aus diesen, und denen im vorigen §. angeführten Gründen, als höchst schädlich und nachtheilig, zu verwerfen. Sie dienet zu weiter nichts, als daß man aus Sparsamkeit, mit einer übelgestimmeten Flöte, zur Noth dasjenige verrichten könnte, wozu sonst zwo verschiedene Flöten, nämlich eine hohe und tiefe, nöthig wären. Wer sich aber dieser Erfindung bedie- nen wollte, der würde in Gefahr stehen, sich das Gehör sehr zu verder- ben: und der Urheber verräth sich, daß er weder den Verhalt der Töne versteht, noch ein gut musikalisch Gehör hat.
15. §.
An dem Kopfstücke lässet sich eine dergleichen Verkürzung und Ver- längerung besser, als an dem Füßgen, anbringen. Man theile nämlich das Kopfstück in zween Theile, und mache an dem untersten Theile einen et- was längern Zapfen, als der am Mittelstücke ist. Diesen stecke man in den obersten Theil des Kopfes; so wird man den Kopf, ohne Nachtheil der Stimmung, kürzer und länger machen, und den durch die vorhin ge- meldete Erfindung vergebens gesuchten Vortheil bequem erreichen können. Jch habe hiervon selbst die Probe gemacht, und sie bewährt gefunden.
16. §.
Vor ohngefähr dreyßig Jahren haben einige der Flöte, in der Tiefe, noch einen Ton mehr, nämlich das C, beyfügen wollen. Sie machten deswegen das Füßgen um so viel länger, als zu einem ganzen Tone erfo- dert wird, und setzten, um das Cis zu haben, noch eine Klappe hinzu. Weil aber solches sowohl der reinen Stimmung, als auch dem Tone der Flöte selbst nachtheilig zu seyn geschienen; so ist diese vermeynte Verbesse- rung wieder erloschen, und nicht allgemein worden.
17. §.
Ausser der gewöhnlichen Flöte traversiere hat man noch unterschie- dene andere, wiewohl nicht so gewöhnliche, entweder größere oder klei- nere Arten von Flöten. Es giebt tiefe Quartflöten; Flöten d'amour; kleine Quartflöten, u. s. w. Die erstern sind um eine Quarte; die zweyten um eine kleine Terze tiefer; die dritten aber um eine Quarte hö- her, als die gewöhnliche Flöte traversiere. Unter diesen sind die Flöten d'amour noch die besten. Alle aber kommen sie zur Zeit der ordentlichen Flöte traversiere, an Reinigkeit und Schönheit, nicht bey. Wer im übrigen auf einer von diesen ausserordentlichen Arten sich üben will, der kann, wenn er sich nur einen andern Schlüßel der Noten einbildet, sie im übrigen alle so wie die gewöhnliche Flöte traversiere handhaben.
18. §.
Das I. Hauptſtuͤck. Kurze Hiſtorie
aus dieſen, und denen im vorigen §. angefuͤhrten Gruͤnden, als hoͤchſt ſchaͤdlich und nachtheilig, zu verwerfen. Sie dienet zu weiter nichts, als daß man aus Sparſamkeit, mit einer uͤbelgeſtimmeten Floͤte, zur Noth dasjenige verrichten koͤnnte, wozu ſonſt zwo verſchiedene Floͤten, naͤmlich eine hohe und tiefe, noͤthig waͤren. Wer ſich aber dieſer Erfindung bedie- nen wollte, der wuͤrde in Gefahr ſtehen, ſich das Gehoͤr ſehr zu verder- ben: und der Urheber verraͤth ſich, daß er weder den Verhalt der Toͤne verſteht, noch ein gut muſikaliſch Gehoͤr hat.
15. §.
An dem Kopfſtuͤcke laͤſſet ſich eine dergleichen Verkuͤrzung und Ver- laͤngerung beſſer, als an dem Fuͤßgen, anbringen. Man theile naͤmlich das Kopfſtuͤck in zween Theile, und mache an dem unterſten Theile einen et- was laͤngern Zapfen, als der am Mittelſtuͤcke iſt. Dieſen ſtecke man in den oberſten Theil des Kopfes; ſo wird man den Kopf, ohne Nachtheil der Stimmung, kuͤrzer und laͤnger machen, und den durch die vorhin ge- meldete Erfindung vergebens geſuchten Vortheil bequem erreichen koͤnnen. Jch habe hiervon ſelbſt die Probe gemacht, und ſie bewaͤhrt gefunden.
16. §.
Vor ohngefaͤhr dreyßig Jahren haben einige der Floͤte, in der Tiefe, noch einen Ton mehr, naͤmlich das C, beyfuͤgen wollen. Sie machten deswegen das Fuͤßgen um ſo viel laͤnger, als zu einem ganzen Tone erfo- dert wird, und ſetzten, um das Cis zu haben, noch eine Klappe hinzu. Weil aber ſolches ſowohl der reinen Stimmung, als auch dem Tone der Floͤte ſelbſt nachtheilig zu ſeyn geſchienen; ſo iſt dieſe vermeynte Verbeſſe- rung wieder erloſchen, und nicht allgemein worden.
17. §.
Auſſer der gewoͤhnlichen Floͤte traverſiere hat man noch unterſchie- dene andere, wiewohl nicht ſo gewoͤhnliche, entweder groͤßere oder klei- nere Arten von Floͤten. Es giebt tiefe Quartfloͤten; Floͤten d’amour; kleine Quartfloͤten, u. ſ. w. Die erſtern ſind um eine Quarte; die zweyten um eine kleine Terze tiefer; die dritten aber um eine Quarte hoͤ- her, als die gewoͤhnliche Floͤte traverſiere. Unter dieſen ſind die Floͤten d’amour noch die beſten. Alle aber kommen ſie zur Zeit der ordentlichen Floͤte traverſiere, an Reinigkeit und Schoͤnheit, nicht bey. Wer im uͤbrigen auf einer von dieſen auſſerordentlichen Arten ſich uͤben will, der kann, wenn er ſich nur einen andern Schluͤßel der Noten einbildet, ſie im uͤbrigen alle ſo wie die gewoͤhnliche Floͤte traverſiere handhaben.
18. §.
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Das I. Hauptſtuͤck. Kurze Hiſtorie
aus dieſen, und denen im vorigen §. angefuͤhrten Gruͤnden, als hoͤchſt
ſchaͤdlich und nachtheilig, zu verwerfen. Sie dienet zu weiter nichts,
als daß man aus Sparſamkeit, mit einer uͤbelgeſtimmeten Floͤte, zur Noth
dasjenige verrichten koͤnnte, wozu ſonſt zwo verſchiedene Floͤten, naͤmlich
eine hohe und tiefe, noͤthig waͤren. Wer ſich aber dieſer Erfindung bedie-
nen wollte, der wuͤrde in Gefahr ſtehen, ſich das Gehoͤr ſehr zu verder-
ben: und der Urheber verraͤth ſich, daß er weder den Verhalt der Toͤne
verſteht, noch ein gut muſikaliſch Gehoͤr hat.
15. §.
An dem Kopfſtuͤcke laͤſſet ſich eine dergleichen Verkuͤrzung und Ver-
laͤngerung beſſer, als an dem Fuͤßgen, anbringen. Man theile naͤmlich das
Kopfſtuͤck in zween Theile, und mache an dem unterſten Theile einen et-
was laͤngern Zapfen, als der am Mittelſtuͤcke iſt. Dieſen ſtecke man in
den oberſten Theil des Kopfes; ſo wird man den Kopf, ohne Nachtheil
der Stimmung, kuͤrzer und laͤnger machen, und den durch die vorhin ge-
meldete Erfindung vergebens geſuchten Vortheil bequem erreichen koͤnnen.
Jch habe hiervon ſelbſt die Probe gemacht, und ſie bewaͤhrt gefunden.
16. §.
Vor ohngefaͤhr dreyßig Jahren haben einige der Floͤte, in der Tiefe,
noch einen Ton mehr, naͤmlich das C, beyfuͤgen wollen. Sie machten
deswegen das Fuͤßgen um ſo viel laͤnger, als zu einem ganzen Tone erfo-
dert wird, und ſetzten, um das Cis zu haben, noch eine Klappe hinzu.
Weil aber ſolches ſowohl der reinen Stimmung, als auch dem Tone der
Floͤte ſelbſt nachtheilig zu ſeyn geſchienen; ſo iſt dieſe vermeynte Verbeſſe-
rung wieder erloſchen, und nicht allgemein worden.
17. §.
Auſſer der gewoͤhnlichen Floͤte traverſiere hat man noch unterſchie-
dene andere, wiewohl nicht ſo gewoͤhnliche, entweder groͤßere oder klei-
nere Arten von Floͤten. Es giebt tiefe Quartfloͤten; Floͤten d’amour;
kleine Quartfloͤten, u. ſ. w. Die erſtern ſind um eine Quarte; die
zweyten um eine kleine Terze tiefer; die dritten aber um eine Quarte hoͤ-
her, als die gewoͤhnliche Floͤte traverſiere. Unter dieſen ſind die Floͤten
d’amour noch die beſten. Alle aber kommen ſie zur Zeit der ordentlichen
Floͤte traverſiere, an Reinigkeit und Schoͤnheit, nicht bey. Wer im
uͤbrigen auf einer von dieſen auſſerordentlichen Arten ſich uͤben will, der
kann, wenn er ſich nur einen andern Schluͤßel der Noten einbildet, ſie
im uͤbrigen alle ſo wie die gewoͤhnliche Floͤte traverſiere handhaben.
18. §.
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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/46>, abgerufen am 23.02.2025.
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