Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Des XVII. Hauptstücks. VII. Abschnitt. nehmen könne. Hat man sich eine Zeitlang darinne geübet: so wird sichnach und nach dem Gemüthe eine solche Jdee von dem Zeitmaaße ein- drücken, daß man nicht ferner nöthig haben wird, allezeit den Pulsschlag zu Rathe zu ziehen. 49. §. Ehe ich weiter gehe, muß ich vorher diese unterschiedenen Arten des 50. §. Das Allegro assai ist also, von diesen vier Hauptarten des Tempo, aus (*) Was in vorigen Zeiten recht geschwind gehen sollte, wurde fast noch einmal so
langsam gespielet als heutiges Tages. Wo Allegro assai, Presto, Furioso, u. d. m. dabey stund, das war eben so geschrieben, und wurde fast nicht geschwinder ge- spielet, als man heutiges Tages das Allegretto schceibt und ausführet. Die vielen geschwinden Noten, in den Jnstrumentalstücken der vorigen deutschen Com- ponisten, sahen also viel schwerer und gefährlicher aus, als sie klungen. Die heutigen Franzofen haben diese Art der mäßigen Geschwindigkeit in lebhaften Stü- cken noch größten Theils beybehalten. Des XVII. Hauptſtuͤcks. VII. Abſchnitt. nehmen koͤnne. Hat man ſich eine Zeitlang darinne geuͤbet: ſo wird ſichnach und nach dem Gemuͤthe eine ſolche Jdee von dem Zeitmaaße ein- druͤcken, daß man nicht ferner noͤthig haben wird, allezeit den Pulsſchlag zu Rathe zu ziehen. 49. §. Ehe ich weiter gehe, muß ich vorher dieſe unterſchiedenen Arten des 50. §. Das Allegro aſſai iſt alſo, von dieſen vier Hauptarten des Tempo, aus (*) Was in vorigen Zeiten recht geſchwind gehen ſollte, wurde faſt noch einmal ſo
langſam geſpielet als heutiges Tages. Wo Allegro aſſai, Preſto, Furioſo, u. d. m. dabey ſtund, das war eben ſo geſchrieben, und wurde faſt nicht geſchwinder ge- ſpielet, als man heutiges Tages das Allegretto ſchceibt und ausfuͤhret. Die vielen geſchwinden Noten, in den Jnſtrumentalſtuͤcken der vorigen deutſchen Com- poniſten, ſahen alſo viel ſchwerer und gefaͤhrlicher aus, als ſie klungen. Die heutigen Franzofen haben dieſe Art der maͤßigen Geſchwindigkeit in lebhaften Stuͤ- cken noch groͤßten Theils beybehalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0280" n="262"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des <hi rendition="#aq">XVII.</hi> Hauptſtuͤcks. <hi rendition="#aq">VII.</hi> Abſchnitt.</hi></fw><lb/> nehmen koͤnne. Hat man ſich eine Zeitlang darinne geuͤbet: ſo wird ſich<lb/> nach und nach dem Gemuͤthe eine ſolche Jdee von dem Zeitmaaße ein-<lb/> druͤcken, daß man nicht ferner noͤthig haben wird, allezeit den Pulsſchlag<lb/> zu Rathe zu ziehen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>49. §.</head><lb/> <p>Ehe ich weiter gehe, muß ich vorher dieſe unterſchiedenen Arten des<lb/> Zeitmaaßes etwas genauer unterſuchen. Es giebt zwar derſelben in der<lb/> Muſik ſo vielerley, daß es nicht moͤglich ſeyn wuͤrde, ſie alle zu beſtim-<lb/> men. Es giebt aber auch gewiſſe Hauptarten davon, woraus die uͤbrigen<lb/> hergeleitet werden koͤnnen. Jch will ſolche, ſo wie ſie in Concerten, Trio<lb/> und Solo vorkommen, in vier Claſſen eintheilen, und zum Grunde ſetzen.<lb/> Sie ſind aus den gemeinen geraden oder Vierviertheiltacte genommen,<lb/> und ſind folgende: 1) <hi rendition="#fr">das Allegro aſſai, 2) das Allegretto,<lb/> 3) das Adagio cantabile, 4) das Adagio aſſai.</hi> Zu der er-<lb/> ſten Claſſe rechne ich: das Allegro di molto, das Preſto, u. ſ. w. Zu<lb/> der zweyten: das Allegro ma non tanto, non troppo, non preſto, mode-<lb/> rato. u. ſ. w. Der dritten Claſſe zaͤhle ich zu: das Cantabile, Arioſo,<lb/> Larghetto, Soave, Dolce, Poco andante, Affettuoſo, Pompoſo, Mae-<lb/> ſtoſo, alla Siciliana, Adagio ſpiritoſo, u. d. g. Zur vierten gehoͤren:<lb/> Adagio peſante, Lento, Largo aſſai, Meſto, Grave u. ſ. w. Dieſe<lb/> Beywoͤrter machen zwar unter ſich ſelbſt wieder jedes einigen Unter-<lb/> ſchied; doch geht derſelbe mehr auf den Ausdruck der Leidenſchaften, die<lb/> in einem jeden Stuͤcke vornehmlich herrſchen, als auf das Zeitmaaß ſelbſt.<lb/> Wenn man nur erſt die vorhergemeldeten vier Hauptarten des Tempo<lb/> recht in den Sinn gefaſſet hat; ſo wird man die uͤbrigen mit der Zeit<lb/> deſto leichter treffen lernen: weil der Unterſchied nur ein weniges<lb/> betraͤgt.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>50. §.</head><lb/> <p>Das <hi rendition="#fr">Allegro aſſai</hi> iſt alſo, von dieſen vier Hauptarten des Tempo,<lb/> das geſchwindeſte<note place="foot" n="(*)">Was in vorigen Zeiten recht geſchwind gehen ſollte, wurde faſt noch einmal ſo<lb/> langſam geſpielet als heutiges Tages. Wo Allegro aſſai, Preſto, Furioſo, u. d. m.<lb/> dabey ſtund, das war eben ſo geſchrieben, und wurde faſt nicht geſchwinder ge-<lb/> ſpielet, als man heutiges Tages das Allegretto ſchceibt und ausfuͤhret. Die<lb/> vielen geſchwinden Noten, in den Jnſtrumentalſtuͤcken der vorigen deutſchen Com-<lb/> poniſten, ſahen alſo viel ſchwerer und gefaͤhrlicher aus, als ſie klungen. Die<lb/> heutigen Franzofen haben dieſe Art der maͤßigen Geſchwindigkeit in lebhaften Stuͤ-<lb/> cken noch groͤßten Theils beybehalten.</note>. Das <hi rendition="#fr">Allegretto</hi> iſt noch einmal ſo langſam als<lb/> jenes. Das <hi rendition="#fr">Adagio cantabile</hi> iſt noch einmal ſo langſam als das<lb/> Allegretto; und das <hi rendition="#fr">Adagio aſſai</hi> noch einmal ſo langſam als das Ada-<lb/> gio cantabile. Jm Allegro aſſai beſtehen die Paſſagien aus Sechzehn-<lb/> theilen oder eingeſchwaͤnzten Triolen; und im Allegretto aus Zwey und<lb/> dreyßigtheilen oder zweygeſchwaͤnzten Triolen. Weil aber die itzt an-<lb/> gefuͤhrten Paſſagien mehrentheils in einerley Geſchwindigkeit geſpielet<lb/> werden muͤſſen, ſie moͤgen zwey- oder dreygeſchwaͤnzet ſeyn: ſo folget dar-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aus</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [262/0280]
Des XVII. Hauptſtuͤcks. VII. Abſchnitt.
nehmen koͤnne. Hat man ſich eine Zeitlang darinne geuͤbet: ſo wird ſich
nach und nach dem Gemuͤthe eine ſolche Jdee von dem Zeitmaaße ein-
druͤcken, daß man nicht ferner noͤthig haben wird, allezeit den Pulsſchlag
zu Rathe zu ziehen.
49. §.
Ehe ich weiter gehe, muß ich vorher dieſe unterſchiedenen Arten des
Zeitmaaßes etwas genauer unterſuchen. Es giebt zwar derſelben in der
Muſik ſo vielerley, daß es nicht moͤglich ſeyn wuͤrde, ſie alle zu beſtim-
men. Es giebt aber auch gewiſſe Hauptarten davon, woraus die uͤbrigen
hergeleitet werden koͤnnen. Jch will ſolche, ſo wie ſie in Concerten, Trio
und Solo vorkommen, in vier Claſſen eintheilen, und zum Grunde ſetzen.
Sie ſind aus den gemeinen geraden oder Vierviertheiltacte genommen,
und ſind folgende: 1) das Allegro aſſai, 2) das Allegretto,
3) das Adagio cantabile, 4) das Adagio aſſai. Zu der er-
ſten Claſſe rechne ich: das Allegro di molto, das Preſto, u. ſ. w. Zu
der zweyten: das Allegro ma non tanto, non troppo, non preſto, mode-
rato. u. ſ. w. Der dritten Claſſe zaͤhle ich zu: das Cantabile, Arioſo,
Larghetto, Soave, Dolce, Poco andante, Affettuoſo, Pompoſo, Mae-
ſtoſo, alla Siciliana, Adagio ſpiritoſo, u. d. g. Zur vierten gehoͤren:
Adagio peſante, Lento, Largo aſſai, Meſto, Grave u. ſ. w. Dieſe
Beywoͤrter machen zwar unter ſich ſelbſt wieder jedes einigen Unter-
ſchied; doch geht derſelbe mehr auf den Ausdruck der Leidenſchaften, die
in einem jeden Stuͤcke vornehmlich herrſchen, als auf das Zeitmaaß ſelbſt.
Wenn man nur erſt die vorhergemeldeten vier Hauptarten des Tempo
recht in den Sinn gefaſſet hat; ſo wird man die uͤbrigen mit der Zeit
deſto leichter treffen lernen: weil der Unterſchied nur ein weniges
betraͤgt.
50. §.
Das Allegro aſſai iſt alſo, von dieſen vier Hauptarten des Tempo,
das geſchwindeſte (*). Das Allegretto iſt noch einmal ſo langſam als
jenes. Das Adagio cantabile iſt noch einmal ſo langſam als das
Allegretto; und das Adagio aſſai noch einmal ſo langſam als das Ada-
gio cantabile. Jm Allegro aſſai beſtehen die Paſſagien aus Sechzehn-
theilen oder eingeſchwaͤnzten Triolen; und im Allegretto aus Zwey und
dreyßigtheilen oder zweygeſchwaͤnzten Triolen. Weil aber die itzt an-
gefuͤhrten Paſſagien mehrentheils in einerley Geſchwindigkeit geſpielet
werden muͤſſen, ſie moͤgen zwey- oder dreygeſchwaͤnzet ſeyn: ſo folget dar-
aus
(*) Was in vorigen Zeiten recht geſchwind gehen ſollte, wurde faſt noch einmal ſo
langſam geſpielet als heutiges Tages. Wo Allegro aſſai, Preſto, Furioſo, u. d. m.
dabey ſtund, das war eben ſo geſchrieben, und wurde faſt nicht geſchwinder ge-
ſpielet, als man heutiges Tages das Allegretto ſchceibt und ausfuͤhret. Die
vielen geſchwinden Noten, in den Jnſtrumentalſtuͤcken der vorigen deutſchen Com-
poniſten, ſahen alſo viel ſchwerer und gefaͤhrlicher aus, als ſie klungen. Die
heutigen Franzofen haben dieſe Art der maͤßigen Geſchwindigkeit in lebhaften Stuͤ-
cken noch groͤßten Theils beybehalten.
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