3. Die PhosphorsäureP....., merkwürdig durch ihren Isomorphismus mit A'''s, die man daher auch neben einander aufführen muß, ist in Hin- sicht auf Masse den beiden genannten weit untergeordnet. Sie nimmt aber wegen ihrer Rolle, welche sie im thierischen Organismus spielt, un- sere Aufmerksamkeit in doppelten Anspruch.
4. Die Salzbilder Fluor Fl, Chlor Cl, Jod J und Brom Br spielen eine sehr ungleiche Rolle. Das Fluor schon bei vielen Silicaten wichtig, lagert sich im Flußspath in größern Mengen ab, während das Chlor hauptsächlich sich an das Steinsalz bindet.
5. Die BorsäureB bildet zwar nur eine kleine, aber ganz interessante Gruppe.
Von Metallsäuren sind Chromsäure Cr, Wolframsäure W, Molybdän- säure Mo insonders wegen der Bleisalze hier aufzuführen, während ihre Oxyde wohl bei den Oxydischen Erzen die bessere Stelle finden, wenn gleich über Oxyd oder Säure eine richtige chemische Deutung nicht immer möglich ist. Das sind Schwierigkeiten, wovon keine Systematik sich be- freien kann.
Uebrigens darf man auch hier das Bestreben nicht aufgeben, so viel als möglich das Aehnliche zusammen zu bringen. Dieß gelingt nament- lich bei den künstlichen Salzen am wenigsten, denen im Grunde genommen unter den Mineralen ihr Platz nicht versagt werden kann.
Weil es dieser Klasse an Kieselerde fehlt, so sind die dahin gehö- rigen Minerale im Allgemeinen leicht aufschließbar, das erleichtert die chemische Untersuchung besonders auf nassem Wege außerordentlich.
Kohlensaure salinische Steine.
1. Kalkspath.
Calx (khalix) hieß bei den Lateinern im Allgemeinen Stein, Plinius hist. nat. 36. 53 braucht es dann ausdrücklich für unsern Kalkstein: mirum, aliquid poslquam arserit accendi aquis (wunderbar, daß etwas, nachdem es gebrannt, durch Wasser angezündet werden kann). Die krystallinischen hießen bei den Bergleuten schlechthin Spath, Spatum lapis Agricola pag. 518, und es nimmt Wunder, daß wir diesen bei den Alten nicht sicher wieder erkennen. Scheuchzer glaubt, es sei Androdamas (quadrata semperque tessulis similis Plinius hist. nat. 37. 54), Agricola nennt ihn Rhombites, und seit Bartholin am Crystallus Islandicus 1669 die doppelte Strahlenbrechung erkannte, beschäftigten sich die ausgezeichnetsten Physiker mit der Bestimmung seiner Winkel. Seine Figuren haben das Auge der Bergverständigen auf sich gezogen, und obgleich Cronstedt noch 1758 "keine große Hoffnung hegte, daß etwas Wesentliches daraus werde," so hatte doch Bergmann 1773 schon den Schlüssel gefunden, welcher Hauy zu seinen bewunderungswürdigen Entdeckungen führte. Dieser begann sein Mineralsystem nicht nur mit dem Chaux carbonatee, sondern setzte daran auch seine ganze Theorie auseinander: ohne Kalkspath würde die Krystallo- graphie vielleicht noch lange verborgen geblieben sein.
II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
3. Die PhosphorſäureP̶˙˙˙˙˙, merkwürdig durch ihren Iſomorphismus mit A̶ˈˈˈs, die man daher auch neben einander aufführen muß, iſt in Hin- ſicht auf Maſſe den beiden genannten weit untergeordnet. Sie nimmt aber wegen ihrer Rolle, welche ſie im thieriſchen Organismus ſpielt, un- ſere Aufmerkſamkeit in doppelten Anſpruch.
4. Die Salzbilder Fluor F̶l, Chlor C̶l, Jod J̶ und Brom B̶r ſpielen eine ſehr ungleiche Rolle. Das Fluor ſchon bei vielen Silicaten wichtig, lagert ſich im Flußſpath in größern Mengen ab, während das Chlor hauptſächlich ſich an das Steinſalz bindet.
5. Die BorſäureB⃛ bildet zwar nur eine kleine, aber ganz intereſſante Gruppe.
Von Metallſäuren ſind Chromſäure C⃛r, Wolframſäure W⃛, Molybdän- ſäure M⃛o inſonders wegen der Bleiſalze hier aufzuführen, während ihre Oxyde wohl bei den Oxydiſchen Erzen die beſſere Stelle finden, wenn gleich über Oxyd oder Säure eine richtige chemiſche Deutung nicht immer möglich iſt. Das ſind Schwierigkeiten, wovon keine Syſtematik ſich be- freien kann.
Uebrigens darf man auch hier das Beſtreben nicht aufgeben, ſo viel als möglich das Aehnliche zuſammen zu bringen. Dieß gelingt nament- lich bei den künſtlichen Salzen am wenigſten, denen im Grunde genommen unter den Mineralen ihr Platz nicht verſagt werden kann.
Weil es dieſer Klaſſe an Kieſelerde fehlt, ſo ſind die dahin gehö- rigen Minerale im Allgemeinen leicht aufſchließbar, das erleichtert die chemiſche Unterſuchung beſonders auf naſſem Wege außerordentlich.
Kohlenſaure ſaliniſche Steine.
1. Kalkſpath.
Calx (χάλιξ) hieß bei den Lateinern im Allgemeinen Stein, Plinius hist. nat. 36. 53 braucht es dann ausdrücklich für unſern Kalkſtein: mirum, aliquid poslquam arserit accendi aquis (wunderbar, daß etwas, nachdem es gebrannt, durch Waſſer angezündet werden kann). Die kryſtalliniſchen hießen bei den Bergleuten ſchlechthin Spath, Spatum lapis Agricola pag. 518, und es nimmt Wunder, daß wir dieſen bei den Alten nicht ſicher wieder erkennen. Scheuchzer glaubt, es ſei Androdamas (quadrata semperque tessulis similis Plinius hist. nat. 37. 54), Agricola nennt ihn Rhombites, und ſeit Bartholin am Crystallus Islandicus 1669 die doppelte Strahlenbrechung erkannte, beſchäftigten ſich die ausgezeichnetſten Phyſiker mit der Beſtimmung ſeiner Winkel. Seine Figuren haben das Auge der Bergverſtändigen auf ſich gezogen, und obgleich Cronſtedt noch 1758 „keine große Hoffnung hegte, daß etwas Weſentliches daraus werde,“ ſo hatte doch Bergmann 1773 ſchon den Schlüſſel gefunden, welcher Hauy zu ſeinen bewunderungswürdigen Entdeckungen führte. Dieſer begann ſein Mineralſyſtem nicht nur mit dem Chaux carbonatée, ſondern ſetzte daran auch ſeine ganze Theorie auseinander: ohne Kalkſpath würde die Kryſtallo- graphie vielleicht noch lange verborgen geblieben ſein.
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aber wegen ihrer Rolle, welche ſie im thieriſchen Organismus ſpielt, un-
ſere Aufmerkſamkeit in doppelten Anſpruch.
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eine ſehr ungleiche Rolle. Das Fluor ſchon bei vielen Silicaten wichtig,
lagert ſich im Flußſpath in größern Mengen ab, während das Chlor
hauptſächlich ſich an das Steinſalz bindet.
5. Die Borſäure B⃛ bildet zwar nur eine kleine, aber ganz intereſſante
Gruppe.
Von Metallſäuren ſind Chromſäure C⃛r, Wolframſäure W⃛, Molybdän-
ſäure M⃛o inſonders wegen der Bleiſalze hier aufzuführen, während ihre
Oxyde wohl bei den Oxydiſchen Erzen die beſſere Stelle finden, wenn
gleich über Oxyd oder Säure eine richtige chemiſche Deutung nicht immer
möglich iſt. Das ſind Schwierigkeiten, wovon keine Syſtematik ſich be-
freien kann.
Uebrigens darf man auch hier das Beſtreben nicht aufgeben, ſo viel
als möglich das Aehnliche zuſammen zu bringen. Dieß gelingt nament-
lich bei den künſtlichen Salzen am wenigſten, denen im Grunde genommen
unter den Mineralen ihr Platz nicht verſagt werden kann.
Weil es dieſer Klaſſe an Kieſelerde fehlt, ſo ſind die dahin gehö-
rigen Minerale im Allgemeinen leicht aufſchließbar, das erleichtert die
chemiſche Unterſuchung beſonders auf naſſem Wege außerordentlich.
Kohlenſaure ſaliniſche Steine.
1. Kalkſpath.
Calx (χάλιξ) hieß bei den Lateinern im Allgemeinen Stein, Plinius
hist. nat. 36. 53 braucht es dann ausdrücklich für unſern Kalkſtein: mirum,
aliquid poslquam arserit accendi aquis (wunderbar, daß etwas, nachdem
es gebrannt, durch Waſſer angezündet werden kann). Die kryſtalliniſchen
hießen bei den Bergleuten ſchlechthin Spath, Spatum lapis Agricola
pag. 518, und es nimmt Wunder, daß wir dieſen bei den Alten nicht
ſicher wieder erkennen. Scheuchzer glaubt, es ſei Androdamas (quadrata
semperque tessulis similis Plinius hist. nat. 37. 54), Agricola nennt ihn
Rhombites, und ſeit Bartholin am Crystallus Islandicus 1669 die doppelte
Strahlenbrechung erkannte, beſchäftigten ſich die ausgezeichnetſten Phyſiker
mit der Beſtimmung ſeiner Winkel. Seine Figuren haben das Auge der
Bergverſtändigen auf ſich gezogen, und obgleich Cronſtedt noch 1758 „keine
große Hoffnung hegte, daß etwas Weſentliches daraus werde,“ ſo hatte
doch Bergmann 1773 ſchon den Schlüſſel gefunden, welcher Hauy zu
ſeinen bewunderungswürdigen Entdeckungen führte. Dieſer begann ſein
Mineralſyſtem nicht nur mit dem Chaux carbonatée, ſondern ſetzte daran
auch ſeine ganze Theorie auseinander: ohne Kalkſpath würde die Kryſtallo-
graphie vielleicht noch lange verborgen geblieben ſein.
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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/328>, abgerufen am 13.11.2024.
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