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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Das IV. Hauptstück.


Das IV. Hauptstück.
Von dem Ansatze,
(Embouchure.)
1. §.

Die Structur der Flöte hat eine Aehnlichkeit mit der Luftröhre; und
die Bildung des Tones in der Flöte, ist der Bildung des Tones
in der menschlichen Luftröhre ähnlich. Die Menschenstimme
wird durch das Herausstoßen der Luft aus der Lunge, und durch die Be-
wegung des Kopfes der Luftröhre gewirket. Die verschiedene Stellung
der Theile des Mundes, als des Gaumen, des Zapfens, der Wangen,
der Zähne, der Lippen, ingleichen auch der Nase, machet, daß der Ton
auf verschiedene Art, entweder gut oder schlecht, hervorgebracht wird.
Wenn man die Oeffnung der Luftröhre, vermittelst der dazu gehörigen
Muskeln erweitert, und also die fünf Knorpel, aus welchen der Kopf
der Luftröhre besteht, unterwärts zieht; wobey gedachter Kopf zugleich
etwas kürzer wird: wenn man ferner dabey die Luft etwas langsam aus
der Lunge heraus stößt: so entsteht daraus ein tiefer Ton; welcher desto
tiefer ist, ie mehr sich die Oeffnung der Luftröhre erweitern läßt. Wenn
man hingegen die Oeffnung der Luftröhre durch Hülfe anderer hierzu be-
stimmter Muskeln zusammen zieht, und die oben gedachten fünf Knorpel
des Kopfes derselben sich folglich in die Höhe geben, wodurch die Lufröhre
etwas enger und länger wird; wenn man zugleich die Luft mit mehrerer
Geschwindigkeit aus der Lunge heraus treibt: so entsteht daraus ein hoher
Ton: und je enger diese Oeffnung wird, je höher ist der Ton. Wenn
man die Zunge an den Gaumen drücket; oder wenn man die Zähne ein-
beißet, daß der Mund nicht genug geöffnet ist: so wird dadurch der Ton
verhindert, und nehmen daher die Hauptfehler des Singens, nämlich die
sogenannte Gurgel- und Nasenstimme ihren Ursprung.

2. §.

Auf der Flöte wird der Ton durch die Bewegung der Lippen, nach-
dem man dieselben, bey der Herausstoßung des Windes in das Mundloch

der
Das IV. Hauptſtuͤck.


Das IV. Hauptſtuͤck.
Von dem Anſatze,
(Embouchure.)
1. §.

Die Structur der Floͤte hat eine Aehnlichkeit mit der Luftroͤhre; und
die Bildung des Tones in der Floͤte, iſt der Bildung des Tones
in der menſchlichen Luftroͤhre aͤhnlich. Die Menſchenſtimme
wird durch das Herausſtoßen der Luft aus der Lunge, und durch die Be-
wegung des Kopfes der Luftroͤhre gewirket. Die verſchiedene Stellung
der Theile des Mundes, als des Gaumen, des Zapfens, der Wangen,
der Zaͤhne, der Lippen, ingleichen auch der Naſe, machet, daß der Ton
auf verſchiedene Art, entweder gut oder ſchlecht, hervorgebracht wird.
Wenn man die Oeffnung der Luftroͤhre, vermittelſt der dazu gehoͤrigen
Muskeln erweitert, und alſo die fuͤnf Knorpel, aus welchen der Kopf
der Luftroͤhre beſteht, unterwaͤrts zieht; wobey gedachter Kopf zugleich
etwas kuͤrzer wird: wenn man ferner dabey die Luft etwas langſam aus
der Lunge heraus ſtoͤßt: ſo entſteht daraus ein tiefer Ton; welcher deſto
tiefer iſt, ie mehr ſich die Oeffnung der Luftroͤhre erweitern laͤßt. Wenn
man hingegen die Oeffnung der Luftroͤhre durch Huͤlfe anderer hierzu be-
ſtimmter Muskeln zuſammen zieht, und die oben gedachten fuͤnf Knorpel
des Kopfes derſelben ſich folglich in die Hoͤhe geben, wodurch die Lufroͤhre
etwas enger und laͤnger wird; wenn man zugleich die Luft mit mehrerer
Geſchwindigkeit aus der Lunge heraus treibt: ſo entſteht daraus ein hoher
Ton: und je enger dieſe Oeffnung wird, je hoͤher iſt der Ton. Wenn
man die Zunge an den Gaumen druͤcket; oder wenn man die Zaͤhne ein-
beißet, daß der Mund nicht genug geoͤffnet iſt: ſo wird dadurch der Ton
verhindert, und nehmen daher die Hauptfehler des Singens, naͤmlich die
ſogenannte Gurgel- und Naſenſtimme ihren Urſprung.

2. §.

Auf der Floͤte wird der Ton durch die Bewegung der Lippen, nach-
dem man dieſelben, bey der Herausſtoßung des Windes in das Mundloch

der
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[40/0058] Das IV. Hauptſtuͤck. Das IV. Hauptſtuͤck. Von dem Anſatze, (Embouchure.) 1. §. Die Structur der Floͤte hat eine Aehnlichkeit mit der Luftroͤhre; und die Bildung des Tones in der Floͤte, iſt der Bildung des Tones in der menſchlichen Luftroͤhre aͤhnlich. Die Menſchenſtimme wird durch das Herausſtoßen der Luft aus der Lunge, und durch die Be- wegung des Kopfes der Luftroͤhre gewirket. Die verſchiedene Stellung der Theile des Mundes, als des Gaumen, des Zapfens, der Wangen, der Zaͤhne, der Lippen, ingleichen auch der Naſe, machet, daß der Ton auf verſchiedene Art, entweder gut oder ſchlecht, hervorgebracht wird. Wenn man die Oeffnung der Luftroͤhre, vermittelſt der dazu gehoͤrigen Muskeln erweitert, und alſo die fuͤnf Knorpel, aus welchen der Kopf der Luftroͤhre beſteht, unterwaͤrts zieht; wobey gedachter Kopf zugleich etwas kuͤrzer wird: wenn man ferner dabey die Luft etwas langſam aus der Lunge heraus ſtoͤßt: ſo entſteht daraus ein tiefer Ton; welcher deſto tiefer iſt, ie mehr ſich die Oeffnung der Luftroͤhre erweitern laͤßt. Wenn man hingegen die Oeffnung der Luftroͤhre durch Huͤlfe anderer hierzu be- ſtimmter Muskeln zuſammen zieht, und die oben gedachten fuͤnf Knorpel des Kopfes derſelben ſich folglich in die Hoͤhe geben, wodurch die Lufroͤhre etwas enger und laͤnger wird; wenn man zugleich die Luft mit mehrerer Geſchwindigkeit aus der Lunge heraus treibt: ſo entſteht daraus ein hoher Ton: und je enger dieſe Oeffnung wird, je hoͤher iſt der Ton. Wenn man die Zunge an den Gaumen druͤcket; oder wenn man die Zaͤhne ein- beißet, daß der Mund nicht genug geoͤffnet iſt: ſo wird dadurch der Ton verhindert, und nehmen daher die Hauptfehler des Singens, naͤmlich die ſogenannte Gurgel- und Naſenſtimme ihren Urſprung. 2. §. Auf der Floͤte wird der Ton durch die Bewegung der Lippen, nach- dem man dieſelben, bey der Herausſtoßung des Windes in das Mundloch der

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/58>, abgerufen am 21.11.2024.