mit den Häuten einer Zwiebel verglichen werden. Noch viel größer ist die Mannigfaltigkeit der freilich weniger kostbaren
5. bunten Marmore. Dieß sind nichts weiter als dichte Kalk- steine mit flachmuscheligem splittrigem Bruch. Doch nennt man nicht jeden Kalkstein Marmor, er muß sich entweder durch schöne Farben aus- zeichnen, oder doch einen höheren Grad von Reinheit haben. Letzterer bildet, wie die Dolomite, plumpe Felsen, und findet sich besonders im Hochgebirge oder doch in den ältern Formationen. Die Künstler bezeichnen ihn gern nach der Farbe: Marmo bianco (weiß), nero (schwarz), rosso (roth), verdello (grün), giallo (isabellgelb); setzen auch wohl den Fundort zu, giallo de Siena. Wenn dieser aber nicht bekannt ist, wie das bei den Alterthümern Griechenlands und Italiens häufig vorkommt, so setzt man noch antico hinzu, was in Italien freilich häufig, wie schon Ferber (Briefe aus Welschland) bemerkt, betrügerisch geschieht, um dadurch den Werth der Sache zu erhöhen. Es gibt auch vielfarbige, bei denen die Farben sich meist flammig zertheilen, und wovon die Techniker das Wort "mar- morirt" entlehnt haben. In Deutschland ist der rothe Marmor von Rü- beland bei Elbingerode auf dem Harz, und der von Bayreuth bekannt. Sonderlich stark braun- und gelbgeflammte kommen an den Gränzen der Bohnenerze auf der Alp vor, sie werden zu Briefbeschwerern, Pfeifen- köpfen etc. benützt (Mineralogische Belustigungen 1770. V. pag. 202).
Muschelmarmor (Lumachelle) nennt man die Kalksteine, worin die organischen Einschlüsse, worunter hauptsächlich Muscheln, scharf her- vortreten. Einen der schönsten darunter bildet der Muschelmarmor von Bleiberg in Kärnthen. Zwischen zahllosen Muscheln des schwärzlichen Gesteins liegen Schalentrümmer von Ammonites, die in den prachtvollsten Regenbogenfarben strahlen, besonders nach gewisser Richtung, wie die Perlmutterschale. In der Gegend von Ischl werden Ammoniten polirt, woran die Loben auf das Zierlichste hervortreten. Der Alttorfer Muschel- marmor ist ein bituminöser Liaskalk mit Ammonites communis, dessen Kammern sich mit Kalkspath erfüllt haben. Ueberhaupt wird der Effekt dieser Gesteine durch das späthige Gefüge der darin eingesprengten Mu- scheln erzeugt. Die Alten kannten sie von Megara.
6. Die dichten Kalksteine nehmen Thon auf, verlieren dann zwar an Schönheit, gewinnen aber gewöhnlich an Schichtung. Der berühm- teste aller geschichteten Kalke heutiges Tages findet sich zu Solnhofen an der Altmühl in Baiern. Hier finden sich in den plattigen Kalken des obern Weißen Jura Bänke von einer bewundernswürdigen Gleichartigkeit: es ist ein homogener Kalkschlamm mit ebenem Bruche, der auf Schuh- weite dem Schlage folgt, man kann Platten von mehreren Quadratfuß gewinnen, die nicht den geringsten Fehler haben, die Bruchfläche mit der Hand überfahren erregt das sanfteste Gefühl. Am feinsten sind die blauen von Mörnsheim. Die feinen dienen zur Lithographie, kleine Fehler schaden nicht; die gröbern zu Fußplatten, Dachziegeln etc. Die Ziegelplatten sind oft durch schwarze Dendriten, welche von einer Spalte aus sich blumig ins Gestein verbreiten, geschmückt. Diese Manganfär- bungen hielt man früher irrthümlich für Pflanzen, sie zogen daher in ungebührlichem Grade die Aufmerksamkeit der Geologen auf sich. Noch heute betrachtet sie der Laie mit besonderm Wohlgefallen.
II. Cl. Saliniſche Steine: Marmor.
mit den Häuten einer Zwiebel verglichen werden. Noch viel größer iſt die Mannigfaltigkeit der freilich weniger koſtbaren
5. bunten Marmore. Dieß ſind nichts weiter als dichte Kalk- ſteine mit flachmuſcheligem ſplittrigem Bruch. Doch nennt man nicht jeden Kalkſtein Marmor, er muß ſich entweder durch ſchöne Farben aus- zeichnen, oder doch einen höheren Grad von Reinheit haben. Letzterer bildet, wie die Dolomite, plumpe Felſen, und findet ſich beſonders im Hochgebirge oder doch in den ältern Formationen. Die Künſtler bezeichnen ihn gern nach der Farbe: Marmo bianco (weiß), nero (ſchwarz), rosso (roth), verdello (grün), giallo (iſabellgelb); ſetzen auch wohl den Fundort zu, giallo de Siena. Wenn dieſer aber nicht bekannt iſt, wie das bei den Alterthümern Griechenlands und Italiens häufig vorkommt, ſo ſetzt man noch antico hinzu, was in Italien freilich häufig, wie ſchon Ferber (Briefe aus Welſchland) bemerkt, betrügeriſch geſchieht, um dadurch den Werth der Sache zu erhöhen. Es gibt auch vielfarbige, bei denen die Farben ſich meiſt flammig zertheilen, und wovon die Techniker das Wort „mar- morirt“ entlehnt haben. In Deutſchland iſt der rothe Marmor von Rü- beland bei Elbingerode auf dem Harz, und der von Bayreuth bekannt. Sonderlich ſtark braun- und gelbgeflammte kommen an den Gränzen der Bohnenerze auf der Alp vor, ſie werden zu Briefbeſchwerern, Pfeifen- köpfen ꝛc. benützt (Mineralogiſche Beluſtigungen 1770. V. pag. 202).
Muſchelmarmor (Lumachelle) nennt man die Kalkſteine, worin die organiſchen Einſchlüſſe, worunter hauptſächlich Muſcheln, ſcharf her- vortreten. Einen der ſchönſten darunter bildet der Muſchelmarmor von Bleiberg in Kärnthen. Zwiſchen zahlloſen Muſcheln des ſchwärzlichen Geſteins liegen Schalentrümmer von Ammonites, die in den prachtvollſten Regenbogenfarben ſtrahlen, beſonders nach gewiſſer Richtung, wie die Perlmutterſchale. In der Gegend von Iſchl werden Ammoniten polirt, woran die Loben auf das Zierlichſte hervortreten. Der Alttorfer Muſchel- marmor iſt ein bituminöſer Liaskalk mit Ammonites communis, deſſen Kammern ſich mit Kalkſpath erfüllt haben. Ueberhaupt wird der Effekt dieſer Geſteine durch das ſpäthige Gefüge der darin eingeſprengten Mu- ſcheln erzeugt. Die Alten kannten ſie von Megara.
6. Die dichten Kalkſteine nehmen Thon auf, verlieren dann zwar an Schönheit, gewinnen aber gewöhnlich an Schichtung. Der berühm- teſte aller geſchichteten Kalke heutiges Tages findet ſich zu Solnhofen an der Altmühl in Baiern. Hier finden ſich in den plattigen Kalken des obern Weißen Jura Bänke von einer bewundernswürdigen Gleichartigkeit: es iſt ein homogener Kalkſchlamm mit ebenem Bruche, der auf Schuh- weite dem Schlage folgt, man kann Platten von mehreren Quadratfuß gewinnen, die nicht den geringſten Fehler haben, die Bruchfläche mit der Hand überfahren erregt das ſanfteſte Gefühl. Am feinſten ſind die blauen von Mörnsheim. Die feinen dienen zur Lithographie, kleine Fehler ſchaden nicht; die gröbern zu Fußplatten, Dachziegeln ꝛc. Die Ziegelplatten ſind oft durch ſchwarze Dendriten, welche von einer Spalte aus ſich blumig ins Geſtein verbreiten, geſchmückt. Dieſe Manganfär- bungen hielt man früher irrthümlich für Pflanzen, ſie zogen daher in ungebührlichem Grade die Aufmerkſamkeit der Geologen auf ſich. Noch heute betrachtet ſie der Laie mit beſonderm Wohlgefallen.
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II. Cl. Saliniſche Steine: Marmor.
mit den Häuten einer Zwiebel verglichen werden. Noch viel größer iſt
die Mannigfaltigkeit der freilich weniger koſtbaren
5. bunten Marmore. Dieß ſind nichts weiter als dichte Kalk-
ſteine mit flachmuſcheligem ſplittrigem Bruch. Doch nennt man nicht
jeden Kalkſtein Marmor, er muß ſich entweder durch ſchöne Farben aus-
zeichnen, oder doch einen höheren Grad von Reinheit haben. Letzterer
bildet, wie die Dolomite, plumpe Felſen, und findet ſich beſonders im
Hochgebirge oder doch in den ältern Formationen. Die Künſtler bezeichnen
ihn gern nach der Farbe: Marmo bianco (weiß), nero (ſchwarz), rosso
(roth), verdello (grün), giallo (iſabellgelb); ſetzen auch wohl den Fundort
zu, giallo de Siena. Wenn dieſer aber nicht bekannt iſt, wie das bei den
Alterthümern Griechenlands und Italiens häufig vorkommt, ſo ſetzt man
noch antico hinzu, was in Italien freilich häufig, wie ſchon Ferber (Briefe
aus Welſchland) bemerkt, betrügeriſch geſchieht, um dadurch den Werth
der Sache zu erhöhen. Es gibt auch vielfarbige, bei denen die Farben
ſich meiſt flammig zertheilen, und wovon die Techniker das Wort „mar-
morirt“ entlehnt haben. In Deutſchland iſt der rothe Marmor von Rü-
beland bei Elbingerode auf dem Harz, und der von Bayreuth bekannt.
Sonderlich ſtark braun- und gelbgeflammte kommen an den Gränzen der
Bohnenerze auf der Alp vor, ſie werden zu Briefbeſchwerern, Pfeifen-
köpfen ꝛc. benützt (Mineralogiſche Beluſtigungen 1770. V. pag. 202).
Muſchelmarmor (Lumachelle) nennt man die Kalkſteine, worin
die organiſchen Einſchlüſſe, worunter hauptſächlich Muſcheln, ſcharf her-
vortreten. Einen der ſchönſten darunter bildet der Muſchelmarmor
von Bleiberg in Kärnthen. Zwiſchen zahlloſen Muſcheln des ſchwärzlichen
Geſteins liegen Schalentrümmer von Ammonites, die in den prachtvollſten
Regenbogenfarben ſtrahlen, beſonders nach gewiſſer Richtung, wie die
Perlmutterſchale. In der Gegend von Iſchl werden Ammoniten polirt,
woran die Loben auf das Zierlichſte hervortreten. Der Alttorfer Muſchel-
marmor iſt ein bituminöſer Liaskalk mit Ammonites communis, deſſen
Kammern ſich mit Kalkſpath erfüllt haben. Ueberhaupt wird der Effekt
dieſer Geſteine durch das ſpäthige Gefüge der darin eingeſprengten Mu-
ſcheln erzeugt. Die Alten kannten ſie von Megara.
6. Die dichten Kalkſteine nehmen Thon auf, verlieren dann zwar
an Schönheit, gewinnen aber gewöhnlich an Schichtung. Der berühm-
teſte aller geſchichteten Kalke heutiges Tages findet ſich zu Solnhofen an
der Altmühl in Baiern. Hier finden ſich in den plattigen Kalken des
obern Weißen Jura Bänke von einer bewundernswürdigen Gleichartigkeit:
es iſt ein homogener Kalkſchlamm mit ebenem Bruche, der auf Schuh-
weite dem Schlage folgt, man kann Platten von mehreren Quadratfuß
gewinnen, die nicht den geringſten Fehler haben, die Bruchfläche mit der
Hand überfahren erregt das ſanfteſte Gefühl. Am feinſten ſind die
blauen von Mörnsheim. Die feinen dienen zur Lithographie, kleine
Fehler ſchaden nicht; die gröbern zu Fußplatten, Dachziegeln ꝛc. Die
Ziegelplatten ſind oft durch ſchwarze Dendriten, welche von einer Spalte
aus ſich blumig ins Geſtein verbreiten, geſchmückt. Dieſe Manganfär-
bungen hielt man früher irrthümlich für Pflanzen, ſie zogen daher in
ungebührlichem Grade die Aufmerkſamkeit der Geologen auf ſich. Noch
heute betrachtet ſie der Laie mit beſonderm Wohlgefallen.
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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/347>, abgerufen am 23.11.2024.
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