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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 5te Fam.: Cyanit.
gegen einander verdreht. Dagegen behauptet nun G. Rofe (Kryst. chem.
Mineral. pag. 79), daß eine

zweite Art, wo zwar T und T' auch einspringende Winkel bilden,
aber P und P' scheinbar mit einander einspiegeln, gewöhnlicher sei. In
diesem Falle muß man das eine Zwillingsindividuum 180° um die Axe
P/M drehen. Da Kanten P/M und o/M auf M ein Parallelogramm von
90° 15' bilden, so müssen sich, entweder wenn M/P M'/P' gedacht
würde, die Säulenkanten M/o mit M'/o' unter 30' schneiden; oder wenn
M/o M'/o', die Kanten P/M und P'/M' unter 30'. Die Unterschiede
beider möglichen Fälle sind so gering, daß sich nicht leicht die Wahrheit
wird ermitteln lassen. Endlich ist auch eine

dritte Art möglich: ein Individuum dreht sich 180' um die Säulen-
kante M/T, dann werden alle Säulenflächen einspiegeln, nur die End-
flächen P unter 30' Kreuzung der Kanten P/M mit P'/M' einen einsprin-
genden Winkel bilden. Da nun das Ende gewöhnlich fehlt, so erscheinen
dem Auge solche Krystalle einfach, Plücker weist aber (Pogg. Ann. 82. 58)
ein optisches Mittel nach, sie zu erkennen: es zeigen sich nämlich zwischen
gekreuzten Turmalinplatten eigenthümliche hyperbolische Linien, welche sich
bei einfachen Individuen niemals finden.

Die optische Mittellinie steht senkrecht gegen den Blätterbruch M, die
Ebene dex optischen Axe geht durch den stumpfen Winkel des Parallelo-
gramms von 90° 15' und schneidet die Kante M/T unter 30°. Die Axen
selbst schneiden sich unter 81° 48'.

Auf das Dichroskop wirken die Krystalle sehr stark: senkrecht gegen
den Blätterbruch sind die Bilder zwar kaum von einander verschieden,
allein gegen T gesehen wird das eine Bild auf Kosten des andern pracht-
voll blau, und zwar bei aufrechter Säulenaxe das ordinäre, bei liegender
das extraordinäre.

Hängt man den Krystall an einem Coconfaden in einer Papier-
schleife auf, so stellt er sich mit Declination und Inclination wie eine
Magnetnadel (Plücker Pogg. Ann. 77. 448), "er ist eine wahre Compaß-
nadel", und richtet dabei immer dasselbe Ende nach Norden! Zu diesem
interessanten Experiment gehört jedoch eine vorsichtige Wahl der Indivi-
duen, bei allen glückt es nicht.

Nicht minder auffallend sind die großen Verschiedenheiten der Härte:
auf dem Blätterbruch M läßt er sich parallel der Säulenkante M/T, also
senkrecht gegen die Faserstreifung, mit einem gewöhnlichen Messer noch
gut ritzen (H = 4--5), parallel der Faser, also senkrecht gegen die Kante,
kommt man dagegen beim stärksten Druck nicht mehr hinein (H = 6),
auf den übrigen Säulenflächen erreicht er dagegen, besonders gegen die
Säulenkante, die Härte des Quarzes = 7! Gew. 3,5--3,7. Blaue
Farbe, ins Weißliche bis Farblose, seltener graulich.

Vor dem Löthrohr unschmelzbar, brennt sich aber weiß, mit Kobald-
solution stark geglüht schön blau. Zum Aufschließen eignet sich Aetzkali-
hydrat am besten.

Al3 Si2 mit etwa 62,6 Al, 37 Si, 1 Fe,
doch schwanken die Angaben etwas. Jedenfalls ist die Zusammensetzung
Staurolithartig, daher verwachsen beide häufig der Länge nach mit ein-

I. Cl. 5te Fam.: Cyanit.
gegen einander verdreht. Dagegen behauptet nun G. Rofe (Kryſt. chem.
Mineral. pag. 79), daß eine

zweite Art, wo zwar T und T' auch einſpringende Winkel bilden,
aber P und P' ſcheinbar mit einander einſpiegeln, gewöhnlicher ſei. In
dieſem Falle muß man das eine Zwillingsindividuum 180° um die Axe
P/M drehen. Da Kanten P/M und o/M auf M ein Parallelogramm von
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würde, die Säulenkanten M/o mit M'/o' unter 30′ ſchneiden; oder wenn
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beider möglichen Fälle ſind ſo gering, daß ſich nicht leicht die Wahrheit
wird ermitteln laſſen. Endlich iſt auch eine

dritte Art möglich: ein Individuum dreht ſich 180′ um die Säulen-
kante M/T, dann werden alle Säulenflächen einſpiegeln, nur die End-
flächen P unter 30′ Kreuzung der Kanten P/M mit P'/M' einen einſprin-
genden Winkel bilden. Da nun das Ende gewöhnlich fehlt, ſo erſcheinen
dem Auge ſolche Kryſtalle einfach, Plücker weist aber (Pogg. Ann. 82. 58)
ein optiſches Mittel nach, ſie zu erkennen: es zeigen ſich nämlich zwiſchen
gekreuzten Turmalinplatten eigenthümliche hyperboliſche Linien, welche ſich
bei einfachen Individuen niemals finden.

Die optiſche Mittellinie ſteht ſenkrecht gegen den Blätterbruch M, die
Ebene dex optiſchen Axe geht durch den ſtumpfen Winkel des Parallelo-
gramms von 90° 15′ und ſchneidet die Kante M/T unter 30°. Die Axen
ſelbſt ſchneiden ſich unter 81° 48′.

Auf das Dichroſkop wirken die Kryſtalle ſehr ſtark: ſenkrecht gegen
den Blätterbruch ſind die Bilder zwar kaum von einander verſchieden,
allein gegen T geſehen wird das eine Bild auf Koſten des andern pracht-
voll blau, und zwar bei aufrechter Säulenaxe das ordinäre, bei liegender
das extraordinäre.

Hängt man den Kryſtall an einem Coconfaden in einer Papier-
ſchleife auf, ſo ſtellt er ſich mit Declination und Inclination wie eine
Magnetnadel (Plücker Pogg. Ann. 77. 448), „er iſt eine wahre Compaß-
nadel“, und richtet dabei immer daſſelbe Ende nach Norden! Zu dieſem
intereſſanten Experiment gehört jedoch eine vorſichtige Wahl der Indivi-
duen, bei allen glückt es nicht.

Nicht minder auffallend ſind die großen Verſchiedenheiten der Härte:
auf dem Blätterbruch M läßt er ſich parallel der Säulenkante M/T, alſo
ſenkrecht gegen die Faſerſtreifung, mit einem gewöhnlichen Meſſer noch
gut ritzen (H = 4—5), parallel der Faſer, alſo ſenkrecht gegen die Kante,
kommt man dagegen beim ſtärkſten Druck nicht mehr hinein (H = 6),
auf den übrigen Säulenflächen erreicht er dagegen, beſonders gegen die
Säulenkante, die Härte des Quarzes = 7! Gew. 3,5—3,7. Blaue
Farbe, ins Weißliche bis Farbloſe, ſeltener graulich.

Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, brennt ſich aber weiß, mit Kobald-
ſolution ſtark geglüht ſchön blau. Zum Aufſchließen eignet ſich Aetzkali-
hydrat am beſten.

A̶⃛l3 S⃛i2 mit etwa 62,6 A̶⃛l, 37 S⃛i, 1 F̶⃛e,
doch ſchwanken die Angaben etwas. Jedenfalls iſt die Zuſammenſetzung
Staurolithartig, daher verwachſen beide häufig der Länge nach mit ein-

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[238/0250] I. Cl. 5te Fam.: Cyanit. gegen einander verdreht. Dagegen behauptet nun G. Rofe (Kryſt. chem. Mineral. pag. 79), daß eine zweite Art, wo zwar T und T' auch einſpringende Winkel bilden, aber P und P' ſcheinbar mit einander einſpiegeln, gewöhnlicher ſei. In dieſem Falle muß man das eine Zwillingsindividuum 180° um die Axe P/M drehen. Da Kanten P/M und o/M auf M ein Parallelogramm von 90° 15′ bilden, ſo müſſen ſich, entweder wenn M/P ≠ M'/P' gedacht würde, die Säulenkanten M/o mit M'/o' unter 30′ ſchneiden; oder wenn M/o ≠ M'/o', die Kanten P/M und P'/M' unter 30′. Die Unterſchiede beider möglichen Fälle ſind ſo gering, daß ſich nicht leicht die Wahrheit wird ermitteln laſſen. Endlich iſt auch eine dritte Art möglich: ein Individuum dreht ſich 180′ um die Säulen- kante M/T, dann werden alle Säulenflächen einſpiegeln, nur die End- flächen P unter 30′ Kreuzung der Kanten P/M mit P'/M' einen einſprin- genden Winkel bilden. Da nun das Ende gewöhnlich fehlt, ſo erſcheinen dem Auge ſolche Kryſtalle einfach, Plücker weist aber (Pogg. Ann. 82. 58) ein optiſches Mittel nach, ſie zu erkennen: es zeigen ſich nämlich zwiſchen gekreuzten Turmalinplatten eigenthümliche hyperboliſche Linien, welche ſich bei einfachen Individuen niemals finden. Die optiſche Mittellinie ſteht ſenkrecht gegen den Blätterbruch M, die Ebene dex optiſchen Axe geht durch den ſtumpfen Winkel des Parallelo- gramms von 90° 15′ und ſchneidet die Kante M/T unter 30°. Die Axen ſelbſt ſchneiden ſich unter 81° 48′. Auf das Dichroſkop wirken die Kryſtalle ſehr ſtark: ſenkrecht gegen den Blätterbruch ſind die Bilder zwar kaum von einander verſchieden, allein gegen T geſehen wird das eine Bild auf Koſten des andern pracht- voll blau, und zwar bei aufrechter Säulenaxe das ordinäre, bei liegender das extraordinäre. Hängt man den Kryſtall an einem Coconfaden in einer Papier- ſchleife auf, ſo ſtellt er ſich mit Declination und Inclination wie eine Magnetnadel (Plücker Pogg. Ann. 77. 448), „er iſt eine wahre Compaß- nadel“, und richtet dabei immer daſſelbe Ende nach Norden! Zu dieſem intereſſanten Experiment gehört jedoch eine vorſichtige Wahl der Indivi- duen, bei allen glückt es nicht. Nicht minder auffallend ſind die großen Verſchiedenheiten der Härte: auf dem Blätterbruch M läßt er ſich parallel der Säulenkante M/T, alſo ſenkrecht gegen die Faſerſtreifung, mit einem gewöhnlichen Meſſer noch gut ritzen (H = 4—5), parallel der Faſer, alſo ſenkrecht gegen die Kante, kommt man dagegen beim ſtärkſten Druck nicht mehr hinein (H = 6), auf den übrigen Säulenflächen erreicht er dagegen, beſonders gegen die Säulenkante, die Härte des Quarzes = 7! Gew. 3,5—3,7. Blaue Farbe, ins Weißliche bis Farbloſe, ſeltener graulich. Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, brennt ſich aber weiß, mit Kobald- ſolution ſtark geglüht ſchön blau. Zum Aufſchließen eignet ſich Aetzkali- hydrat am beſten. A̶⃛l3 S⃛i2 mit etwa 62,6 A̶⃛l, 37 S⃛i, 1 F̶⃛e, doch ſchwanken die Angaben etwas. Jedenfalls iſt die Zuſammenſetzung Staurolithartig, daher verwachſen beide häufig der Länge nach mit ein-

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/250>, abgerufen am 24.11.2024.