Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.erstes Capitel. auch ohne sie/ oder/ da man gleich denAusgang der Sachen zuvor gewußt/ würde sein vollführet worden. Nach der andern Betrachtung ist die Un- wissenheit entweder eine willkühr- liche oder widerwillige. Zu jener kömmet ein Mensch daher/ wenn er sie entweder freywillig/ und mit vor- setzlicher Verwerffung derer zur Er- käntniß der Wahrheit behörigen Mittel/ affectiret/ oder sich durch Versäumung des gebührenden Fleis- ses darvon übereilen lässet; Diese bestehet darinnen/ wenn man nicht weiß/ was man weder wissen kan/ noch zu wissen vonnöthen hat. Und ist wiederum zweyerley. Denn entweder kan man sich der Unwis- senheit nur in Gegenwart nicht ent- brechen/ man ist aber doch schuld dran/ daß man ehemals darein ge- rathen; Oder man kan sich nicht al- lein der Unwissenheit in Gegenwart nicht A 6
erſtes Capitel. auch ohne ſie/ oder/ da man gleich denAusgang der Sachen zuvor gewußt/ wuͤrde ſein vollfuͤhret worden. Nach der andern Betrachtung iſt die Un- wiſſenheit entweder eine willkuͤhr- liche oder widerwillige. Zu jener koͤmmet ein Menſch daher/ wenn er ſie entweder freywillig/ und mit vor- ſetzlicher Verwerffung derer zur Er- kaͤntniß der Wahrheit behoͤrigen Mittel/ affectiret/ oder ſich durch Verſaͤumung des gebuͤhrendẽ Fleiſ- ſes darvon uͤbereilen laͤſſet; Dieſe beſtehet darinnen/ wenn man nicht weiß/ was man weder wiſſen kan/ noch zu wiſſen vonnoͤthen hat. Und iſt wiederum zweyerley. Denn entweder kan man ſich der Unwiſ- ſenheit nur in Gegenwart nicht ent- brechen/ man iſt aber doch ſchuld dran/ daß man ehemals darein ge- rathen; Oder man kan ſich nicht al- lein der Unwiſſenheit in Gegenwart nicht A 6
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erſtes Capitel.
auch ohne ſie/ oder/ da man gleich den
Ausgang der Sachen zuvor gewußt/
wuͤrde ſein vollfuͤhret worden. Nach
der andern Betrachtung iſt die Un-
wiſſenheit entweder eine willkuͤhr-
liche oder widerwillige. Zu jener
koͤmmet ein Menſch daher/ wenn er
ſie entweder freywillig/ und mit vor-
ſetzlicher Verwerffung derer zur Er-
kaͤntniß der Wahrheit behoͤrigen
Mittel/ affectiret/ oder ſich durch
Verſaͤumung des gebuͤhrendẽ Fleiſ-
ſes darvon uͤbereilen laͤſſet; Dieſe
beſtehet darinnen/ wenn man nicht
weiß/ was man weder wiſſen kan/
noch zu wiſſen vonnoͤthen hat. Und
iſt wiederum zweyerley. Denn
entweder kan man ſich der Unwiſ-
ſenheit nur in Gegenwart nicht ent-
brechen/ man iſt aber doch ſchuld
dran/ daß man ehemals darein ge-
rathen; Oder man kan ſich nicht al-
lein der Unwiſſenheit in Gegenwart
nicht
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