daß man im letzten Satze die Tonarten nicht so nach einander berühre, wie im ersten Satze geschehen ist: um die Aehnlichkeit zu vermeiden.
39. §.
Jm letzten Satze muß überhaupt 1) das Ritornell kurtz, lustig, feurig, doch dabey etwas tändelnd seyn. 2) Die Hauptstimme muß einen gefälligen, flüchtigen und leichten Gesang haben. 3) Die Passa- gien müssen leicht seyn, damit man nicht an der Geschwindigkeit gehin- dert werde. Mit den Passagien im ersten Satze aber, dürfen sie keine Aehnlichkeit haben. Z. E. Wenn die im ersten Satze aus gebrochenen oder harpeggirten Noten bestehen; so können die im letztern Satze stufen- weise gehen, oder rollend seyn. Oder wenn im ersten Satze Triolen sind; so können die Passagien im letzten Satze aus gleichen Noten bestehen: und so das Gegentheil. 4) Das Metrum muß auf das strengste beobach- tet werden. Denn je kürzer und geschwinder die Tactarten sind: je em- pfindlicher ist es, wenn dawider gehandelt wird. Die Cäsur muß also im - und im geschwinden - - und Tacte allezeit auf den Anfang des zweyten Tacts, die Haupteinschnitte aber, auf den vierten und achten Tact fallen. 5) Das Accompagnement darf nicht zu vollstimmig oder überhäufet seyn. Es muß vielmehr aus solchen Noten bestehen, welche die begleitenden Stimmen, ohne große Bewegung oder Mühsamkeit, her- aus bringen können: weil der letzte Satz gemeiniglich sehr geschwind ge- spielet wird.
40. §.
Um auch bey einem Concert eine proportionirliche Länge zu beobachten; kann man die Uhr dabey zu Rathe ziehen. Wenn der erste Satz die Zeit von fünf Minuten, das Adagio fünf bis sechs Minuten, und der letzte Satz drey bis vier Minuten einnimmt: so hat das ganze Concert seine gehörige Länge. Es ist überhaupt ein größerer Vortheil, wenn die Zuhörer ein Stück eher zu kurz, als zu lang finden.
41. §.
Wer nun ein solches Concert zu machen weis, dem wird es nicht schwer fallen, auch ein scherzhaftes und kleines tändelndes Kammer- concert zu verfertigen. Es würde also unnöthig seyn, hiervon beson- ders zu handeln.
42. §.
Eine Ouvertüre, welche zum Anfange einer Oper gespielet wird, erfodert einen prächtigen und gravitätischen Anfang, einen brillanten,
wohl-
Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus
daß man im letzten Satze die Tonarten nicht ſo nach einander beruͤhre, wie im erſten Satze geſchehen iſt: um die Aehnlichkeit zu vermeiden.
39. §.
Jm letzten Satze muß uͤberhaupt 1) das Ritornell kurtz, luſtig, feurig, doch dabey etwas taͤndelnd ſeyn. 2) Die Hauptſtimme muß einen gefaͤlligen, fluͤchtigen und leichten Geſang haben. 3) Die Paſſa- gien muͤſſen leicht ſeyn, damit man nicht an der Geſchwindigkeit gehin- dert werde. Mit den Paſſagien im erſten Satze aber, duͤrfen ſie keine Aehnlichkeit haben. Z. E. Wenn die im erſten Satze aus gebrochenen oder harpeggirten Noten beſtehen; ſo koͤnnen die im letztern Satze ſtufen- weiſe gehen, oder rollend ſeyn. Oder wenn im erſten Satze Triolen ſind; ſo koͤnnen die Paſſagien im letzten Satze aus gleichen Noten beſtehen: und ſo das Gegentheil. 4) Das Metrum muß auf das ſtrengſte beobach- tet werden. Denn je kuͤrzer und geſchwinder die Tactarten ſind: je em- pfindlicher iſt es, wenn dawider gehandelt wird. Die Caͤſur muß alſo im - und im geſchwinden - - und Tacte allezeit auf den Anfang des zweyten Tacts, die Haupteinſchnitte aber, auf den vierten und achten Tact fallen. 5) Das Accompagnement darf nicht zu vollſtimmig oder uͤberhaͤufet ſeyn. Es muß vielmehr aus ſolchen Noten beſtehen, welche die begleitenden Stimmen, ohne große Bewegung oder Muͤhſamkeit, her- aus bringen koͤnnen: weil der letzte Satz gemeiniglich ſehr geſchwind ge- ſpielet wird.
40. §.
Um auch bey einem Concert eine proportionirliche Laͤnge zu beobachten; kann man die Uhr dabey zu Rathe ziehen. Wenn der erſte Satz die Zeit von fuͤnf Minuten, das Adagio fuͤnf bis ſechs Minuten, und der letzte Satz drey bis vier Minuten einnimmt: ſo hat das ganze Concert ſeine gehoͤrige Laͤnge. Es iſt uͤberhaupt ein groͤßerer Vortheil, wenn die Zuhoͤrer ein Stuͤck eher zu kurz, als zu lang finden.
41. §.
Wer nun ein ſolches Concert zu machen weis, dem wird es nicht ſchwer fallen, auch ein ſcherzhaftes und kleines taͤndelndes Kammer- concert zu verfertigen. Es wuͤrde alſo unnoͤthig ſeyn, hiervon beſon- ders zu handeln.
42. §.
Eine Ouvertuͤre, welche zum Anfange einer Oper geſpielet wird, erfodert einen praͤchtigen und gravitaͤtiſchen Anfang, einen brillanten,
wohl-
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Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus
daß man im letzten Satze die Tonarten nicht ſo nach einander beruͤhre, wie
im erſten Satze geſchehen iſt: um die Aehnlichkeit zu vermeiden.
39. §.
Jm letzten Satze muß uͤberhaupt 1) das Ritornell kurtz, luſtig,
feurig, doch dabey etwas taͤndelnd ſeyn. 2) Die Hauptſtimme muß
einen gefaͤlligen, fluͤchtigen und leichten Geſang haben. 3) Die Paſſa-
gien muͤſſen leicht ſeyn, damit man nicht an der Geſchwindigkeit gehin-
dert werde. Mit den Paſſagien im erſten Satze aber, duͤrfen ſie keine
Aehnlichkeit haben. Z. E. Wenn die im erſten Satze aus gebrochenen
oder harpeggirten Noten beſtehen; ſo koͤnnen die im letztern Satze ſtufen-
weiſe gehen, oder rollend ſeyn. Oder wenn im erſten Satze Triolen ſind;
ſo koͤnnen die Paſſagien im letzten Satze aus gleichen Noten beſtehen:
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aus bringen koͤnnen: weil der letzte Satz gemeiniglich ſehr geſchwind ge-
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40. §.
Um auch bey einem Concert eine proportionirliche Laͤnge zu
beobachten; kann man die Uhr dabey zu Rathe ziehen. Wenn der erſte
Satz die Zeit von fuͤnf Minuten, das Adagio fuͤnf bis ſechs Minuten,
und der letzte Satz drey bis vier Minuten einnimmt: ſo hat das ganze
Concert ſeine gehoͤrige Laͤnge. Es iſt uͤberhaupt ein groͤßerer Vortheil,
wenn die Zuhoͤrer ein Stuͤck eher zu kurz, als zu lang finden.
41. §.
Wer nun ein ſolches Concert zu machen weis, dem wird es nicht
ſchwer fallen, auch ein ſcherzhaftes und kleines taͤndelndes Kammer-
concert zu verfertigen. Es wuͤrde alſo unnoͤthig ſeyn, hiervon beſon-
ders zu handeln.
42. §.
Eine Ouvertuͤre, welche zum Anfange einer Oper geſpielet wird,
erfodert einen praͤchtigen und gravitaͤtiſchen Anfang, einen brillanten,
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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/318>, abgerufen am 16.02.2025.
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