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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Einleitung.
noch das Vergnügen derer, von denen ihr Glück abhängt, befördern.
Die Musik, ob sie gleich eine unergründliche Wissenschaft ist, hat doch
nicht das Glück, so wie andere, theils höhere, theils ihr gleiche Wissen-
schaften, öffentlich gelehret zu werden. Die finstern Köpfe unter den
neuen Weltweisen halten es nicht, wie die Alten, für eine Nothwendig-
keit, dieselbe zu wissen. Bemittelte Leute begeben sich selten dazu: und
Arme haben nicht das Vermögen gleich Anfangs gute Meister zu halten,
und an solche Orte zu reisen, wo Musik von gutem Geschmacke im
Schwange geht. Jedoch, an einigen Orten hat die Musik schon ange-
fangen wieder empor zu kommen. Sie hat daselbst schon wieder ihre ho-
hen Kenner, Beschützer, und Beförderer erhalten. Jhre Ehre fängt
schon an, durch diejenigen aufgeklärten Weltweisen, welche sie den schö-
nen Wissenschaften wieder zuzählen, auch von dieser Seite hergestellet
zu werden. Der Geschmack an diesen schönen Wissenschaften, wird in
Deutschland absonderlich, immer mehr und mehr aufgeheitert und aus-
gebreitet. Wer was rechtschaffenes gelernet hat, findet allezeit sein Brod.

9. §.

Wer Talent und Lust zur Musik hat, muß um einen guten Mei-
ster in derselben bekümmert seyn. Es würde zu weitläuftig seyn, wenn
ich von den Meistern in allen Arten der Musik hier handeln wollte. Des-
wegen werde ich mich nur, um ein Beyspiel zu geben, bey dem aufhal-
ten, der zur Erlernung der Flöte erfodert wird. Es ist wahr, dieses
Jnstrument ist seit dreyßig bis vierzig Jahren, absonderlich in Deutsch-
land sehr üblich worden. Man leidet nicht mehr, wie anfangs, da es
empor kam, an solchen Stücken Mangel, wodurch ein Scholar die ge-
hörige Geschiklichkeit, so dieses Jnstrument, in Ansehung der Zunge,
der Finger, des Ansatzes, erfodert, mit leichter Mühe erlangen könnte.
Dem ungeachtet giebt es noch sehr wenige, die dasselbe nach feiner Eigen-
schaft, und rechten Art, zu spielen wissen. Scheint es nicht, als wenn
die meisten der heutigen Flötenspieler, zwar Finger und Zungen, aber
keine Köpfe hätten? Es ist unumgänglich nöthig, daß derjenige, der
auf diesem Jnstrumente etwas rechtschaffenes zu erlernen gedenket, einen
guten Meister habe: und ich verlange denselben auch bey einem, der sich
dieser meiner Anweisung bedienen will, noch ausdrücklich. Allein, wie
viel giebt es denn derer, welchen man den Namen der Meister mit Rechte
beylegen kann? Sind nicht die meisten, wenn man sie genau betrachtet,
in Ansehung der Wissenschaft, selbst noch Scholaren? Wie können denn

diejeni-

Einleitung.
noch das Vergnuͤgen derer, von denen ihr Gluͤck abhaͤngt, befoͤrdern.
Die Muſik, ob ſie gleich eine unergruͤndliche Wiſſenſchaft iſt, hat doch
nicht das Gluͤck, ſo wie andere, theils hoͤhere, theils ihr gleiche Wiſſen-
ſchaften, oͤffentlich gelehret zu werden. Die finſtern Koͤpfe unter den
neuen Weltweiſen halten es nicht, wie die Alten, fuͤr eine Nothwendig-
keit, dieſelbe zu wiſſen. Bemittelte Leute begeben ſich ſelten dazu: und
Arme haben nicht das Vermoͤgen gleich Anfangs gute Meiſter zu halten,
und an ſolche Orte zu reiſen, wo Muſik von gutem Geſchmacke im
Schwange geht. Jedoch, an einigen Orten hat die Muſik ſchon ange-
fangen wieder empor zu kommen. Sie hat daſelbſt ſchon wieder ihre ho-
hen Kenner, Beſchuͤtzer, und Befoͤrderer erhalten. Jhre Ehre faͤngt
ſchon an, durch diejenigen aufgeklaͤrten Weltweiſen, welche ſie den ſchoͤ-
nen Wiſſenſchaften wieder zuzaͤhlen, auch von dieſer Seite hergeſtellet
zu werden. Der Geſchmack an dieſen ſchoͤnen Wiſſenſchaften, wird in
Deutſchland abſonderlich, immer mehr und mehr aufgeheitert und aus-
gebreitet. Wer was rechtſchaffenes gelernet hat, findet allezeit ſein Brod.

9. §.

Wer Talent und Luſt zur Muſik hat, muß um einen guten Mei-
ſter in derſelben bekuͤmmert ſeyn. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, wenn
ich von den Meiſtern in allen Arten der Muſik hier handeln wollte. Des-
wegen werde ich mich nur, um ein Beyſpiel zu geben, bey dem aufhal-
ten, der zur Erlernung der Floͤte erfodert wird. Es iſt wahr, dieſes
Jnſtrument iſt ſeit dreyßig bis vierzig Jahren, abſonderlich in Deutſch-
land ſehr uͤblich worden. Man leidet nicht mehr, wie anfangs, da es
empor kam, an ſolchen Stuͤcken Mangel, wodurch ein Scholar die ge-
hoͤrige Geſchiklichkeit, ſo dieſes Jnſtrument, in Anſehung der Zunge,
der Finger, des Anſatzes, erfodert, mit leichter Muͤhe erlangen koͤnnte.
Dem ungeachtet giebt es noch ſehr wenige, die daſſelbe nach feiner Eigen-
ſchaft, und rechten Art, zu ſpielen wiſſen. Scheint es nicht, als wenn
die meiſten der heutigen Floͤtenſpieler, zwar Finger und Zungen, aber
keine Koͤpfe haͤtten? Es iſt unumgaͤnglich noͤthig, daß derjenige, der
auf dieſem Jnſtrumente etwas rechtſchaffenes zu erlernen gedenket, einen
guten Meiſter habe: und ich verlange denſelben auch bey einem, der ſich
dieſer meiner Anweiſung bedienen will, noch ausdruͤcklich. Allein, wie
viel giebt es denn derer, welchen man den Namen der Meiſter mit Rechte
beylegen kann? Sind nicht die meiſten, wenn man ſie genau betrachtet,
in Anſehung der Wiſſenſchaft, ſelbſt noch Scholaren? Wie koͤnnen denn

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[7/0025] Einleitung. noch das Vergnuͤgen derer, von denen ihr Gluͤck abhaͤngt, befoͤrdern. Die Muſik, ob ſie gleich eine unergruͤndliche Wiſſenſchaft iſt, hat doch nicht das Gluͤck, ſo wie andere, theils hoͤhere, theils ihr gleiche Wiſſen- ſchaften, oͤffentlich gelehret zu werden. Die finſtern Koͤpfe unter den neuen Weltweiſen halten es nicht, wie die Alten, fuͤr eine Nothwendig- keit, dieſelbe zu wiſſen. Bemittelte Leute begeben ſich ſelten dazu: und Arme haben nicht das Vermoͤgen gleich Anfangs gute Meiſter zu halten, und an ſolche Orte zu reiſen, wo Muſik von gutem Geſchmacke im Schwange geht. Jedoch, an einigen Orten hat die Muſik ſchon ange- fangen wieder empor zu kommen. Sie hat daſelbſt ſchon wieder ihre ho- hen Kenner, Beſchuͤtzer, und Befoͤrderer erhalten. Jhre Ehre faͤngt ſchon an, durch diejenigen aufgeklaͤrten Weltweiſen, welche ſie den ſchoͤ- nen Wiſſenſchaften wieder zuzaͤhlen, auch von dieſer Seite hergeſtellet zu werden. Der Geſchmack an dieſen ſchoͤnen Wiſſenſchaften, wird in Deutſchland abſonderlich, immer mehr und mehr aufgeheitert und aus- gebreitet. Wer was rechtſchaffenes gelernet hat, findet allezeit ſein Brod. 9. §. Wer Talent und Luſt zur Muſik hat, muß um einen guten Mei- ſter in derſelben bekuͤmmert ſeyn. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, wenn ich von den Meiſtern in allen Arten der Muſik hier handeln wollte. Des- wegen werde ich mich nur, um ein Beyſpiel zu geben, bey dem aufhal- ten, der zur Erlernung der Floͤte erfodert wird. Es iſt wahr, dieſes Jnſtrument iſt ſeit dreyßig bis vierzig Jahren, abſonderlich in Deutſch- land ſehr uͤblich worden. Man leidet nicht mehr, wie anfangs, da es empor kam, an ſolchen Stuͤcken Mangel, wodurch ein Scholar die ge- hoͤrige Geſchiklichkeit, ſo dieſes Jnſtrument, in Anſehung der Zunge, der Finger, des Anſatzes, erfodert, mit leichter Muͤhe erlangen koͤnnte. Dem ungeachtet giebt es noch ſehr wenige, die daſſelbe nach feiner Eigen- ſchaft, und rechten Art, zu ſpielen wiſſen. Scheint es nicht, als wenn die meiſten der heutigen Floͤtenſpieler, zwar Finger und Zungen, aber keine Koͤpfe haͤtten? Es iſt unumgaͤnglich noͤthig, daß derjenige, der auf dieſem Jnſtrumente etwas rechtſchaffenes zu erlernen gedenket, einen guten Meiſter habe: und ich verlange denſelben auch bey einem, der ſich dieſer meiner Anweiſung bedienen will, noch ausdruͤcklich. Allein, wie viel giebt es denn derer, welchen man den Namen der Meiſter mit Rechte beylegen kann? Sind nicht die meiſten, wenn man ſie genau betrachtet, in Anſehung der Wiſſenſchaft, ſelbſt noch Scholaren? Wie koͤnnen denn diejeni-

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/25>, abgerufen am 21.11.2024.