ſein. Zwar kam in den ſchief abgeſtumpften Würfelkanten noch eine zweite Fläche zuweilen vor, allein dieſe neigte ſich 135° gegen w, mußte alſo dem Granatoeder angehören. Rammelsberg fährt nun fort: „Die Beobachtung des Pentagondodecaëders an einer künſtlichen Ver- „bindung iſt zwar an ſich nicht neu (pag. 434) aber deswegen beſonders in- „tereſſant, weil dieſe Form hier in Combination mit dem Tetraeder vor- „kommt, während man bisher niemals eine geneigtflächige (tetraedriſche) „und eine parallelflächige (pyritoedriſche) Form zuſammengefunden hat.“ Man muß übrigens bei künſtlichen Salzen, wo die phyſikaliſchen Unterſchiede und die gleichmäßige Ausbildung der Flächen nicht ſo regel- recht als bei natürlichen aufzutreten pflegen, ſich vor ſchnellen Schlüſſen hüten. Es könnte leicht ſein, daß die andere Pyritoedriſche Hälfte ſich doch noch untergeordnet zeigte. Es kommt in ſolchen Fällen auch auf die Ausdehnung der Flächen an: bei einem ächten Pyritoedriſchen Syſtem ſoll auch das ſelbſtſtändige Pyritoeder nicht fehlen! Chlorſaures KaliK̇a C̶˙˙˙˙˙l, welches fabrikmäßig dargeſtellt wird, weil es zu den allbekannten Zündhölzern dient, ſollte iſomorph mit chlor- ſaurem Natron ſein. Allein ſeine luftbeſtändigen Tafeln gehören dem 2 + 1gliedrigen Syſteme an, haben jedoch mit Rhomboedern ſo auf- fallende Aehnlichkeit, daß ſie einen vortrefflichen Beweis liefern, wie nahe überhaupt beide Syſteme einander werden können. Nach Miller (Pogg. Ann. 55. 631) bilden die niedrigen Hendyoeder eine geſchobene Säule T = a : b : ∞c von 104° in der vordern Säulenkante, und die Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht 105° 30′ in der vordern Kante P/T, ſo daß ſie von der Säulenkante nur 1° 30′ abweichen, was das bloße Auge nicht unterſcheidet. Dazu kommt noch, daß alle drei Flächen blättrig ſind. Kopp erwähnt auch Zwillinge, welche P gemein haben und umgekehrt liegen, auch dieſes iſt dem Rhomboedriſchen Zwillingsgeſetz analog. Indeß bemerkt doch ſchon das bloße Auge Unterſchiede: nicht blos ſind die Säulenflächen häufig klein und die P tafelartig ausgedehnt, ſondern P hat auch häufig eine federartige Streifung parallel den Hendy- oederkanten, welche man auf T vergeblich ſucht. 11. Magneſium Platin Cyanür. Pt5 Mg6 C̶y11. Dies iſt das prachtvoll grünſchillernde rothe Salz, was zu dichroscopiſchen Unterſuchungen ſich vor allem trefflich eignet, Haidinger Pogg. Ann. 68. 302. Daſſelbe iſt luftbeſtändig, und verändert ſich jahrelang in offenen Kapſeln aufbewahrt nicht. Die Kryſtalliſation bildet quadratiſche Säulen mit Gradendfläche. Die Säulenflächen zeigen im reflectirten Licht einen grünen metalliſchen Schimmer, die Gradenfläche hat dagegen dieſen Schiller nicht, ſondern ihre rothe Farbe nimmt blos im reflectirten Lichte einen ſtarken Stich in’s Blau an, im durchfallenden verſchwindet der Schiller und das Blau gänzlich, die Farbe iſt hochroth. Im Dichroscop bekommt man bei aufrechter oder horizontaler Axenſtellung von c ſtets ein ſchillerndes Bild: das ſchillernde ſchwingt parallel der Axe

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/476>, abgerufen am 22.11.2024.