Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

erstes Capitel.
sunde Vernunfft habenden Men-
schen noch so viel von der Natürlichen
Erleuchtung übrig verblieben sey/
daß er vermittelst angewandten ge-
ziemenden Fleisses und Nachsinnen
zum wenigsten nur diejenigen allge-
meinen Gebote und Principia,
welche zur Führung eines tugend-
hafften und geruhigen Wandels in
diesem Leben beförderlich seyn/ rich-
tig begreiffen/ und/ daß solche mit
der Menschen Gemüths- und Ge-
schlechts-Art/ gar genau überein-
kommen/ zugleich ermessen könne.
Dann wofern man dieses/ zum we-
nigsten binnen den Umkreisse derer
irrdischen Gerichte/ nicht zulässet/ so
würden die Menschen ihre Verbre-
chen allezeit mit dem Vorwandte ei-
ner unüberwindlichen Unwissenheit
entschuldigen können/ sintemal in
denenselben niemand der Ubertre-
tung eines Gesetzes kan bezüchtiget

wer-
A 3

erſtes Capitel.
ſunde Vernunfft habenden Men-
ſchen noch ſo viel von der Natuͤrlichen
Erleuchtung uͤbrig verblieben ſey/
daß er vermittelſt angewandten ge-
ziemenden Fleiſſes und Nachſinnen
zum wenigſten nur diejenigen allge-
meinen Gebote und Principia,
welche zur Fuͤhrung eines tugend-
hafften und geruhigen Wandels in
dieſem Leben befoͤrderlich ſeyn/ rich-
tig begreiffen/ und/ daß ſolche mit
der Menſchen Gemuͤths- und Ge-
ſchlechts-Art/ gar genau uͤberein-
kommen/ zugleich ermeſſen koͤnne.
Dann wofern man dieſes/ zum we-
nigſten binnen den Umkreiſſe derer
irꝛdiſchen Gerichte/ nicht zulaͤſſet/ ſo
wuͤrden die Menſchen ihre Verbre-
chen allezeit mit dem Vorwandte ei-
ner unuͤberwindlichen Unwiſſenheit
entſchuldigen koͤnnen/ ſintemal in
denenſelben niemand der Ubertre-
tung eines Geſetzes kan bezuͤchtiget

wer-
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0069" n="5"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">er&#x017F;tes Capitel.</hi></fw><lb/>
&#x017F;unde Vernunfft habenden Men-<lb/>
&#x017F;chen noch &#x017F;o viel von der Natu&#x0364;rlichen<lb/>
Erleuchtung u&#x0364;brig verblieben &#x017F;ey/<lb/>
daß er vermittel&#x017F;t angewandten ge-<lb/>
ziemenden Flei&#x017F;&#x017F;es und Nach&#x017F;innen<lb/>
zum wenig&#x017F;ten nur diejenigen allge-<lb/>
meinen Gebote und <hi rendition="#aq">Principia,</hi><lb/>
welche zur Fu&#x0364;hrung eines tugend-<lb/>
hafften und geruhigen Wandels in<lb/>
die&#x017F;em Leben befo&#x0364;rderlich &#x017F;eyn/ rich-<lb/>
tig begreiffen/ und/ daß &#x017F;olche mit<lb/>
der Men&#x017F;chen Gemu&#x0364;ths- und Ge-<lb/>
&#x017F;chlechts-Art/ gar genau u&#x0364;berein-<lb/>
kommen/ zugleich erme&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne.<lb/>
Dann wofern man die&#x017F;es/ zum we-<lb/>
nig&#x017F;ten binnen den Umkrei&#x017F;&#x017F;e derer<lb/>
ir&#xA75B;di&#x017F;chen Gerichte/ nicht zula&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rden die Men&#x017F;chen ihre Verbre-<lb/>
chen allezeit mit dem Vorwandte ei-<lb/>
ner unu&#x0364;berwindlichen Unwi&#x017F;&#x017F;enheit<lb/>
ent&#x017F;chuldigen ko&#x0364;nnen/ &#x017F;intemal in<lb/>
denen&#x017F;elben niemand der Ubertre-<lb/>
tung eines Ge&#x017F;etzes kan bezu&#x0364;chtiget<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0069] erſtes Capitel. ſunde Vernunfft habenden Men- ſchen noch ſo viel von der Natuͤrlichen Erleuchtung uͤbrig verblieben ſey/ daß er vermittelſt angewandten ge- ziemenden Fleiſſes und Nachſinnen zum wenigſten nur diejenigen allge- meinen Gebote und Principia, welche zur Fuͤhrung eines tugend- hafften und geruhigen Wandels in dieſem Leben befoͤrderlich ſeyn/ rich- tig begreiffen/ und/ daß ſolche mit der Menſchen Gemuͤths- und Ge- ſchlechts-Art/ gar genau uͤberein- kommen/ zugleich ermeſſen koͤnne. Dann wofern man dieſes/ zum we- nigſten binnen den Umkreiſſe derer irꝛdiſchen Gerichte/ nicht zulaͤſſet/ ſo wuͤrden die Menſchen ihre Verbre- chen allezeit mit dem Vorwandte ei- ner unuͤberwindlichen Unwiſſenheit entſchuldigen koͤnnen/ ſintemal in denenſelben niemand der Ubertre- tung eines Geſetzes kan bezuͤchtiget wer- A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/69
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/69>, abgerufen am 24.11.2024.