Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Das XVIII. Hauptstück. Wie ein Musikus mäß, an sich selbst aber nichts nütze seyn. Die Singmusik hat gewisseVortheile, deren die Jnstrumentalmusik entbehren muß. Bey jener ge- reichen die Worte, und die Menschenstimme, den Componisten, sowohl in Ansehung der Erfindung, als der Ausnahme, zum größten Vortheile. Die Erfahrung giebt dieses handgreiflich; wenn man Arien, in Erman- gelung der Menschenstimme, auf einem Jnstrumente spielen höret. Die Jnstrumentalmusik soll ohne Worte, und ohne Menschenstimmen, eben sowohl gewisse Leidenschaften ausdrücken, und die Zuhörer aus eine in die andere versetzen, als die Vocalmusik. Soll aber dieses gehörig be- werkstelliget werden, so dürfen, um den Mangel der Worte und der Menschenstimme zu ersetzen, weder der Componist, noch der Ausführer hölzerne Seelen haben. 29. §. Die vornehmsten Stücke der Jnstrumentalmusik, wobey die Sing- 30. §. Die Concerten haben ihren Ursprung von den Jtaliänern. Torel- 31. §. Die Eigenschaften eines Concerto grosso erfodern, in einem jeden telsten
Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus maͤß, an ſich ſelbſt aber nichts nuͤtze ſeyn. Die Singmuſik hat gewiſſeVortheile, deren die Jnſtrumentalmuſik entbehren muß. Bey jener ge- reichen die Worte, und die Menſchenſtimme, den Componiſten, ſowohl in Anſehung der Erfindung, als der Ausnahme, zum groͤßten Vortheile. Die Erfahrung giebt dieſes handgreiflich; wenn man Arien, in Erman- gelung der Menſchenſtimme, auf einem Jnſtrumente ſpielen hoͤret. Die Jnſtrumentalmuſik ſoll ohne Worte, und ohne Menſchenſtimmen, eben ſowohl gewiſſe Leidenſchaften ausdruͤcken, und die Zuhoͤrer aus eine in die andere verſetzen, als die Vocalmuſik. Soll aber dieſes gehoͤrig be- werkſtelliget werden, ſo duͤrfen, um den Mangel der Worte und der Menſchenſtimme zu erſetzen, weder der Componiſt, noch der Ausfuͤhrer hoͤlzerne Seelen haben. 29. §. Die vornehmſten Stuͤcke der Jnſtrumentalmuſik, wobey die Sing- 30. §. Die Concerten haben ihren Urſprung von den Jtaliaͤnern. Torel- 31. §. Die Eigenſchaften eines Concerto groſſo erfodern, in einem jeden telſten
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Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus
maͤß, an ſich ſelbſt aber nichts nuͤtze ſeyn. Die Singmuſik hat gewiſſe
Vortheile, deren die Jnſtrumentalmuſik entbehren muß. Bey jener ge-
reichen die Worte, und die Menſchenſtimme, den Componiſten, ſowohl
in Anſehung der Erfindung, als der Ausnahme, zum groͤßten Vortheile.
Die Erfahrung giebt dieſes handgreiflich; wenn man Arien, in Erman-
gelung der Menſchenſtimme, auf einem Jnſtrumente ſpielen hoͤret. Die
Jnſtrumentalmuſik ſoll ohne Worte, und ohne Menſchenſtimmen, eben
ſowohl gewiſſe Leidenſchaften ausdruͤcken, und die Zuhoͤrer aus eine in
die andere verſetzen, als die Vocalmuſik. Soll aber dieſes gehoͤrig be-
werkſtelliget werden, ſo duͤrfen, um den Mangel der Worte und der
Menſchenſtimme zu erſetzen, weder der Componiſt, noch der Ausfuͤhrer
hoͤlzerne Seelen haben.
29. §.
Die vornehmſten Stuͤcke der Jnſtrumentalmuſik, wobey die Sing-
ſtimmen nichts zu thun haben, ſind: das Concert, die Ouvertuͤre,
die Sinfonie, das Quatuor, das Trio, und das Solo. Unter
dieſen giebt es immer zweyerley Arten, des Concerts, des Trio, und
des Solo. Man hat Concerti groſſi, und Concerti da camera. Die
Trio ſind entweder, wie man ſagt, gearbeitet, oder galant. Eben ſo
verhaͤlt es ſich mit den Solo.
30. §.
Die Concerten haben ihren Urſprung von den Jtaliaͤnern. Torel-
li ſoll die erſten gemacht haben. Ein Concerto groſſo beſteht aus einer
Vermiſchung verſchiedener concertirender Jnſtrumente, allwo immer
zwey oder mehrere Jnſtrumente, deren Anzahl ſich zuweilen wohl auf
acht und noch druͤber erſtrecket, mit einander concertiren. Bey einem
Kammerconeert hingegen befindet ſich nur ein einziges concertirendes
Jnſtrument.
31. §.
Die Eigenſchaften eines Concerto groſſo erfodern, in einem jeden
Satze deſſelben: 1) ein praͤchtiges Ritornell zum Anfange, welches mehr
harmoniſch als melodiſch, mehr ernſthaft als ſcherzhaft, und mit Uniſon
vermiſchet ſey; 2) eine geſchikte Vermiſchung der Nachahmungen in den
concertirenden Stimmen; ſo daß das Ohr bald durch dieſe, bald durch
jene Jnſtrumente, unvermuthet uͤberraſchet werde. 3) Dieſe Nachah-
mungen muͤſſen aus kurzen und gefaͤlligen Gedanken beſtehen. 4) Das
Brillante muß mit dem Schmeichelnden immer abwechſeln. 5) Die mit-
telſten
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