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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Das VIII. Hauptstück. Von den Vorschlägen,
oben, als von unten nehmen; s. Tab. VI. Fig. 1. und 2. Wenn die
vorhergehende Note um eine oder zwo Stufen höher steht, als die folgen-
de, vor welcher sich der Vorschlag befindet: so wird der Vorschlag von
oben genommen, s. Tab. VI. Fig. 3. Steht aber die vorhergehende Note
tiefer als die folgende: so muß auch der Vorschlag von unten genommen
werden, s. Fig. 4; und wird mehrentheils zur None, welche sich in die
Terze; oder zur Quarte, welche sich in die Quinte über sich, auflöset.

4. §.

Man muß die Vorschläge mit der Zunge weich anstoßen; und wenn
es die Zeit erlaubet, an der Stärke des Tones wachsen lassen; die folgende
Note aber etwas schwächer dran schleifen. Diese Art der Auszierungen
wird der Abzug genennet, und hat von den Jtaliänern ihren Ursprung.

5. §.

Es giebt zweyerley Arten der Vorschläge. Einige werden als an-
schlagende Noten, oder im Niederschlage; andere als durchgehende Noten,
oder im Aufheben des Tactes angestoßen. Man könnte die ersten: an-
schlagende,
die andern aber: durchgehende Vorschläge be-
nennen.

6. §.

Die durchgehenden Vorschläge finden sich, wenn einige Noten
von einerley Geltung durch Terzensprünge unter sich gehen, s. Tab. IV.
Fig. 5. Sie werden im Spielen ausgedrücket wie bey Fig. 6. zu sehen
ist. Die Puncte werden lange gehalten, und die Noten wo der Bogen
anfängt, nämlich die zweyte; vierte und sechste, werden angestoßen. Man
muß diese Art nicht mit denen Noten verwechseln, wo hinter der zweyten
ein Punct steht, und welche fast eben dieselbe Melodie ausdrücken, s. Fig. 7.
Jn dieser Figur kommen die zweyte, vierte, und die folgenden kurzen No-
ten, als Dissonanzen gegen den Baß, in den Niederschlag; sie werden im
Spielen auch frech und lebhaft vorgetragen: da hingegen die Vorschläge,
wovon hier die Rede ist, einen schmeichelnden Ausdruck verlangen.
Wollte man nun die kleinen Noten bey Fig. 5. lang machen, und in der
Zeit der folgenden Hauptnote anstoßen: so würde dadurch der Gesang
ganz verändert werden, und so klingen, wie bey Fig. 8. zu ersehen ist.
Dieses würde aber der französischen Spielart, aus welcher diese Vorschläge
herstammen, nnd folglich dem Sinne ihrer Erfinder, welcher in diesem
Stücke einen fast allgemeinen Beyfall erhalten hat, zuwider seyn. Oef-
ters finden sich auch zweene Vorschläge vor einer Note, da der erste durch

eine

Das VIII. Hauptſtuͤck. Von den Vorſchlaͤgen,
oben, als von unten nehmen; ſ. Tab. VI. Fig. 1. und 2. Wenn die
vorhergehende Note um eine oder zwo Stufen hoͤher ſteht, als die folgen-
de, vor welcher ſich der Vorſchlag befindet: ſo wird der Vorſchlag von
oben genommen, ſ. Tab. VI. Fig. 3. Steht aber die vorhergehende Note
tiefer als die folgende: ſo muß auch der Vorſchlag von unten genommen
werden, ſ. Fig. 4; und wird mehrentheils zur None, welche ſich in die
Terze; oder zur Quarte, welche ſich in die Quinte uͤber ſich, aufloͤſet.

4. §.

Man muß die Vorſchlaͤge mit der Zunge weich anſtoßen; und wenn
es die Zeit erlaubet, an der Staͤrke des Tones wachſen laſſen; die folgende
Note aber etwas ſchwaͤcher dran ſchleifen. Dieſe Art der Auszierungen
wird der Abzug genennet, und hat von den Jtaliaͤnern ihren Urſprung.

5. §.

Es giebt zweyerley Arten der Vorſchlaͤge. Einige werden als an-
ſchlagende Noten, oder im Niederſchlage; andere als durchgehende Noten,
oder im Aufheben des Tactes angeſtoßen. Man koͤnnte die erſten: an-
ſchlagende,
die andern aber: durchgehende Vorſchlaͤge be-
nennen.

6. §.

Die durchgehenden Vorſchlaͤge finden ſich, wenn einige Noten
von einerley Geltung durch Terzenſpruͤnge unter ſich gehen, ſ. Tab. IV.
Fig. 5. Sie werden im Spielen ausgedruͤcket wie bey Fig. 6. zu ſehen
iſt. Die Puncte werden lange gehalten, und die Noten wo der Bogen
anfaͤngt, naͤmlich die zweyte; vierte und ſechſte, werden angeſtoßen. Man
muß dieſe Art nicht mit denen Noten verwechſeln, wo hinter der zweyten
ein Punct ſteht, und welche faſt eben dieſelbe Melodie ausdruͤcken, ſ. Fig. 7.
Jn dieſer Figur kommen die zweyte, vierte, und die folgenden kurzen No-
ten, als Diſſonanzen gegen den Baß, in den Niederſchlag; ſie werden im
Spielen auch frech und lebhaft vorgetragen: da hingegen die Vorſchlaͤge,
wovon hier die Rede iſt, einen ſchmeichelnden Ausdruck verlangen.
Wollte man nun die kleinen Noten bey Fig. 5. lang machen, und in der
Zeit der folgenden Hauptnote anſtoßen: ſo wuͤrde dadurch der Geſang
ganz veraͤndert werden, und ſo klingen, wie bey Fig. 8. zu erſehen iſt.
Dieſes wuͤrde aber der franzoͤſiſchen Spielart, aus welcher dieſe Vorſchlaͤge
herſtammen, nnd folglich dem Sinne ihrer Erfinder, welcher in dieſem
Stuͤcke einen faſt allgemeinen Beyfall erhalten hat, zuwider ſeyn. Oef-
ters finden ſich auch zweene Vorſchlaͤge vor einer Note, da der erſte durch

eine
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[78/0096] Das VIII. Hauptſtuͤck. Von den Vorſchlaͤgen, oben, als von unten nehmen; ſ. Tab. VI. Fig. 1. und 2. Wenn die vorhergehende Note um eine oder zwo Stufen hoͤher ſteht, als die folgen- de, vor welcher ſich der Vorſchlag befindet: ſo wird der Vorſchlag von oben genommen, ſ. Tab. VI. Fig. 3. Steht aber die vorhergehende Note tiefer als die folgende: ſo muß auch der Vorſchlag von unten genommen werden, ſ. Fig. 4; und wird mehrentheils zur None, welche ſich in die Terze; oder zur Quarte, welche ſich in die Quinte uͤber ſich, aufloͤſet. 4. §. Man muß die Vorſchlaͤge mit der Zunge weich anſtoßen; und wenn es die Zeit erlaubet, an der Staͤrke des Tones wachſen laſſen; die folgende Note aber etwas ſchwaͤcher dran ſchleifen. Dieſe Art der Auszierungen wird der Abzug genennet, und hat von den Jtaliaͤnern ihren Urſprung. 5. §. Es giebt zweyerley Arten der Vorſchlaͤge. Einige werden als an- ſchlagende Noten, oder im Niederſchlage; andere als durchgehende Noten, oder im Aufheben des Tactes angeſtoßen. Man koͤnnte die erſten: an- ſchlagende, die andern aber: durchgehende Vorſchlaͤge be- nennen. 6. §. Die durchgehenden Vorſchlaͤge finden ſich, wenn einige Noten von einerley Geltung durch Terzenſpruͤnge unter ſich gehen, ſ. Tab. IV. Fig. 5. Sie werden im Spielen ausgedruͤcket wie bey Fig. 6. zu ſehen iſt. Die Puncte werden lange gehalten, und die Noten wo der Bogen anfaͤngt, naͤmlich die zweyte; vierte und ſechſte, werden angeſtoßen. Man muß dieſe Art nicht mit denen Noten verwechſeln, wo hinter der zweyten ein Punct ſteht, und welche faſt eben dieſelbe Melodie ausdruͤcken, ſ. Fig. 7. Jn dieſer Figur kommen die zweyte, vierte, und die folgenden kurzen No- ten, als Diſſonanzen gegen den Baß, in den Niederſchlag; ſie werden im Spielen auch frech und lebhaft vorgetragen: da hingegen die Vorſchlaͤge, wovon hier die Rede iſt, einen ſchmeichelnden Ausdruck verlangen. Wollte man nun die kleinen Noten bey Fig. 5. lang machen, und in der Zeit der folgenden Hauptnote anſtoßen: ſo wuͤrde dadurch der Geſang ganz veraͤndert werden, und ſo klingen, wie bey Fig. 8. zu erſehen iſt. Dieſes wuͤrde aber der franzoͤſiſchen Spielart, aus welcher dieſe Vorſchlaͤge herſtammen, nnd folglich dem Sinne ihrer Erfinder, welcher in dieſem Stuͤcke einen faſt allgemeinen Beyfall erhalten hat, zuwider ſeyn. Oef- ters finden ſich auch zweene Vorſchlaͤge vor einer Note, da der erſte durch eine

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/96>, abgerufen am 13.11.2024.