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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Des XVII. Hauptstücks. VII. Abschnitt.
20. §.

Das Forte und Piano muß niemals aufs äußerste getrieben werden.
Man muß die Jnstrumente nicht stärker angreifen, als es ihre Natur lei-
det: denn dieses würde, zumal an einem kleinen Orte, wo die Zuhörer
nahe stehen, dem Gehöre sehr unangenehm fallen. Man muß vielmehr
allezeit noch den Vortheil übrig zu behalten suchen, noch ein Fortissimo
oder Pianissimo, wenn es nöthig wäre, ausdrücken zu können. Es kann
dieses öfters unvermuthet vorkommen: um eine Note, wenn auch nichts
dabey geschrieben steht, entweder zu erheben, oder zu mäßigen. Hätte
man nun allezeit in der größten Stärke oder Schwäche gespielet: so wür-
de dieser Vortheil verlohren gehen. Zugeschweigen, daß zwischen dem
Fortissimo und Pianissimo mehrere Stufen der Mäßigung sich befinden,
als man mit Worten ausdrücken kann; und welche nur vermittelst der
Empfindung und Beurtheilung, aus dem Vortrage eines guten Concer-
tisten erkannt, und sodann mit Discretion ausgeübet werden müssen.
Das Fortissimo, oder die größte Stärke des Tones, kann am füglichsten
mit dem untersten Theile des Bogens, und etwas nahe am Stege; das
Pianissimo, oder die äußerste Schwäche des Tones aber, mit der Spitze
des Bogens, und vom Stege etwas entfernet, ausgeübet werden.

21. §.

Um das Forte und Piano recht auszudrücken, muß man auch be-
trachten, ob man an einem großen Orte, wo es schallet, oder an einem

kleinen,
ger,) piu, (mehr,) voran, oder einige, als: assai, nachgesetzet. Diese Bey-
wörter nun können nicht mit einem einzelnen Buchstaben ausgedrücket werden;
weil mezzo und meno, poco und piu, einerley Anfangsbuchstaben haben, und
man folglich Verwirrung anrichten würde. Doch pflegt man, wenn nur ein m
gesetzet wird, immer mezzo darunter zu verstehen, welches üblicher ist als die an-
dern. Da nun der Raum, welchen diese verdoppelten Buchstaben, und diese Ne-
benwörter einnehmen, sich über mehr als eine Note erstrecket; so fraget sich,
welcher Buchstab eigentlich derjenige seyn soll, so die erste von denen stark oder
schwach zu spielenden Noten andeutet. Z. E. Man schriebe piano assai, oder poco
forte: nach welchem Buchstaben soll man sich nun richten, um bey der rechten
Note, mit der erfoderten Stärke oder Schwäche anzufangen? Wollte man im
Schreiben dieses zur Regel setzen, daß allezeit der erste Buchstab von den Wör-
tern forte und piano, folglich das f, oder das p, unter oder über diejenige Note
geschrieben würde, welche stark oder schwach zu spielen ist: so würde man da-
durch aller Zweydeutigkeit zuvorkommen; das f oder p mag nun verdoppelt wer-
den, indem man sich alsdenn nach dem ersten f oder p richtet; oder aber ein Ne-
benwort hinter oder vor sich haben.
Des XVII. Hauptſtuͤcks. VII. Abſchnitt.
20. §.

Das Forte und Piano muß niemals aufs aͤußerſte getrieben werden.
Man muß die Jnſtrumente nicht ſtaͤrker angreifen, als es ihre Natur lei-
det: denn dieſes wuͤrde, zumal an einem kleinen Orte, wo die Zuhoͤrer
nahe ſtehen, dem Gehoͤre ſehr unangenehm fallen. Man muß vielmehr
allezeit noch den Vortheil uͤbrig zu behalten ſuchen, noch ein Fortiſſimo
oder Pianiſſimo, wenn es noͤthig waͤre, ausdruͤcken zu koͤnnen. Es kann
dieſes oͤfters unvermuthet vorkommen: um eine Note, wenn auch nichts
dabey geſchrieben ſteht, entweder zu erheben, oder zu maͤßigen. Haͤtte
man nun allezeit in der groͤßten Staͤrke oder Schwaͤche geſpielet: ſo wuͤr-
de dieſer Vortheil verlohren gehen. Zugeſchweigen, daß zwiſchen dem
Fortiſſimo und Pianiſſimo mehrere Stufen der Maͤßigung ſich befinden,
als man mit Worten ausdruͤcken kann; und welche nur vermittelſt der
Empfindung und Beurtheilung, aus dem Vortrage eines guten Concer-
tiſten erkannt, und ſodann mit Discretion ausgeuͤbet werden muͤſſen.
Das Fortiſſimo, oder die groͤßte Staͤrke des Tones, kann am fuͤglichſten
mit dem unterſten Theile des Bogens, und etwas nahe am Stege; das
Pianiſſimo, oder die aͤußerſte Schwaͤche des Tones aber, mit der Spitze
des Bogens, und vom Stege etwas entfernet, ausgeuͤbet werden.

21. §.

Um das Forte und Piano recht auszudruͤcken, muß man auch be-
trachten, ob man an einem großen Orte, wo es ſchallet, oder an einem

kleinen,
ger,) piu, (mehr,) voran, oder einige, als: aſſai, nachgeſetzet. Dieſe Bey-
woͤrter nun koͤnnen nicht mit einem einzelnen Buchſtaben ausgedruͤcket werden;
weil mezzo und meno, poco und piu, einerley Anfangsbuchſtaben haben, und
man folglich Verwirrung anrichten wuͤrde. Doch pflegt man, wenn nur ein m
geſetzet wird, immer mezzo darunter zu verſtehen, welches uͤblicher iſt als die an-
dern. Da nun der Raum, welchen dieſe verdoppelten Buchſtaben, und dieſe Ne-
benwoͤrter einnehmen, ſich uͤber mehr als eine Note erſtrecket; ſo fraget ſich,
welcher Buchſtab eigentlich derjenige ſeyn ſoll, ſo die erſte von denen ſtark oder
ſchwach zu ſpielenden Noten andeutet. Z. E. Man ſchriebe piano aſſai, oder poco
forte: nach welchem Buchſtaben ſoll man ſich nun richten, um bey der rechten
Note, mit der erfoderten Staͤrke oder Schwaͤche anzufangen? Wollte man im
Schreiben dieſes zur Regel ſetzen, daß allezeit der erſte Buchſtab von den Woͤr-
tern forte und piano, folglich das f, oder das p, unter oder uͤber diejenige Note
geſchrieben wuͤrde, welche ſtark oder ſchwach zu ſpielen iſt: ſo wuͤrde man da-
durch aller Zweydeutigkeit zuvorkommen; das f oder p mag nun verdoppelt wer-
den, indem man ſich alsdenn nach dem erſten f oder p richtet; oder aber ein Ne-
benwort hinter oder vor ſich haben.
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[250/0268] Des XVII. Hauptſtuͤcks. VII. Abſchnitt. 20. §. Das Forte und Piano muß niemals aufs aͤußerſte getrieben werden. Man muß die Jnſtrumente nicht ſtaͤrker angreifen, als es ihre Natur lei- det: denn dieſes wuͤrde, zumal an einem kleinen Orte, wo die Zuhoͤrer nahe ſtehen, dem Gehoͤre ſehr unangenehm fallen. Man muß vielmehr allezeit noch den Vortheil uͤbrig zu behalten ſuchen, noch ein Fortiſſimo oder Pianiſſimo, wenn es noͤthig waͤre, ausdruͤcken zu koͤnnen. Es kann dieſes oͤfters unvermuthet vorkommen: um eine Note, wenn auch nichts dabey geſchrieben ſteht, entweder zu erheben, oder zu maͤßigen. Haͤtte man nun allezeit in der groͤßten Staͤrke oder Schwaͤche geſpielet: ſo wuͤr- de dieſer Vortheil verlohren gehen. Zugeſchweigen, daß zwiſchen dem Fortiſſimo und Pianiſſimo mehrere Stufen der Maͤßigung ſich befinden, als man mit Worten ausdruͤcken kann; und welche nur vermittelſt der Empfindung und Beurtheilung, aus dem Vortrage eines guten Concer- tiſten erkannt, und ſodann mit Discretion ausgeuͤbet werden muͤſſen. Das Fortiſſimo, oder die groͤßte Staͤrke des Tones, kann am fuͤglichſten mit dem unterſten Theile des Bogens, und etwas nahe am Stege; das Pianiſſimo, oder die aͤußerſte Schwaͤche des Tones aber, mit der Spitze des Bogens, und vom Stege etwas entfernet, ausgeuͤbet werden. 21. §. Um das Forte und Piano recht auszudruͤcken, muß man auch be- trachten, ob man an einem großen Orte, wo es ſchallet, oder an einem kleinen, ger,) piu, (mehr,) voran, oder einige, als: aſſai, nachgeſetzet. Dieſe Bey- woͤrter nun koͤnnen nicht mit einem einzelnen Buchſtaben ausgedruͤcket werden; weil mezzo und meno, poco und piu, einerley Anfangsbuchſtaben haben, und man folglich Verwirrung anrichten wuͤrde. Doch pflegt man, wenn nur ein m geſetzet wird, immer mezzo darunter zu verſtehen, welches uͤblicher iſt als die an- dern. Da nun der Raum, welchen dieſe verdoppelten Buchſtaben, und dieſe Ne- benwoͤrter einnehmen, ſich uͤber mehr als eine Note erſtrecket; ſo fraget ſich, welcher Buchſtab eigentlich derjenige ſeyn ſoll, ſo die erſte von denen ſtark oder ſchwach zu ſpielenden Noten andeutet. Z. E. Man ſchriebe piano aſſai, oder poco forte: nach welchem Buchſtaben ſoll man ſich nun richten, um bey der rechten Note, mit der erfoderten Staͤrke oder Schwaͤche anzufangen? Wollte man im Schreiben dieſes zur Regel ſetzen, daß allezeit der erſte Buchſtab von den Woͤr- tern forte und piano, folglich das f, oder das p, unter oder uͤber diejenige Note geſchrieben wuͤrde, welche ſtark oder ſchwach zu ſpielen iſt: ſo wuͤrde man da- durch aller Zweydeutigkeit zuvorkommen; das f oder p mag nun verdoppelt wer- den, indem man ſich alsdenn nach dem erſten f oder p richtet; oder aber ein Ne- benwort hinter oder vor ſich haben.

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/268>, abgerufen am 13.11.2024.