Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Das XVIII. Hauptstück. Wie ein Musikus Die italiänische Art zu spielen ist willkührlich, ausschweifend, Mit einem Worte: die italiänische Musik ist willkührlich, und die Die italiänische Singart, ist ihrer Art zu spielen, und die franzö- 77. §. Die Eigenschaften dieser beyden Musikarten, könnten zwar noch 78. §. Wenn man die Musik der Deutschen, von mehr als einem Jahr- dern
Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus Die italiaͤniſche Art zu ſpielen iſt willkuͤhrlich, ausſchweifend, Mit einem Worte: die italiaͤniſche Muſik iſt willkuͤhrlich, und die Die italiaͤniſche Singart, iſt ihrer Art zu ſpielen, und die franzoͤ- 77. §. Die Eigenſchaften dieſer beyden Muſikarten, koͤnnten zwar noch 78. §. Wenn man die Muſik der Deutſchen, von mehr als einem Jahr- dern
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Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus
Die italiaͤniſche Art zu ſpielen iſt willkuͤhrlich, ausſchweifend,
gekuͤnſtelt, dunkel, auch oͤfters frech und bizarr, ſchwer in der Ausuͤbung;
ſie erlaubet viel Zuſatz von Manieren, und erfodert eine ziemliche Kennt-
niß der Harmonie; ſie erwecket aber bey den Unwiſſenden mehr Verwun-
derung als Gefallen. Die franzoͤſiſche Spielart iſt ſklaviſch, doch
modeſt, deutlich, nett und reinlich im Vortrage, leicht nachzuahmen,
nicht tiefſinnig noch dunkel, ſondern jedermann begreiflich, und bequem
fuͤr die Liebhaber; ſie erfodert nicht viel Erkenntniß der Harmonie, weil
die Auszierungen mehrentheils von dem Componiſten vorgeſchrieben wer-
den; ſie verurſachet aber bey den Muſikverſtaͤndigen wenig Nachdenken.
Mit einem Worte: die italiaͤniſche Muſik iſt willkuͤhrlich, und die
franzoͤſiſche eingeſchraͤnket: daher es bey dieſer mehr auf die Compoſition
als auf die Ausfuͤhrung, bey jener aber, faſt ſo viel, ja bey einigen Stuͤ-
cken faſt mehr, auf die Ausfuͤhrung, als auf die Compoſition ankoͤmmt,
wenn eine gute Wirkung erfolgen ſoll.
Die italiaͤniſche Singart, iſt ihrer Art zu ſpielen, und die franzoͤ-
ſiſche Art zu ſpielen, ihrer Singart vorzuziehen.
77. §.
Die Eigenſchaften dieſer beyden Muſikarten, koͤnnten zwar noch
weitlaͤuftiger ausgefuͤhret, und noch genauer unterſuchet werden. Allein
dieſes wuͤrde vielmehr in eine eigene und beſondere Abhandlung davon,
als hierher gehoͤren. Jnzwiſchen habe ich mich doch bemuͤhet, die vor-
nehmſten Wahrheiten und Kennzeichen derſelben, und des dazwiſchen
befindlichen Unterſchiedes, in der Kuͤrze zu bemerken. Jch laſſe einem
jeden die Freyheit, aus dem Angefuͤhrten den Schluß zu ziehen, wel-
cher Geſchmack von beyden mit Rechte den Vorzug verdiene. Jch habe
aber zu der Billigkeit meiner Leſer das Vertrauen, daß ſie mich um ſo-
viel weniger hierbey einer Partheylichkeit beſchuldigen werden: da das-
jenige, was ich etwan ſelbſt von Geſchmacke erlanget habe, ſowohl aus
dem franzoͤſiſchen als aus dem italiaͤniſchen gefloſſen iſt; da ich beyde Laͤn-
der, in der ausdruͤcklichen Abſicht, mir das Gute von beyden in der
Muſik zu Nutzen zu machen, durchreiſet bin; und da ich alſo von beyden
Muſikarten einen Augen- und Ohrenzeugen abgeben kann.
78. §.
Wenn man die Muſik der Deutſchen, von mehr als einem Jahr-
hunderte her, genau unterſuchet: ſo findet man zwar, daß die Deutſchen es
ſchon vor geraumer Zeit, nicht nur in der harmoniſch richtigen Setzkunſt, ſon-
dern
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