gen ist sehr nöthig, auf die Bewegung der begleitenden Stimmen wohl Achtung zu geben, und sich von denselben lieber fortreiben zu lassen, als daß man ihnen zuvor komme.
17. §.
Ein Grave, da der Gesang aus punctirten Noten besteht, muß etwas erhaben und lebhaft gespielet, auch bisweilen, mit, durch die Har- monie gebrochenen, Passagien, ausgezieret werden. Die Noten mit den Puncten, muß man bis an den Punct immer verstärken; und die darauf folgenden, wenn das Jntervall nicht allzugroß ist, an die vorhergehende lange Note, kurz und schwach anschleifen: bey sehr weiten Sprüngen aber, muß eine jede Note besonders angestoßen werden. Gehen derglei- chen Noten stufenweise auf- oder unterwärts; so kann man vor die lan- gen Noten, welche mehrentheils Consonanzen sind, und dem Gehöre in die Länge misfallen dürften, Vorschläge machen.
18. §.
Ein Adagio spiritoso wird mehrentheils im Tripeltacte, mit punctirten Noten, auch öfters mit vielen Einschnitten gesetzet; welches im Spielen noch mehr Lebhaftigkeit, als vom vorigen gesaget worden, erfodert. Deswegen müssen die Noten mehr gestoßen als geschleifet, auch weniger Manieren angebracht werden: und können also, die durch halbe Triller geendigten Vorschläge, hierzu besonders angewendet werden. Sollten aber, außer dieser Art, einige cantable Gedanken, so wie es der ins feine gebrachte Geschmack in der Setzkunst erfodert, mit untergemi- schet seyn; so muß man sich alsdenn im Spielen auch darnach richten, und das Ernsthafte mit dem Schmeichelnden abwechseln.
19. §.
Daß diese und die übrigen Arten von langsamen Stücken, als: Cantabile, Arioso, Andante, Andantino, Affettuoso, Largo, Lar- ghetto, u. s. w. von einem traurigen und pathetischen Adagio, im Spie- len sehr zu unterscheiden sind, ist, weil es schon oben gesaget worden, hier nicht nöthig zu wiederholen.
20. §.
Sind in einem Cantabile oder Arioso im Dreyachtheiltacte, viele Sechzehntheile, so stufenweise auf- oder unterwärts einander folgen, befindlich; und der Baß geht in beständiger Bewegung, von einem Tone zum andern fort; so kann man nicht, wie bey einem platten Gesange, viel zusetzen: sondern man muß solche Art Noten, auf eine simple und
schmei-
Das XIV. Hauptſtuͤck.
gen iſt ſehr noͤthig, auf die Bewegung der begleitenden Stimmen wohl Achtung zu geben, und ſich von denſelben lieber fortreiben zu laſſen, als daß man ihnen zuvor komme.
17. §.
Ein Grave, da der Geſang aus punctirten Noten beſteht, muß etwas erhaben und lebhaft geſpielet, auch bisweilen, mit, durch die Har- monie gebrochenen, Paſſagien, ausgezieret werden. Die Noten mit den Puncten, muß man bis an den Punct immer verſtaͤrken; und die darauf folgenden, wenn das Jntervall nicht allzugroß iſt, an die vorhergehende lange Note, kurz und ſchwach anſchleifen: bey ſehr weiten Spruͤngen aber, muß eine jede Note beſonders angeſtoßen werden. Gehen derglei- chen Noten ſtufenweiſe auf- oder unterwaͤrts; ſo kann man vor die lan- gen Noten, welche mehrentheils Conſonanzen ſind, und dem Gehoͤre in die Laͤnge misfallen duͤrften, Vorſchlaͤge machen.
18. §.
Ein Adagio ſpiritoſo wird mehrentheils im Tripeltacte, mit punctirten Noten, auch oͤfters mit vielen Einſchnitten geſetzet; welches im Spielen noch mehr Lebhaftigkeit, als vom vorigen geſaget worden, erfodert. Deswegen muͤſſen die Noten mehr geſtoßen als geſchleifet, auch weniger Manieren angebracht werden: und koͤnnen alſo, die durch halbe Triller geendigten Vorſchlaͤge, hierzu beſonders angewendet werden. Sollten aber, außer dieſer Art, einige cantable Gedanken, ſo wie es der ins feine gebrachte Geſchmack in der Setzkunſt erfodert, mit untergemi- ſchet ſeyn; ſo muß man ſich alsdenn im Spielen auch darnach richten, und das Ernſthafte mit dem Schmeichelnden abwechſeln.
19. §.
Daß dieſe und die uͤbrigen Arten von langſamen Stuͤcken, als: Cantabile, Arioſo, Andante, Andantino, Affettuoſo, Largo, Lar- ghetto, u. ſ. w. von einem traurigen und pathetiſchen Adagio, im Spie- len ſehr zu unterſcheiden ſind, iſt, weil es ſchon oben geſaget worden, hier nicht noͤthig zu wiederholen.
20. §.
Sind in einem Cantabile oder Arioſo im Dreyachtheiltacte, viele Sechzehntheile, ſo ſtufenweiſe auf- oder unterwaͤrts einander folgen, befindlich; und der Baß geht in beſtaͤndiger Bewegung, von einem Tone zum andern fort; ſo kann man nicht, wie bey einem platten Geſange, viel zuſetzen: ſondern man muß ſolche Art Noten, auf eine ſimple und
ſchmei-
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Das XIV. Hauptſtuͤck.
gen iſt ſehr noͤthig, auf die Bewegung der begleitenden Stimmen wohl
Achtung zu geben, und ſich von denſelben lieber fortreiben zu laſſen, als
daß man ihnen zuvor komme.
17. §.
Ein Grave, da der Geſang aus punctirten Noten beſteht, muß
etwas erhaben und lebhaft geſpielet, auch bisweilen, mit, durch die Har-
monie gebrochenen, Paſſagien, ausgezieret werden. Die Noten mit den
Puncten, muß man bis an den Punct immer verſtaͤrken; und die darauf
folgenden, wenn das Jntervall nicht allzugroß iſt, an die vorhergehende
lange Note, kurz und ſchwach anſchleifen: bey ſehr weiten Spruͤngen
aber, muß eine jede Note beſonders angeſtoßen werden. Gehen derglei-
chen Noten ſtufenweiſe auf- oder unterwaͤrts; ſo kann man vor die lan-
gen Noten, welche mehrentheils Conſonanzen ſind, und dem Gehoͤre in
die Laͤnge misfallen duͤrften, Vorſchlaͤge machen.
18. §.
Ein Adagio ſpiritoſo wird mehrentheils im Tripeltacte, mit
punctirten Noten, auch oͤfters mit vielen Einſchnitten geſetzet; welches
im Spielen noch mehr Lebhaftigkeit, als vom vorigen geſaget worden,
erfodert. Deswegen muͤſſen die Noten mehr geſtoßen als geſchleifet, auch
weniger Manieren angebracht werden: und koͤnnen alſo, die durch halbe
Triller geendigten Vorſchlaͤge, hierzu beſonders angewendet werden.
Sollten aber, außer dieſer Art, einige cantable Gedanken, ſo wie es der
ins feine gebrachte Geſchmack in der Setzkunſt erfodert, mit untergemi-
ſchet ſeyn; ſo muß man ſich alsdenn im Spielen auch darnach richten,
und das Ernſthafte mit dem Schmeichelnden abwechſeln.
19. §.
Daß dieſe und die uͤbrigen Arten von langſamen Stuͤcken, als:
Cantabile, Arioſo, Andante, Andantino, Affettuoſo, Largo, Lar-
ghetto, u. ſ. w. von einem traurigen und pathetiſchen Adagio, im Spie-
len ſehr zu unterſcheiden ſind, iſt, weil es ſchon oben geſaget worden,
hier nicht noͤthig zu wiederholen.
20. §.
Sind in einem Cantabile oder Arioſo im Dreyachtheiltacte,
viele Sechzehntheile, ſo ſtufenweiſe auf- oder unterwaͤrts einander folgen,
befindlich; und der Baß geht in beſtaͤndiger Bewegung, von einem Tone
zum andern fort; ſo kann man nicht, wie bey einem platten Geſange,
viel zuſetzen: ſondern man muß ſolche Art Noten, auf eine ſimple und
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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/160>, abgerufen am 27.07.2024.
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